Hagen. . 290 Kündigungen bei TWB in Hagen: IG Metall und Betriebsrat bewerten das Ergebnis der Sozialplan-Verhandlungen höchst unterschiedlich.

Von 9 Uhr morgens bis 23 Uhr in der Nacht wurde am Donnerstag verhandelt, doch das Ergebnis empfinden viele TWB-Mitarbeiter als niederschmetternd: Für die rund 290 der noch verbliebenen 455 Beschäftigten des Automobilzulieferers, die wohl in wenigen Tagen wegen des Wegfalls des großen Volkswagen-Auftrags ihre Kündigungen erhalten werden, wird es keine Abfindungen geben.

Die Betroffenen haben allerdings Anspruch auf eine Weiterqualifizierung in einer Transfergesellschaft. Und zwar für den doppelten Zeitraum der ihnen zustehenden Kündigungsfrist. Maximal sind aber zwölf Monate möglich. In der Transfergesellschaft zur Qualifizierung erhalten die betroffenen Mitarbeiter 80 Prozent des letzten Netto-Lohns. 67 Prozent trägt die Arbeitsagentur.

Auch interessant

Opfer des Machtkampfs mit VW

„Wir kommentieren die Verhandlungen nicht“, so die dürren Worte eines Prevent-Sprechers. Und die Lesart auf der Arbeitnehmerseite ist höchst unterschiedlich: Während der Betriebsrat das Ergebnis aus der Einigungsstelle als höchst unzureichend bewertet, sieht die Gewerkschaft IG Metall darin einen Verhandlungserfolg. Man habe in der schwierigen Situation das Mögliche herausgeholt.

Dass es harte Verhandlungen werden würden, damit hatte Betriebsratsvorsitzender Orhan Aksu gerechnet. Nicht aber damit, dass am Ende keine Abfindungen gezahlt werden würden: „Die Leute sind schockiert. Sie haben darauf gehofft, dass sie mit einer Abfindung zumindest den Übergang zu einem neuen Job abfedern können.“

TWB-Mitarbeiter Opfer des Machtkampfs

Man muss es noch mal festhalten: Die TWB-Mitarbeiter in Hagen haben gute Arbeit geleistet, pünktlich geliefert – und sind jetzt die Verlierer. Sie sind Opfer des schmutzigen Machtkampfs zwischen der Prevent-Gruppe und dem Volkswagenkonzern.

Auch interessant

Dass deswegen 290 Kündigungen folgen, ist schon tragisch genug. Dass es jetzt der großen Prevent-Gruppe aber auch noch gelingt, sich aus der Verantwortung zu stehlen, macht einfach nur wütend: Die Qualifizierungsgesellschaft wird vorwiegend von der Arbeitsagentur und damit von unseren Beiträgen finanziert. Michael Koch

Gegen die Prevent-Unternehmensgruppe erhebt Orhan Aksu schwere Vorwürfe: „Die haben sich auf dem Papier arm gerechnet. Dabei hat die Belegschaft in den letzten Monaten noch mal richtig reingehauen – in der Erwartung, dass so zumindest noch Geld für die Abfindungen zusammenkommt.“

Ganz anders die Bewertung des Hagener IG-Metall-Chefs Jens Mütze: „Unser oberstes Ziel als IG Metall ist es, Menschen von Arbeit auch wieder in Arbeit zu bringen. Wir haben erreicht, dass es jetzt eine gut ausgestattete Transfergesellschaft gibt, die die Betroffenen qualifizieren kann.“ Zudem sei für die verbleibenden 163 Mitarbeiter eine Beschäftigungsgarantie bis Ende 2019 ausgehandelt worden.

Auch er, so Jens Mütze, würde natürlich den Betroffenen eine Abfindung wünschen: „Aber bei diesem Kompromiss hatte Vorrang, dass wir die Beschäftigten in eine neuen Job bringen.“ Man müsse die Situation realistisch bewerten: Mehr Mittel seien bei TWB nicht herauszuholen, da Prevent genug „Brandmauern“ zu anderen Teilen der Unternehmensgruppe gezogen habe.

Die traditionsreiche Hagener Firma TWB, die nach einer Insolvenz seit einigen Jahren zur Prevent-Gruppe gehört, gilt als Opfer eines Wirtschafts-Machtkampfs. Andere Firmen aus der Prevent-Gruppe hatten im Streit um Preise zeitweise nicht mehr den Volkswagen-Konzern beliefert. Bei der Autoherstellung kam es sogar zu Produktionsstopps. In der Folge hatte VW alles darauf gesetzt, sämtlich Geschäftsbeziehungen zu Prevent zu kappen. Und damit auch zum 31. März zu TWB – obwohl es hier nie Lieferschwierigkeiten gab und auch die Qualität in Ordnung war.