Hagen. Blick in die Schulen der Region: Von gefährlichen Fahrgemeinschaften, umgebauten Turnhallen, Maskenpflicht und 1200 Euro gesparten Bußgeldern.

Es sind dann manchmal doch die Kleinigkeiten. „Na, wo willst du denn hin“, fragt der Lehrer am Eingang des Ricarda-Huch-Gymnasiums in Hagen eine Schülerin, die die Tür von innen öffnet und irritiert schaut. Die Abiturientin trägt Mundschutz, eine handvoll Pinsel in der Hand und mehrere Mappen unter dem Arm und will zu ihrem Auto. „Hast du denn den Zettel nicht gelesen?“ Den Zettel, den jeder bekam, auf dem steht, dass dies nur der Eingang ist, nicht der Ausgang. Ihr Blick sagt: Eventuell, womöglich, vielleicht vergessen.

Kein Drama, kommt ja gerade keiner. Tschüss.

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Wieder öffnet die Tür von innen. Eine Lehrerin. „Ich stand gerade vor einem verschlossenen Raum ohne Schüler.“ Sie will noch einmal auf den Klassenzimmerplan schauen, der draußen am Eingang hängt. „Könnte man ja auch drinnen anbringen“, sagt jemand anderes. Wird gemacht.

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Schulen zwischen Risiko, Freude und Sorge

Merklich ist: Alle üben noch. Aber wie sollte es auch anders sein? Es ist der erste Tag, an dem die Schulen für jene Schüler, die Abschluss-Prüfungen ablegen, in NRW zumindest teilweise wieder öffnen. Wie es lief? Risiko? Freude? Sorge? Von allem ein bisschen.

„Ein bisschen wuselig war es schon“, sagt Margot Freise, Schulleiterin der St.-Walburga-Hauptschule in Meschede. „Manche Schüler kamen zu viert im Auto, das macht natürlich all‘ unsere Bemühungen zunichte.“ Das ist ja die Befürchtung: Dass die Schulen angestrengt Vorkehrungen treffen, die die Schüler vor und nach dem Schellen ad absurdum führen. Detlev Pecko, Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule in Freienohl, musste ein kleines Grüppchen aus dem nahe gelegenen Park holen. Er fand, habe er ihnen gesagt, sie sollten es positiv sehen: „Hey, ihr habt gerade 1200 Euro gespart.“ So viel kostet es, wenn das Ordnungsamt eingeschritten wäre.

Verkehrsbetriebe melden: Nur wenige Schüler im Bus unterwegs

Das Angebot für die Abiturienten ist freiwillig. „Es ist gut, dass es das Angebot gibt“, sagt Kian Steinhauer. Der 17-Jährige besucht das Fichte-Gymnasium in Hagen und ist da, weil er ein bisschen Normalität zurück will, weil allein sein und allein lernen auf Dauer nicht hilfreich ist. Alles habe soweit gut funktioniert, bis auf Kleinigkeiten eben. Die Eingangstür, sagt er, sollte nur zur ersten Stunde und in der großen Pause geöffnet werden.

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„Aber was ist mit denen, die zur zweiten Stunde kommen?“ Eine Lösung ist gefunden. Oder mit denen, die eine Freistunde haben, aber das Gelände nicht verlassen sollen? „Es gibt viele, die allein schon wegen der psychischen Belastung das Abitur in diesem Jahr nicht machen wollen“, sagt er. Dann muss er los. Sonst fährt er mit dem Bus, jetzt holt ihn seine Mutter ab. „Ist sicherer.“

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Dazu hatten die Schulen aufgerufen, damit es in den Bussen und auf dem Weg zur Schule nicht zu voll wird. In der Hagener Innenstadt, wo sonst die Schüler mindestens zweier Gymnasien aufeinandertreffen, sind nur vereinzelt Schüler zu sehen, keine Gruppen. Die Verkehrsbetriebe Westfalen-Süd (VWS), die unter anderem die Kreise Siegen-Wittgenstein und Olpe verbinden, zogen ein positives Fazit. Nur fünf Prozent der verfügbaren Plätze in den Bussen im Schülerverkehr waren demnach belegt.

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Turnhalle zum Klassenraum umgebaut

Die Tatsache, dass nur ein Bruchteil der Schüler wieder Unterricht hat, vereinfacht den Betrieb. Oft haben die Schulen ein Einbahnstraßensystem im Gebäude entworfen, in dem Begegnungsverkehr ausgeschlossen wird. An der Lessing-Realschule Grevenbrück im Kreis Olpe wurden die 47 Schülerinnen und Schüler in vier Gruppen aufgeteilt, orientiert nach ihren Wohnorten. Die Gruppen fahren gemeinsam Bus, haben aber keinen Kontakt zu den anderen Gruppen, denn sie haben unterschiedliche Klassenräume, Pausenplätze und auch Pausenzeiten.

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Am Gymnasium in Netphen startet die Wiedereröffnung für die Abiturienten mit Prüfungen. Am Donnerstag mussten die Vorabitur-Prüfungen in acht Leistungskursen nachgeholt werden, am Freitag folgen jene in den Grundkursen. Um den Infektionsschutz umzusetzen, hat das Gymnasium die Turnhalle in zwei „Großklassenräume“ umgewandelt. Besonderheit zudem: Für sechs Schüler, bei denen größeres „Risiko“ bei einer Erkrankung besteht, hat die Schule eine Eins-zu-Eins-Betreuung für die Prüfungen bereitgestellt: ein Raum, eine Aufsicht und jedes Kind hat eine eigene Toilette. „Das ist Wahnsinn, was die Schulen leisten müssen. Wir müssen alles dafür tun, dass wir bestmöglichen Schutz gewährleisten“, so Schulleiter Eckhard Göbel.

Mundschutz-Pflicht in Menden

Fast an allen Schulen werden Mundschutze an die Kinder verteilt, im Gymnasium an der Hönne in Menden zum Beispiel herrscht gar Maskenpflicht – auch im Unterricht. Ungewohnt und anstrengend sei das, sagen die Schüler. Umarmungsverbot herrscht natürlich trotz Maske, die Einhaltung ist aber offenbar nicht so leicht. „Es fiel einigen Schülern auf dem Hof schon sehr schwer, sich nicht in den Arm zu nehmen“, so Anke Lohscheidt, Leiterin der Realschule Herdecke.

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„Bei den Umständen hätte ich trotz unserer intensiven Vorbereitung nicht gedacht, dass es so gut läuft“, zieht Johannes Drosten, Schulleiter des Gymnasiums Petrinum in Brilon eine positive erste Bilanz. Auch bei ihm nahmen die Abiturienten das Angebot dankend an: Von 98 Schülern sind 78 erschienen. „Es war sehr schön, endlich wieder Schüler in der Schule zu haben“, beschreibt Schulleiter Ulrich Cappel vom Geschwister-Scholl-Gymnasium in Winterberg das Zusammentreffen auf Abstand. Die Vorgaben für Wege und Räume waren den Schülern vorab schriftlich mitgeteilt worden.

Besondere Herausforderung für Berufskollegs

Vor noch größeren Herausforderungen stehen Berufskollegs wie jenes für Technik in Siegen. Am Donnerstag erschienen etwa 200 Schüler, an den kommenden Tagen werden täglich zwischen 400 und 500 erwartet, berichtet Schulleiter Manfred Kämpfer. „Mit der derzeitigen Anzahl wird es irgendwie gehen“, schätzt Kämpfer die Situation ein. Aber die bange Frage aller ist: Wie wird es sein, wenn weitere Lockerungen beschlossen werden?