Hagen. Apotheker Christian Fehske aus Hagen hat in China 200.000 Corona-Schutzmasken bestellt. Die Lieferung entwickelt sich zu einer Odyssee.
Verschärfte Gesetze und die strengsten Maßnahmen in der Geschichte Chinas. Ein undurchsichtiges Geflecht aus Geschäftemacherei und bürokratischen Hürden: Wer in Corona-Zeiten helfen will, braucht Nerven aus Stahl. Vom Abenteuer, Schutzmasken aus dem Reich der Mitte zu exportieren.
Noch steht Dr. Christian Fehske (41) mit leeren Händen da. Es ist bereits Wochenende, und der Chef der Rathaus-Apotheke an der Badstraße wirkt angespannt. Ab Montag gilt in NRW die Mund- und Nasenbedeckungspflicht im Einzelhandel und öffentlichen Personenverkehr – doch die bereits für kurz nach Ostern angekündigten 200.000 Covid-19-Pandemie-Masken sind noch immer nicht in Hagen eingetroffen.
Vertrauer Verhandlungspartner im Reich der Mitte
Für private Träger Operationsmasken empfohlen
Im Handel sind drei verschiedene Maskenarten erhältlich. Empfohlen werden (für private Träger) sowie für den professionell-medizinischen Einmal-Gebrauch: Operationsmasken. Sie können nach jeweiliger Hitzeaktivierung (30 Minuten, 65-70 Grad) von Privatpersonen bis zu dreimal wiederverwendet werden.
Die stabilen FFP2 und FFP3- Masken, mit oder ohne Ventil, werden nicht für den privaten Gebrauch empfohlen und werden für medizinische Fachberufe dringend benötigt. Do-it-Yourself- Masken aus Stoff (selbstgenäht, vom Schneider) sind wiederwendbar und sollten täglich bei 95 Grad gewaschen werden.
„Nachdem mich schon besorgte Nachfragen erreicht haben, ob der Flieger mit den Masken womöglich entführt worden sei“, scherzt Fehske mit leichtem Sarkasmus, „kann ich sagen: Das fehlt mir eigentlich noch in der Liste der Überraschungen rund um dieses Abenteuer.“
Begonnen hatte es damit, dass der Hersteller der Masken im chinesischen Shenzhen, mit dem der Rathaus-Apotheker seit Jahren vertrauensvoll zusammenarbeitet, mitteilte, angesichts der riesigen Nachfrage auf dem Weltmarkt würden Bestellungen unter 100.000 Stück erst gar nicht angenommen.
200.000 Masken in China geordert
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Also wurde von der gefragten Ware gleich ein Großkontingent von 200.000 geordert – die Hälfte der Sendung aus China sollte aus FFP2-Masken bestehen, die von medizinischem Personal getragen werden sollen und die Fehske vor allem anderen Apotheken, Altenheimen und der Stadt (Katastrophenschutz) zur Verfügung stellen will. Bei den restlichen 100.000 bestellten Masken handelt es sich um chirurgische Mundschutzmasken, die jeder tragen kann und die für einen Euro über die Apotheken-Theke gehen sollen.
„Eigentlich“, schildert der engagierte Pharmazeut, hätte die begehrte Ware bereits am Karfreitag (10. April) in China in den Flieger geladen werden müssen. „Da wusste ich noch nicht, wie schwierig eine Ausfuhr aus dem Reich der Mitte und eine Einfuhr nach Deutschland werden kann.“
Strengste Export-Maßnahmen in der Volksrepublik
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Denn zum 1. April traten in der Volksrepublik überraschend die strengsten Export-Maßnahmen in Chinas Geschichte in Kraft, als Reaktion darauf, das kurz zuvor zwei Millionen minderwertige Masken das Land verlassen hatten. „Exakt an dem Tag, als unsere geprüften Masken in den Flieger sollten, nämlich Karfreitag, setzte die chinesische Zollbehörde dann die neuen, verschärften Kontrollen um.“
Großes Pech: Auf den Verpackungen hatte der chinesische Masken-Hersteller das Logo der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA aufgedruckt, um das Medizinprodukt auch in den USA vertreiben zu können – daran nahmen die peniblen Zoll-Kontrolleure Anstoß.
Logos per Hand überklebt
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„Anstatt ins Flugzeug verladen zu werden, mussten unsere Masken alle wieder zurück zum Produzenten“, stöhnt Apotheker Fehske, der in den vergangenen Wochen viele schlaflose Nächte hatte: „Über die Ostertage wurde das FDA-Logo auf jeder einzelnen Verpackung von Hand überklebt.“ Als neuer Abflugort musste erst das 1600 Kilometer entfernte Zhengzhou gefunden werden – was die geplante Ankunft weiter hinauszögerte. In Zeiten von Corona sind die Luftfrachtkosten übrigens um das Elffache gestiegen.
Christian Fehske blickt nervös auf sein Handy, dann fällt eine schwere (und kostspielige) Last von ihm ab: „Die 200.000 georderten Masken sind soeben in Europa gelandet“, strahlt er. Im belgischen Lüttich. Vom dort aus gelangt die große Fuhre, ein halber Schiffscontainer voll, mit dem Lkw nach Frankfurt, zum deutschen Zoll – und von dort aus ins (geheime) Zwischenlager nach Hagen. „Am Dienstag“, ist Apotheker Fehske zuversichtlich, „gehen die Atemschutzmasken in den Verkauf“ – und das Abenteuer zu Ende.