Vorhalle . Bei der Wahl zum Integrationsrat gab es Probleme, das Ergebnis war überraschend. Der Vorsitzende blickt auf die Wahl, Veränderungen und Projekte.

Sükrü Budak, 58, ein überzeugter Hagener, der sich für die Integration in dieser Stadt stark machen will – er ist Vorsitzender des Integrationsrates. Auch dieser wurde am 13. September gewählt. Im Interview blickt der Vorsitzende auf Probleme bei der Wahl, die Projekte der letzten Jahre – und auf die Aufgaben sowie anstehende Veränderungen in der Zusammensetzung des Gremiums

Herr Budak, bei der Wahl hat es einige Probleme gegeben. Einige Wahlberechtigte sollen nicht im Wählerverzeichnis aufgeführt gewesen sein?

Sükrü Budak: Ja, das stimmt. Dabei soll es sich um einen technischen Fehler gehandelt haben, von dem, soweit ich weiß, auch andere Städte betroffen waren. Nach meiner Information ist das in einigen Fällen noch rechtzeitig korrigiert worden. Was aber nichts an der Tatsache ändert: Dieser Verlauf ist sehr, sehr ärgerlich. Zumal ich sicher bin, dass das Ergebnis der Wahl anders ausgefallen wäre. Wir haben das Thema im Wahlausschuss noch einmal aufgegriffen. Nachträglich ist das jetzt leider aber nicht mehr zu ändern. Das Ergebnis steht.

Mit Blick auf das Ergebnis stehen einige Veränderungen bei der Zusammensetzung des Gremiums an. Es kamen neue Gruppierungen hinzu, auch die AfD holte zwei Sitze.

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Richtig. Zu der Zukunft kann man jetzt noch wenig sagen. Ich bin aber sehr gespannt, wie die Zusammenarbeit in den kommenden Jahren funktionieren wird und hoffe auf viele gute Projekte.

Wie genau funktioniert der Integrationsrat?

Wir setzen uns zusammen aus 14 gewählten Mitgliedern und sieben entsandten Vertretern aus dem Stadtrat. Wir haben effektiv zwar kein Entscheidungsrecht, sind aber das einzige Gremium, dass die Interessen der Migranten vertritt. Wir können Vorschläge in die Rats- oder Ausschusssitzungen einbringen und Projekte anstoßen, die für diese Stadt, gerade mit Blick auf den Ausländeranteil, wichtig sind. Und was ganz entscheidend ist: Persönliche Befindlichkeiten haben bei der Arbeit im Integrationsrat nichts zu suchen. Die Mitglieder sollen sich um die Probleme und Belange aller Migranten und Migrantinnen kümmern, unabhängig von Herkunft oder Religionsangehörigkeit. Das große Ziel war außerdem immer, dass möglichst viele Nationen im Rat vertreten sind.

Was hat der Integrationsrat effektiv in der letzten Legislaturperiode bewirken können?

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Es gibt einige Projekte, die wir umgesetzt oder angestoßen haben. Wir haben eine Sprechstunde eingeführt, arbeiten eng mit den Behörden – vor allem der Ausländerbehörde – zusammen und entsenden Vertreter in die Ausschüsse. Wir haben Seminare, beispielsweise zu Rhetorik, angeboten, Landtagsbesuche organisiert, einen Dokumentarfilm auf den Weg gebracht und einen Rat der Hagener Muslime ins Leben gerufen. Zu sicherlich einem der größten Projekte zähle ich auch ein Waschhaus auf dem islamischen Friedhof in Vorhalle, das in den nächsten Monaten fertiggestellt wird. Dadurch haben wir es auch geschafft, verschiedene Gemeinden aus Hagen an einen Tisch zu bringen. Im Allgemeinen Krankenhaus wurde zudem ein „Raum der Stille“ eingerichtet. Dort finden Menschen aller Religionen einen Platz, um ihren Glauben auszuüben.

Gibt es Projekte, die Sie sich fest für die nächsten fünf Jahre vorgenommen haben?

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Das alles entsteht in Zusammenarbeit in unseren Sitzungen. Ein dringendes Projekt, das bereits kurz vor der Umsetzung stand, steht noch aus. Dort geht es um die Mehrsprachigkeit in Schulen und die Verbesserung der Schulerfolge von Migrantenkindern. Das Vorhaben wurde zunächst auf Eis gelegt, soll aber noch umgesetzt werden. Genau wie das Thema migrantengerechte Pflegeheime in Hagen. Das alles werde ich aber vermutlich nicht mehr mitbekommen - zumindest nicht als Vorsitzender des Integrationsrates. Ich werde den Posten dieses Jahr abgeben.

Sie wollen aufhören? Wieso?

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Ich habe viel Zeit und Herzblut in diese Arbeit investiert, weil ich denke, dass sich jemand für die Probleme der Migranten stark machen muss. Ich kam selbst erst mit 18 Jahren nach Deutschland und denke, dass es viele Probleme gibt, die sonst kein Gehör finden. Ich bin beruflich sehr eingebunden, außerdem Vorsitzender eines weiteren Vereins. Es ist Zeit, den Posten an einen Nachfolger abzugeben. Was aber nicht heißt, dass ich mich nicht weiter engagieren möchte und werde.

Sind Sie zufrieden mit der Arbeit des Integrationsrates, wenn Sie auf die letzten sechs Jahre zurückblicken?

Jein. Wir haben viel umgesetzt, aber man hätte mehr schaffen können. Bei der Umsetzung vieler Projekte hat sicherlich unser Neujahrsempfang geholfen, bei dem ich Probleme vor einem breiten Publikum ansprechen konnte. Und ich bin sicher: Wenn wir Mitglieder im Gremium haben, die die Sache mit Herzblut machen und sich einbringen, dann werden viele tolle Projekte folgen. Aber auch die Verwaltung und die Stadtpolitik sind dabei gefragt. Denn der Integrationsrat kann nur gut funktionieren, wenn auch diese Zusammenarbeit gegeben ist.

Hand aufs Herz: Wo sehen Sie in Hagen Probleme mit der Integration?

Das ist eine schwierige Frage. Es gibt Probleme, die kann man nicht schönreden. Beispielsweise in Teilen Altenhagens oder Wehringhausen. Da muss dringend etwas passieren. Da ist aber nicht nur der Integrationsrat, sondern an erster Stelle auch politische Vertreter und die Stadt als Entscheidungsträger gefragt. Da müssen alle mit anpacken. Integration geht nur gemeinsam.