Wolfsburg/Hagen. Jetzt kann es knüppeldick für die Prevent kommen. VW hat eine Millionenklage eingereicht. In Hagen haben Hunderte Arbeiter ihren Job verloren.

Im Streit mit dem ehemaligen VW-Zulieferkonzern Prevent schlägt Volkswagen jetzt einen harten juristischen Kurs ein. Der Automobilhersteller hat nach Informationen der FUNKE-Mediengruppe Klagen auf Schadenersatz eingereicht und will insgesamt hundert Millionen Euro zurück, die nach Angaben des Unternehmens durch Lieferstopps der beiden Prevent-Unternehmen „ES Guss“ und „Car Trim“ dem Volkswagen-Konzern entstanden sind. Eine Klage für die Skoda-Ansprüche ist beim Landgericht Braunschweig eingereicht. In Hagen im Werk an der Sedanstraße hat der erbitterte Machtkampf zwischen VW und Prevent, das sich in den Händen der bosnischen Familie Hastor befindet, dafür gesorgt, dass Hunderten Werksarbeitern gekündigt wurde. Zahlreiche berufliche Existenzen gingen zu Bruch.

Für die Ansprüche der übrigen Volkswagen-Marken soll das Oberlandesgericht Dresden klären, welche Gerichte für weitere Klagen zuständig sind. Die Klagen richten sich nach Informationen der FUNKE Mediengruppe nicht nur gegen die Zuliefererfirmen, sondern auch gegen die Prevent-Investmentgesellschaften selbst. Car Trim und ES Guss hatten im August 2016 kurz nach der Übernahme durch Prevent die Belieferung von Volkswagen mit Sitzteilen und Getriebegehäusen eingestellt, um höhere Preise durchzusetzen. Nach VW-Angaben kam es daraufhin zu einem Produktionsstillstand in sechs deutschen Werken, rund 7500 Mitarbeiter in Emden mussten in Kurzarbeit gehen. Um die Produktion nicht weiter zu gefährden, verbesserte VW zunächst die Konditionen für die Zulieferer und kündigte jedoch ab März 2018 alle Verträge mit Prevent und seinen Töchtern.

Bei der Maikundgebung im Volkspark machen Hunderte TWB-Mitarbeiter auf ihr Schicksal aufmerksam.
Bei der Maikundgebung im Volkspark machen Hunderte TWB-Mitarbeiter auf ihr Schicksal aufmerksam. © Michael Kleinrensing

TWB war bis zu Beginn des Machtkampfs ein gesundes Unternehmen

Zur Erinnerung: TWB, ein eigentlich gesundes Unternehmen, war in Schwierigkeiten geraten, nachdem sich die Eigentümerin Prevent deutschlandweit einen Machtkampf mit Volkswagen geliefert hatte. Hatten die B elegschaft und der Betriebsrat zunächst mit Prevent gegen VW gekämpft, so wandelten sich nach der gerichtlichen Niederlage in dem Machtkampf die Vorzeichen. VW hatte sämtliche Geschäftsbeziehungen zu TWB gekappt, mehr als 200 Arbeitsplätze gingen verloren. Bei dem massiven Arbeitsplatzabbau fühlte sich die Mehrheitsfraktion im Betriebsrat, der intern als zerstritten gilt, von der IG Metall nicht ausreichend unterstützt. Während der Mai-Kundgebung der Gewerkschaften kam es zu Protesten gegen die IG Metall.

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Management von Prevent nicht zu einer Stellungnahme bereit

In dem juristischen Nachspiel will Volkswagen jetzt seine Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. Ein VW-Sprecher sagte den Zeitungen der FUNKE Mediengruppe: „Die Lieferstopps im August 2016 durch ES Guss und Car Trim waren vertrags- und rechtswidrig – das wurde mittlerweile durch diverse erst- und zweitinstanzliche Urteile bestätigt. Volkswagen ist verpflichtet, den uns widerrechtlich zugefügten Schaden geltend zu machen.“ Das Management von Prevent war für eine Stellungnahme bis Redaktionsschluss am Montag nicht zu erreichen.

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Wie die WESTFALENPOST berichtete hatte Anfang Oktober im Stillen eine neue Parallel-Gesellschaft ihren Dienst auf dem TWB-Werksgelände in Eckesey aufgenommen. Die gegründete „Presswerk Hagen GmbH“ soll offensichtlich die Aufträge für BMW und Toyota sowie die Produktion von Schubkarrenteilen abwickeln. Aber auch das Unternehmen TWB existiert noch weiter. Die verbliebenen Mitarbeiter, die nicht freigestellt worden waren, arbeiten an einer Anlage die Aufträge für Ford weiter ab. Umgeben von einer auf den Boden gepinselten Linie, die die Grenze zwischen den beiden Unternehmen markieren soll. In Hagen werden für Ford Rücksitzlehnen hergestellt.

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Szene einer Demonstration vor dem Werksgelände in Eckesey Mitte Februar 2019.
Szene einer Demonstration vor dem Werksgelände in Eckesey Mitte Februar 2019. © Michael Kleinrensing

Gespenstische Situation auf Werksgelände in Hagen hält an

Auch drei Monate nach dem Start der Presswerk Hagen GmbH hält zum Jahreswechsel die gespenstische anmutende Situation an, dass neben dem langjährigen Hagener Unternehmen TWB eine Parallelfirma unter dem selben Dach des Automobilzulieferers an der Sedanstraße arbeitet. TWB-Betriebsratschef Orhan Aksu bestätigt, dass die frühere TWB-Belegschaft weiter dreigeteilt sei. Eine Teil arbeite weiter bei TWB den Auftrag für Ford ab, ein Teil sei weiter freigestellt, werde aber weiter bezahlt. Und ein Teil sei in die neue Presswerk GmbH gewechselt, die im Oktober von Eigentümerin Prevent in einer Nacht- und Nebelaktion installiert worden war, um die Aufträge für andere Automobilmarken abzuarbeiten.

Noch immer arbeitet man daran, die Zukunft der Arbeitsplätze zu sichern

Trotz der Auseinandersetzung arbeite man aber weiter intensiv daran mit, die Zukunft von TWB und möglichst vieler Arbeitsplätze zu sichern, so IG-Metall-Chef Jens Mütze. Auch auf Bezirksebene liefen dazu intensive Gespräche. Ob und wie TWB weiterbestehen wird und wie sich die neue Presswerk GmbH weiterentwickeln wird, bleibt weiter unklar. Prevent selbst schweigt zu der ganzen Sache. Einen Betriebsrat gibt es in der neuen Presswerk GmbH, in der der frühere langjährige TWB-Betriebsratschef Admir Smaljovic - der die Seiten gewechselt hatte und zuletzt TWB-Personalchef war - Geschäftsführer ist, auch ein Vierteljahr nach der Gründung nicht.

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