Hagen. Mit 7000 i-Pads für Schüler und 2000 Rechnern für Lehrer sollte das digitale Lernen in Hagen in Schwung kommen. Es hapert mit der Umsetzung.

Die 7000 i-Pads, die vom Land NRW finanziert und Anfang Februar an die Hagener Schulen verteilt wurden, liegen nach Informationen unserer Zeitung an mehreren Lehranstalten ungenutzt herum. Die Corona-Krise und der damit einhergehende Distanzunterricht haben es bislang verhindert, dass sie an die Schüler ausgegeben werden konnten.

Aber viele Lehrer wissen mit den Geräten im Unterricht auch nicht viel anzufangen, weil pädagogische Inhalte nicht vorhanden sind bzw. erst nach einem bürokratischen Verfahren vom Hagener Fachbereich für Informationstechnologie im Rathaus aufgespielt werden müssen. Hinzu kommt, dass viele derjenigen Schüler, die aus sozialem Bedarf bevorzugt mit den Rechnern ausgestattet werden sollten, diese offenbar gar nicht benötigen, weil ihnen vom Jobcenter bereits entsprechende Geräte finanziert werden.

Beschaffung war kompliziert

Durchaus überraschend hatte NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) kurz vor den Sommerferien 2020 angesichts der Corona-Situation das Füllhorn des Landes über den Städten ausgeschüttet und Hagen 2,5 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Ihre Idee: Auch Kinder aus weniger finanzkräftigen Haushalten sollen in Zukunft für den digitalen Unterricht adäquat ausgestattet sein. Doch aufgrund der ohnehin hohen Bestellquote in Pandemie-Zeiten und der zeitgleichen Nachfrage aus sämtlichen anderen NRW-Kommunen, gestaltete sich die Beschaffung kompliziert.

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Letztlich brachte Hagen Mitte September die Ausschreibung für die Schüler- und Lehrergeräte (Apple iPads) in zwei Losen auf den Weg und erteilte einen Monat später den Zuschlag. Während die 7000 Schülergeräte bereits im Januar in Hagen eintrafen, ließen die 2000 ebenfalls vom Land finanzierten Computer für die Lehrer noch einmal vier Wochen auf sich warten.

Grundfunktionen sind vorhanden

Obwohl die Geräte also längst geliefert sind, bedeutet dies nicht, dass sie mittlerweile in Betrieb genommen wurden. Zwar sind Grundfunktionen vorhanden, berichtete Rektorin Barbara Brück, Sprecherin der Grundschulen in Hagen: „Wir können Videokonferenzen abhalten und auch E-Mails senden und empfangen.“ Distanzunterricht ist also grundsätzlich möglich. Lernprogramme seien dagegen noch nicht installiert: „Das soll aber auf Wunsch der Schulen nach und nach geschehen.“

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Eine Sprecherin der Stadtverwaltung bestätigte, dass viele allgemeine Standard-Apps bereits auf den Geräten aufgespielt seien und somit für die Nutzung zur Verfügung ständen. Wenn die Schulen neben diesen installierten Apps weitere pädagogische Apps verwenden möchten, könnten sie bei der Stadt einen entsprechenden Antrag stellen: „Die Anträge werden dann zeitnah vom zuständigen Fachbereich bearbeitet.“

Leihverträge liegen den Schulen vor

Die wenigsten Lehrer möchten sich wahrscheinlich ausmalen, wie lange es dauern mag, pädagogische Software, die ja auch von Schule zu Schule eine andere sein kann, auf 9000 Rechnern aufzuspielen. „Da lasse ich lieber ganz die Finger von den Dingern“, so eine Realschullehrerin, die nicht namentlich genannt werden möchte, um eine Abmahnung durch ihren Dienstherrn zu vermeiden.

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Dabei sind die entsprechenden Leihverträge für die Geräte seitens der Schulverwaltung bereits an die Schulen versandt worden. Ziel ist es, die Geräte vorzugsweise Schülern mit entsprechendem Bedarf entgeltfrei für die Nutzung daheim zur Verfügung zu stellen. Dazu wird ein sogenannter Schulsozialindex herangezogen, der dafür sorgen soll, dass auf diesem Wege etwa ein Drittel der Hagener Schüler mit iPads versorgt wird und somit verlässlich vom Digital-Unterricht profitieren kann. Die Schüler bzw. deren Eltern müssen sich verpflichten, mit den Rechnern pfleglich umzugehen und sie später zurückzugeben.

Einige Familien verzichten

Doch so manche Familie hat auf das Angebot, ein iPad auszuleihen, zur Verblüffung der Schulleitung verzichtet und auf das Jobcenter verwiesen. Dort bekommen Hartz-IV-Empfänger für jedes Kind, das eine Schule besucht, auf Antrag 350 Euro (in manchen Fällen auch mehr) zur Anschaffung eines Computers bewilligt.

Derzeit überwiegend Distanzunterricht

Entgegen der von der NRW-Landesregierung beabsichtigten Rückkehr zum Wechselunterricht werden die Schulen in Hagen auch in der dieser Woche geschlossen bleiben. Es findet Distanzunterricht statt.

Betroffen sind alle Schulformen. Grund dafür ist der sehr hohe Inzidenzwert. Nur die Abschlussklassen dürfen in Hagen vor Ort unterrichtet werden. Wie lange es beim Distanzunterricht bleibt, ist unklar.

Und das nicht auf Leihbasis, die Geräte müssen also nicht zurückgegeben werden. Und anders als die von der Stadt bzw. Schule zur Verfügung gestellten iPads sind sie auch nicht mit Sicherungsmaßnahmen und Sperren versehen, die das freie Surfen im Internet verhindern.

Rund 800 Anträge sind im Jobcenter bis Ende März eingegangen, 505 wurden bereits bewilligt.