Hagen. Pascal Przybyla ist als Baumpfleger bei der Stadtverwaltung Hagen tätig. Er überwacht die vom Rat 2018 verabschiedete Baumschutzsatzung.

Pascal Przybyla (29) ist seit eineinhalb als Baumpfleger bei der Stadt Hagen angestellt. Als sogenannter Sachbearbeiter für die Baumpflegesatzung kontrolliert er die Einhaltung des vor zwei Jahren vom Rat verabschiedeten Satzung, mit dem das unkontrollierte Fällen von Bäumen in der Stadt reglementiert werden soll.

In der Selbecke wurde eine alte Linde angebohrt und mit Glyphosat vergiftet. Sie waren vor Ort. Was sagen Sie zu dem Fall?

Pascal Przybyla: Dass ich mich zu laufenden Verfahren wie dem von Ihnen angesprochenen nicht äußern darf.

Kommt es denn häufig vor, dass Bürger in Hagen wegen eines Baumes in Streit geraten?

Das geschieht gar nicht selten. Oft sind es Nachbarn, die sich darüber entzweien. Der eine will einen Baum weghaben oder zumindest kürzen, weil er Laub und Zweige auf dem Grundstück abwirft, der andere, zumeist der Besitzer des Baumes, will diesen erhalten. Es ist aber nicht meine Aufgabe, diese Auseinandersetzungen zu managen. Das sind zivilrechtliche Angelegenheiten.

Was ist denn Ihr Job?

Ich orientierte mich bei meiner Arbeit an der Baumpflegesatzung. Sie definiert genau, wann ein Baum gefällt werden darf und welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen. Wenn jemand einen Baum beseitigen oder z.B. Kappen möchte, muss er einen Antrag auf Ausnahmegenehmigung stellen. Dann prüfe ich das an Hand der Sachlage und genehmige oder verwehre es. Im Falle einer Genehmigung müssen Ersatzbäume gesetzt oder Ausgleichszahlungen in einen Pool geleistet werden, aus dem wiederum die Anpflanzung neuer Bäume finanziert wird.

Welche Bäume sind denn geschützt in Hagen?

Fast alle Laubbäume, deren Stammumfang in einem Meter Höhe mindestens 100 Zentimeter ausmacht. Aber es gibt viele Ausnahmen. So dürfen Bäume, die näher als zehn Meter an einem Wohnhaus stehen, ohne weiteres gefällt werden. Das gleiche gilt für Bäume, die sich auf Privatgrundstücken befinden, welche kleiner als 350 Quadratmeter sind. Zudem gibt es einen definierten räumlichen Geltungsbereich für die Satzung, im Wald gilt sie zum Beispiel nicht.

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Warum geben Bäume häufig Anlass zum Streit?

Der Eigentümer hat den Baum vielleicht selbst gepflanzt oder aber er hat ihn von seinem Vater oder Großvater geerbt. Dann hängen viele Emotionen daran. Der Klimaschutz hat die Bäume erst recht zu einem Riesenthema gemacht, die Menschen sind sehr empfindlich geworden, wenn Bäume weichen sollen.

Das war früher anders?

Ja, vor allem bei Hausbesitzern mit einem Ziergarten. Die wünschen sich natürlich kein Laub und keine Wurzeln auf ihrem Grundstück. Ich kann das durchaus nachvollziehen, wenngleich sie darüber nachdenken sollten, welche Vorteile die Bäume uns Menschen bieten, gerade uns Stadtbewohnern.

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Welche sind das denn?

Die Beschattung zum Beispiel, aber auch die Tatsache, dass Bäume Wasser austranspirieren und damit das Kleinklima kühlen. Das kann in einer Innenstadt bis zu zwei Grad ausmachen. Außerdem sind Bäume ein wichtiger Lebensraum für Vögel, Säugetiere und Insekten.

Angeblich können Bäume untereinander kommunizieren? Glauben Sie das auch?

Da gibt es durchaus einen Zusammenhang. Bäume kommunizieren über ihre Wurzelsysteme miteinander, aber auch über Botenstoffe in der Luft. Wer mit offenen Augen durch die Stadt geht, der sieht doch, dass Bäume, deren Stamm in einer Scheibe oder Asphaltdecke verschwindet, in der Regel mickriger und ungesünder aussehen als Parkbäume. Diese stehen über ihre Wurzeln miteinander in Verbindung und agieren untereinander über Stressfaktoren wie Schädlinge und Trockenheit. So können sie schneller reagieren.

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Wie geht es den Stadtbäumen in Hagen?

Sie leiden sehr unter Trockenstress. Wir haben unheimlich viele Ausfälle zu verzeichnen, vor allem bei den Birken, aber auch bei Ahorn und Kastanie. Diese Arten galten einst als stressresistent, jetzt sterben sie infolge der Hitze ab und müssen gefällt werden. Sie büßen ihr natürliches Immunsystem ein, so dass Schädlinge leichtes Spiel haben.

Wie reagieren die Bürger, wenn Sie erscheinen?

Unterschiedlich! Ein Beispiel: Ich werde ja bei jedem Bauvorhaben miteinbezogen und muss beurteilen, ob ein schützenswerter Baum durch eine Baustraße gefährdet ist und dazu dann Auflagen machen. Ich kann ein Bauprojekt nicht wirklich verhindern, aber ich kann Ersatzpflanzungen fordern. In den meisten Fällen finde ich mit den Architekten oder dem Bauherren einen Kompromiss, aber manchmal mache ich mich unbeliebt.

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Beschäftigen Sie sich auch in Ihrer Freizeit mit Bäumen?

Ja, ich bin gern in der Natur unterwegs und kann mich an keinen Urlaub seit meinem sechsten Lebensjahr erinnern, in dem ich nicht zelten, wandern oder mit dem Rad unterwegs war. Es kommt dabei nicht selten vor, dass ich auch unter Bäumen schlafe. Bäume sind meine Passion.

Unsere Welt wäre ärmer ohne Bäume, oder?

Das gilt vor allem für die Städte. Bäumen heben das Betonwüstenartige, die starren Strukturen auf. Sie haben eine beruhigende Wirkung. Ohne Bäume wäre die Stimmung in einer Stadt dunkel und depressiv.