Hagen. Die Corona-Krise trifft Hagenbad und die Straßenbahn AG. Das Freibad Hestert wird für den Sommer vorbereitet. Ob es öffnen kann, ist offen.

Die Hagener Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mit der Hagener Straßenbahn und Hagenbad trifft die Corona-Krise mit voller Wucht. Busse fahren nicht wie gewohnt, sämtliche Bäder sind bzw. bleiben geschlossen. Darüber sprach unsere Zeitung mit dem HVG-Geschäftsführer Christoph Köther.

Sie haben einst als Krisenmanager bei der Enervie fungiert. Ist die jetzige Situation mit den Herausforderungen von damals vergleichbar?

Die jetzige Situation ist mit der damaligen bei der Enervie nicht vergleichbar. Seinerzeit ging es darum, Fehlentwicklungen zu korrigieren, ein umfassendes Restrukturierungskonzept zu erarbeiten und die künftige Finanzierung des Unternehmens zu sichern. Bei der aktuellen Coronavirus-Krise besteht hingegen das Problem darin, dass temporär unser reguläres Leistungsangebot nicht aufrechterhalten werden kann, was wiederum zu deutlichen Einnahmeausfällen führt. Unabhängig davon gilt aber, dass die HVG mit ihren Beteiligungsgesellschaften Hagener Straßenbahn und Hagenbad äußerst kosteneffizient aufgestellt ist.


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Wo trifft die Krise die HVG besonders?

Besonders betroffen ist Hagenbad. Hier wurde ja bereits am 15. März 2020 behördlicherseits die Schließung aller Bäder verfügt. Dies hat natürlich zur Folge, dass über den gesamten Zeitraum der Schließung keinerlei Einnahmen mehr generiert werden. Aber auch die Hagener Straßenbahn ist durch die Krise stark betroffen. Die Schließung von Schulen/Kitas, Freizeit- und Kultureinrichtungen, Restaurants und Geschäften hat fast zu einem Stillstand des öffentlichen Lebens und zu einem signifikanten Rückgang der Fahrgastzahlen sowie zu einer damit einhergehenden Reduzierung des Angebotes geführt.


Können Sie schon absehen, welche finanziellen Folgen die Situation für den Konzern hat?

Nein. Die finanziellen Auswirkungen sind noch nicht absehbar, zumal weiterhin große Unsicherheit über die Dauer und den Umfang der Einschränkungen besteht.


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Hat das Unternehmen Kurzarbeit angemeldet?

Für Hagenbad haben wir bereits zum 1. April Kurzarbeitergeld beantragt, dass auch von der Agentur für Arbeit bewilligt wurde. Seitdem sind sämtliche dafür in Frage kommenden Mitarbeiter des Unternehmens in Kurzarbeit. Ausnahmen bilden unter anderem die Auszubildenden und geringfügig Beschäftigten, die nicht kurzarbeitsfähig sind. Für die Hagener Straßenbahn bestand bislang keine Möglichkeit, Kurzarbeit zu vereinbaren. Hier sind zunächst vorrangig die bestehenden Überstundenkonten und Resturlaube abzubauen.


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Stimmt es, dass Hagenbad für Mitarbeiter Kurzarbeitergeld in Anspruch nimmt und gleichzeitig die Differenz zum normalen Entgelt auf 100 Prozent aufstockt?

Es stimmt nicht, dass bei Hagenbad das Kurzarbeitergeld auf 100 Prozent zum Normalentgelt aufgestockt wird. Hagenbad ist tarifgebunden und agiert auf Basis entsprechender Tarifverträge, die zwischen dem Kommunalen Arbeitgeberverband und der Gewerkschaft ver.di geschlossen werden. Die Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes haben rückwirkend zum 1. April 2020 erstmals einen Tarifvertrag „Kurzarbeit“ geschlossen, der somit auch bei Hagenbad zur Anwendung kommt. Hiernach ergibt sich für die unteren Entgeltgruppen eine Aufstockung auf 95 Prozent und für die höheren Entgeltgruppen eine Aufstockung auf 90 Prozent des Nettomonatsentgelts.


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Wie erklären Sie den Steuerbürgern, die zum Teil ebenfalls mit empfindlichen Einkommensverlusten zurecht kommen müssen, dass in einem ohnehin defizitären Unternehmen von ihren Steuergeldern Lohnausgleich jenseits des Kurzarbeitergeldes in voller Höhe kompensiert wird?

Es findet – wie bereits dargelegt – keine vollständige Kompensation statt. Eine weitere inhaltliche Bewertung des zwischen den Tarifvertragsparteien des öffentlichen Dienstes ausgehandelten Tarifvertrages zur Einführung von Kurzarbeit steht mir nicht zu. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass die zuvor unternehmensintern verhandelte Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit eine deutlich geringere Aufstockung vorgesehen hatte.


Gibt es ähnliche Regelungen in anderen Bereichen des HVG-Konzerns und wie sehen diese dort aus?

Nach vorliegendem Kenntnisstand gibt es bei der Kongress- und Eventpark Stadthalle Hagen GmbH eine Kurzarbeit-Vereinbarung, die sich an der ursprünglich für die Hagenbad GmbH verhandelten Betriebsvereinbarung orientiert. Auch bei der Werkhof gem. GmbH gibt es eine Kurzarbeiterregelung, die mitarbeiterindividuell vereinbart wurde.


