Hagen/EN-Kreis. Genossen aus Hagen und dem EN-Südkreis haben einen Kandidaten für die Bundestagswahl gewählt. Hier alle Hintergründe der SPD-Entscheidung.

Knapper hätten die Delegierten der SPD es nicht entscheiden können. 27:26 Stimmen nach geheimer Wahl im Haus Ennepetal. Und damit steht fest: Die SPD zieht in Hagen und im südlichen Ennepe-Ruhr-Kreis mit Timo Schisanowski in den Bundestagswahlkampf. Die Ära von René Röspel, der seit 22 Jahren den – wie er ihn nennt – „schönsten Wahlkreis der Welt“ in Berlin vertreten hat, endet.

Eine ganz große Freude verspüre er auf der einen Seite, erklärte der Vorsitzende des SPD-Unterbezirks Hagen unmittelbar nach der Abstimmung . „Andererseits habe ich auch großen Respekt davor, für diesen Wahlkreis in den Bundestagswahlkampf zu ziehen.“

Schisanowski beschwört die Einigkeit der SPD

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Und trotz einer Kampf-Abstimmung mit denkbar knappem Ausgang beschwört der Geschäftsführer der Stiftung einer Bochumer Wohnungsgesellschaft die Geschlossenheit der Sozialdemokraten , von der zumindest in den Wochen vor der Wahl aber wenig zu spüren war: „Natürlich ging es bei dieser Abstimmung auch um Personen“, so Schisanowski, „ich glaube aber, jeder, der gut zugehört hat, hat festgestellt, dass wir inhaltlich nicht weit auseinanderliegen und dass wir dieselben Beweggründe haben, Politik zu machen.“

Zumindest in den Vorstellungsreden konnten die Delegierten aber die ein oder andere Spitze vernehmen . Die Partei, so Schisanowski, stecke 22 Jahre nach der ersten Wahl von René Röspel (56) in einer Vertrauens- und Glaubwürdigkeitskrise. „Wir haben an einem bloßen ,Weiter so’ festgehalten“, so der 39-Jährige, „umso mehr habe ich mich gefreut, dass der Unterbezirksvorstand mich einstimmig nominiert hat, zumal seit 22 Jahren das Amt in denselben Händen liegt.“

SPD-Kandidat will sich um Fördermittel für Städte kümmern

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Von Mike Fiebig, Stefan Schererund Jens Stubbe

Er wolle Röspel sehr wohl danke sagen, aber letztlich habe alles seine Zeit. „Das gilt auch für einen Abgeordneten und Berufspolitiker“ , so Schisanowski, der mit Blick auf die kommende Legislaturperiode forderte, dass eine sozialgerechte Arbeitsmarktpolitik wieder zum Markenkern der Partei werden müsse. Er wolle kämpfen für eine Lösung der Altschuldenproblematik und für handlungsfähige Kommunen, wolle sich mehr als sein Vorgänger für Fördermittel für die Städte seines Wahlkreises einsetzen. Und er forderte höhere Investitionen in Forschung und Bildung.

22 Jahre war René Röspel der Bundestagsabgeordnete für Hagen und den EN-Südkreis. Jetzt will ihn Timo Schisanowski (Hintergrund links) beerben.
22 Jahre war René Röspel der Bundestagsabgeordnete für Hagen und den EN-Südkreis. Jetzt will ihn Timo Schisanowski (Hintergrund links) beerben. © WP | Michael Kleinrensing

Sowohl Röspel als auch Schisanowski hatten kurz ihre Vita angerissen und sich als Kinder aus Arbeiterfamilien, denen sozialdemokratische Bildungspolitik erst Schulabschlüsse und Studium ermöglicht hätten, den Genossen präsentiert. Röspel hatte von seinem kranken Vater berichtet, den er früh habe als Hausmeister vertreten müssen. Und er verwies darauf, dass er mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung zu einer Minderheit im Parlament zähle. Stolz sei er auf seine Kinder, weil diese sehen würden, dass es andere gebe, die es nicht so leicht hätten. „Und genau das ist eine sozialdemokratische Aufgabe – auch jene mitzunehmen, die keine einfache Biographie haben, respektvoll und auf Augenhöhe mit denen umzugehen, die unsere Hilfe brauchen.“

SPD: Antrag auf Diskussion über die Kandidaten wird knapp zurückgewiesen

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Wie uneins und zerrissen zumindest die Hagener Sozialdemokraten sind, zeigt sich schon zu Beginn der Sitzung. Da hatte Dr. Gerhard Pauli, Oberstaatsanwalt von Beruf und Mitglied im Ortsverein Eilpe/Dahl, der wiederum aus seinen Sympathien für Röspel kein Geheimnis gemacht hatte, gefordert, eine Aussprache vor der Abstimmung auf die Tagesordnung zu setzen. Werner König (Eppenhausen/Remberg/Halden) wiederum widersprach heftig: Er sei 50 Jahre Mitglied der SPD. So etwas habe es noch nie gegeben.

Bei der folgenden Abstimmung wurde Paulis Antrag knapp zurückgewiesen. Eine Diskussion um die Kandidaten fand sehr zum Ärger einiger Genossen nicht statt.