Hagen. Der große Abschluss der Serie „Worüber Hagen sonst nicht spricht“. Ein Blick auf bewegende Geschichten und ein Dank an die Protagonisten.
27 Menschen aus Hagen haben ihre Geschichten erzählt - mit Tabus gebrochen, sich Fehler eingestanden und gleichzeitig Mut gespendet.
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Mut, dass auch schwierige Zeiten und Krisen überstanden werden können, was sicherlich aktuell wichtiger ist denn je. Und Mut dazu, sich nicht zu verstecken, damit die eigenen Erfahrungen auch anderen Menschen helfen können.
Tabu-Themen anzusprechen, zu diskutieren, teilweise auch kritisch zu hinterfragen – das war Ziel dieser Serie. Ein besonderer Dank der Redaktion gilt an dieser Stelle noch einmal den Protagonisten und Protagonistinnen, die sich in den Gesprächen geöffnet haben. Wie Sarah, einer jungen Frau, die bei Douglas in Hagen arbeitet. Lange Zeit musste sie sich verstecken - sie wurde im falschen Körper geboren und kann nun endlich als Frau leben.
Einige Geschichten wurden auch anonym erzählt, nicht zuletzt auch zum Schutz der Betroffenen.
Mit eigener Geschichte anderen Menschen helfen
Andere Protagonisten wiederum sagten ganz von sich aus: „Ich will meine Geschichte teilen und offen damit umgehen. Es kann ruhig jeder wissen.“ So auch die 24-Jährige Michelle Gert aus Hagen, die an der chronisch entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn erkrankt ist. „Ich bin froh, dass es so eine Serie gibt. Ich hoffe, dass man anderen Menschen mit seiner Geschichte Mut machen kann und diese Themen irgendwann keine Tabu-Themen mehr sind.“
Bilder, die Geschichten erzählen: Viele Gesichter haben Sie, liebe Leserinnen und Leser, in den vergangenen Wochen in dieser Zeitung, auf unserer Homepage oder bei Facebook gesehen. Sie stehen stellvertretend für alle Teilnehmer der Serie der Stadtredaktion, die auch selbst Einblicke gibt: Der Hagener Gerichtsreporter Helmut Ullrich erzählte, wie er zum Nicht-Schwimmer wurde.
Bewegende Einblicke in einen schwierigen Alltag gab auch Mutter Zsuzsanna Hum. Das Schlimmste für eine Mutter ist es, wenn ihrem Kind etwas zustößt. Wenn es krank ist, sehr krank. Die sechsjährige Lucia leidet an Narkolepsie. Manchmal fällt ihr Kopf haltlos auf den Tisch. Selbst Lachen kann für sie gefährlich sein. Eine Mutter, die ihr Kind neu lernen muss und darüber ganz offen, ohne Tabus, spricht.
In der Serie zeigen Betroffene auch, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben. Sie selbst haben Wege gefunden mit ihren Erkrankungen oder Schicksalen umzugehen.
Wie die 31 Jahre alte Britta Stiebler. Auf einmal schwollen die Beine an: Britta Stiebler aus Hagen leidet an der Krankheit „Lipödem“. Die Erkrankung hat sie mittlerweile im Griff. Aber das war nicht immer leicht. Die Hagenerin hat darin Belastung und Berufung gefunden.
Belastung deshalb, weil es für eine junge Frau alles andere als schön ist, an dieser Krankheit, die den Körper verändert, zu leiden.
Berufung deswegen, weil Stiebler einen Weg gefunden hat, die Krankheit in Schach zu halten, und anderen betroffenen Frauen eine Hoffnung und eine Perspektive geben will.
Und auch Rückmeldungen von außerhalb waren positiv: „Über Tabu-Themen sprechen schafft Lebensqualität. Die Betroffenen erfahren Hilfe. Hinter jedem Tabu steht ein Mensch mit einer Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden“, sagt beispielsweise Astrid Nonn von der Evangelischen Stiftung Volmarstein, die die Serie intensiv verfolgt hat.
Sich zu öffnen fällt nicht immer leicht
Dabei fällt es nicht immer leicht, sich selbst zu öffnen, oder auch kritisch über den eigenen Lebensweg zu denken. Das zeigt auch das Beispiel der jungen Hagenerin Lea Bröde.
„Das Schlimme ist, dass ich weiß, dass ich nicht dumm bin. Und auch nicht faul“, sagte die 18-jährige Hagenerin im Gespräch mit Redakteurin Yvonne Hinz. Lea Bröde ist enttäuscht davon, wie das Leben mit ihr spielt, ist aber dennoch nicht ganz ohne Hoffnung. Lea Bröde ist 18, hat keinen Schulabschluss und ist sich sicher, dass so ihr Leben nicht weitergehen kann. Die Hohenlimburgerin lebt derzeit von Hartz IV, die Vollwaisenrente wurde ihr gestrichen. Aber hinter der Geschichte steckt mehr. Ein Schicksalsschlag. Wie in so vielen Fällen. Uns eins verbindet am Ende alle Teilnehmer: Sie alle haben sich in den Gesprächen mit der Redaktion fremden Menschen geöffnet.
Weitere Teile der Tabu-Serie der Stadtredaktion Hagen finden Sie hier.