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Wie entwickeln sich in den vergangenen Wochen die Fahrgastzahlen der Hagener Straßenbahn?

Die Auswertungen hierzu zeigen seit Beginn der Krise einen signifikanten Fahrgastrückgang um ca. 75 Prozent. Das heißt in absoluten Zahlen: Vor der Pandemie fuhren täglich noch rund 98.000 Menschen mit unseren Bussen, jetzt sind nur noch ca. 24.000.


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Was bedeutet das Konkret?

Dieser Fahrgastrückgang hat natürlich sehr negative Auswirkungen auf unsere Einnahmeentwicklung. Innerhalb kürzester Zeit sind nicht nur die Bareinnahmen aus dem Ticketverkauf nahezu vollständig weggebrochen, sondern darüber hinaus sind auch Rückgänge im Abo-Bereich zu verzeichnen. Der VRR geht auf Basis einer ersten Grobeinschätzung davon aus, dass durchschnittlich für einen Monat ein Umsatzrückgang von ca. 35 Prozent eintritt. Das würde bezogen auf die HST einem Umsatzausfall von etwa einer Million Euro für einen vollen Monat entsprechen. Wir gehen nach bisherigen Erkenntnissen jedoch davon aus, dass die tatsächlichen Umsatzeinbußen diese Größenordnung nicht erreichen werden.


Können die Menschen mit einem sicheren Gefühl die Busse nutzen? Wie werden Hygiene-Standards umgesetzt?

Das Sicherheitsgefühl der Menschen ist ein subjektives Empfinden, zu dem wir keine Bewertung abgeben können. Was die Hygiene in unseren Fahrzeugen betrifft, so werden diese täglich gründlich gereinigt und gelüftet. Besonderes Augenmerk bei der Reinigung liegt dabei auf den Haltestangen- und Griffen der Fahrzeuge. Plakate machen auf die wichtigsten Hygieneregeln aufmerksam und Aufkleber fordern die Fahrgäste auf, einen entsprechenden Mund-Nasen-Schutz zu tragen.


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Das Angebot in den vergangenen Wochen bei der Hagener Straßenbahn ist eingeschränkt. Haben Inhaber von Abo-Tickets einen Anspruch auf Rückerstattung?

Ja, eine der tariflichen Sondermaßnahmen in Zusammenhang mit Covid 19 ist die Möglichkeit für Abonnenten mit dem Abo zu „pausieren“. Das heißt, Abokunden können ihre Chipkarte in den Kunden-Centern Körnerstraße oder auch am Hauptbahnhof hinterlegen und erhalten für diese Zeit eine Erstattung für Zeitkarten gemäß den Tarifbestimmungen.


Wie kann ein mögliches Szenario für die Rückkehr in einen normalen Betrieb aussehen?

Wir sind auf verschiedenste Szenarien vorbereitet. Mit der teilweisen Wiederaufnahme des Schulbetriebs wurde zum 23. April das Fahrtenangebot im Schüler- und Regelverkehr ja bereits wieder ausgeweitet. So werden wir auch weiterhin das Busangebot in Hagen bedarfsorientiert den jeweiligen Rahmenbedingungen anpassen.


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Auch die Bäder dürfen derzeit nicht öffnen. Was bedeutet das nach den Besucher-Rekorden der letzten Jahre?

Dies bedeutet, dass die Besucherzahlen für das Jahr 2020 deutlich unter dem Niveau der Vorjahre liegen werden. Die am 15. März vorgenommenen Bäderschließungen führen zu Umsatzeinbußen von durchschnittlich ca. 370.000 Euro pro Monat.


Ist eine schrittweise Öffnung unter bestimmten Auflagen vorstellbar?

Diese Frage ist sehr hypothetisch und kann erst beantwortet werden, wenn entsprechende Informationen über etwaige mögliche Auflagen der Behörden vorliegen und bewertet werden können.


Für welche Arbeiten wird die Zwangspause im Schwimmbad- sowie im Sauna-Bereich des Westfalenbades aktuell genutzt?

Die Mitarbeiter wurden in der Zwangspause, vor Wirksamwerden der Kurzarbeit, insbesondere für Wartungs- und Reinigungsarbeiten eingesetzt.


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Startet Hagenbad überhaupt eine Vorbereitung in die Freibadsaison oder wird diese im Jahr 2020 angesichts der Unwägbarkeiten ausfallen müssen?

Wir bereiten das Freibad Hestert für die Sommersaison vor, so dass wir dieses für den Fall einer Freigabe durch die Behörden möglichst mit einer Frist von einer Woche in Betrieb nehmen können. Im Freibad Hengstey wird gegebenenfalls mit entsprechenden Vorbereitungsarbeiten begonnen, wenn absehbar ist, dass eine realistische Chance auf eine Freibaderöffnung besteht und noch ein angemessener Zeitraum bis zum Saisonende gegeben ist. Dies bedeutet, dass im Fall der Fälle zumindest ein Freibad den Hagener Bürgern zur Verfügung steht.


Welche Erkenntnisse nimmt die HVG aus der Krise mit?

Die HVG war auf die Krise grundsätzlich gut vorbereitet. Es gab bereits einen funktionierenden, unternehmensinternen Krisenstab sowie Pandemienotfallpläne. Inwieweit einzelne Prozesse für die Zukunft noch optimiert werden können, ist zur gegebenen Zeit zu überprüfen.