Hagen. Der Gerichtsvollzieher klopft quasi an die Tür. Jetzt will der Reiterverein Hagen eine Räumung des Geländes im letzten Moment verhindern.

Jetzt wird es ernst für den Reiterverein Hagen: Obergerichtsvollzieherin Gudrun Lange hat angekündigt, das Vereinsgelände auf dem Höing am 11. August zwangsweise zu räumen.

Aufgrund dieser Schreckensbotschaft wurde vom Vorstand für den heutigen Freitag eine „außerordentliche Mitgliederversammlung“ anberaumt – auch mit dem Ziel, den unfreiwilligen Auszug noch trickreich zu verzögern.

E-Mail an Mitglieder und Eltern

Veterinäre rufen Polizei

Das Veterinäramt Hagen und der Reiterverein liegen seit langem im Clinch.

2015 geriet der Verein in die Schlagzeilen, weil er mehreren Kindern die Teilnahme am Voltigierunterricht kündigte.

2017 mussten die Veterinäre die Polizei um Amtshilfe bitten, da ihnen der Zugang zur Anlage verwehrt wurde.

In einer Dienstagnacht an die „lieben Eltern und lieben Mitglieder“ verschickten E-Mail ruft die 2. Vorsitzende (39) für den Vorstand des Reitervereins dazu auf, heute Abend um 20 Uhr kurzfristig auf dem Reitgelände am Ischeland zu erscheinen. Die beabsichtigte Strategie zur Verhinderung der Räumung wird auch schon offenherzig mitgeteilt: „Dieser Termin vom 11. August ist aufgrund von formalen Rechtsfehlern der Stadt noch durch unseren Rechtsanwalt in die Länge zu ziehen.“

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2016 hätte der Reiterverein einen neuen Erbbaupachtvertrag mit der Stadt Hagen bis zum Jahr 2037 abgeschlossen, der von einem renommierten Hagener Notar beglaubigt und beurkundet wurde, teilt der Vorstand in seiner nächtlichen E-Mail mit. Dieser Vertrag konnte jedoch aufgrund einer fehlerhaften Formulierung („Verlängerung statt Erneuerung“) nicht ins Grundbuch eingetragen werden. „Er hätte diesen Fehler bemerken und den Verein darüber informieren müssen, was aber nicht der Fall war“, erhebt der Reiterverein seinen Vorwurf gegen den Notar und kündigt bereits Regress-Ansprüche an.

Bereits zum 31. Dezember 2018 hatte die Stadt das Pachtverhältnis beendet – doch seit nunmehr 18 Monaten hält der Reiterverein das 18.400 Quadratmeter große Areal an der Humpertstraße 20 weiterhin besetzt und verweigert die Übergabe. Trotz eines Räumungsurteils des Landgerichts, gegen das der Verein allerdings Berufung eingelegt hat, über die erst am 14. Januar 2021 entschieden wird.

Stadt will nicht mehr warten

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Solange will die Stadt aber nicht mehr warten und deshalb jetzt Nägel mit Köpfen machen: Beim Amtsgericht wurden 60.000 Euro Sicherheitsleistung hinterlegt und zusätzliche 50.000 Euro als Vorschuss auf die Räumungskosten an die Gerichtsvollzieherin überwiesen. „Dieses Geld kann am Tag der Zwangsräumung dazu genutzt werden, um Inventar, das der Verein zurückgelassen hat, zu entrümpeln und um die sichergestellten Pferde tierschutzgerecht unterzubringen“, weiß Amtsgerichtsdirektor Ulrich Sachse. „Um die Tiere braucht man sich also keine Sorgen zu machen.“

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Von Hubertus Heuel und Helmut Ullrich

Derweil träumt der Reiterverein noch immer von einer üppigen Entschädigungszahlung nach seiner möglichen Räumung: Für die von ihm auf dem Vereinsgelände errichteten Stallungen, die bei Kontrollen „großflächige, grau-schwarze Schimmelbeläge an Wand und Decke“ aufwiesen, fordert er über einen Iserlohner Anwalt „mindestens fünf Millionen Euro für die Gebäudewerte“.