Hagen. Über Nacht ist eine rote Linie auf den Boden gepinselt worden: Auf dem TWB-Gelände in Hagen arbeitet jetzt auch die Parallelfirma. Was heißt das?

Ein über Nacht aufgepinselter Strich auf dem Boden macht den Schnitt auch optisch deutlich: Es gibt jetzt zwei Belegschaften auf dem Gelände des Automobilzulieferers in der Sedanstraße. Die im Stillen gegründete Presswerk Hagen GmbH hat am Dienstagmorgen ihre Arbeit aufgenommen.

Offensichtlich sollen mit dem Unternehmen die Aufträge für BMW und Toyota sowie die Produktion von Schubkarrenteilen abgewickelt werden. Aber auch das Unternehmen TWB existiert noch weiter. Die verbliebenen Mitarbeiter, die in der vergangenen Woche nicht freigestellt worden waren, arbeiten an einer Anlage die Aufträge für Ford weiter ab. Umgeben von einer auf den Boden gepinselten Linie, die die Grenze zwischen den beiden Unternehmen markieren soll.

Auch gekündigte Kollegen wohl unter neuen Presswerk-Mitarbeitern

Wie viele Mitarbeiter nun in den beiden Unternehmen arbeiten, ist unklar: „Wir haben versucht dies herauszubekommen“, so TWB-Betriebsratsvorsitzender Orhan Aksu. „Doch wir haben weiter keine Informationen bekommen.“ So weit er es überblicken kann, sind in die neue Gesellschaft Presswerk Hagen GmbH zum einen Mitarbeiter gewechselt, die zu der Restbelegschaft gehörten, die vor knapp zwei Wochen ausgesperrt und dann auf Widerruf freigestellt worden war.

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Zum anderen sollen aber auch Mitarbeiter jetzt bei der Presswerk GmbH arbeiten, die eigentlich von der ersten großen Kündigungswelle Anfang des Jahres betroffen waren, als TWB/Prevent nach dem verlorenen Machtkampf mit dem Automobilriesen Volkswagen alle VW-Aufträge verloren hatte. Deren Kündigungen sind aber noch nicht in Kraft, da sie das Arbeitsgericht Hagen in erster Instanz für rechtswidrig erklärt hatte.

Gleicher Lohn, aber Verzicht auf Betriebs-Jahre

Offensichtlich waren in den vergangenen Tagen gezielt Mitarbeiter angesprochen worden, ob sie sich vorstellen können, in die neue Gesellschaft zu wechseln. Sie haben dann wohl Aufhebungsverträge bei TWB unterschrieben und neue Arbeitsverträge bei der Presswerk GmbH. Die Konditionen in Sachen Lohn, Weihnachtsgeld etc. sollen die gleichen sein, allerdings verzichten die Mitarbeiter auf ihre Jahre der Betriebszugehörigkeit und damit auch auf Arbeitnehmerrecht wie längere Kündigungsfristen.

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TWB-Betriebsratschef Orhan Aksu ist skeptisch, vermutet, dass die Prevent-Gruppe, zu der TWB gehört, sich so eine neue, den Besitzern genehmere Belegschaft zusammenstelle und den TWB-Betriebsrat damit aushebeln wolle. „Die meisten Kollegen, die jetzt wechseln, machen das ja nicht mit Freude. Aber sie haben Angst, sonst ganz arbeitslos zu werden.“

Aksu sagt auch, er sei gespannt, ob der Ford-Auftrag, der ja das größte Volumen darstelle, tatsächlich noch lange bei der Rumpf-TWB-Gesellschaft bleibe oder nicht doch zur neuen Presswerk Hagen GmbH wandere, die unter anderem von Admir Smajlovic als Geschäftsführer geleitet wird, der lange TWB-Betriebsratsvorsitzender war, bevor er als Personalchef auf die Arbeitgeberseite gewechselt war.

Das Unternehmen selbst schweigt weiter. Erneut blieb ein Fragenkatalog der WESTFALENPOST – unter anderem zu der geplanten Größe des Unternehmens – unbeantwortet.

IG Metall drängt auf Betriebsrats-Wahl in neuer Gesellschaft

Hagens IG-Metall-Chef sieht in dem roten Strich durch das Firmengelände „eine krasse Entwicklung“. Man habe zwar auch schon bei anderen Firmen erlebt, dass Unternehmensteile getrennt und unter einem Dach fortgeführt worden seien: „Aber dann ist das mit offenem Visier geschehen und im Dialog mit allen Beteiligten, insbesondere mit dem Betriebsrat“.

Fraglich bleibe aber weiterhin, ob man diesen Schritt, den die IG Metall scharf verurteile, rechtlich angreifen könne. „Auch wenn das schwer zu ertragen ist, weil es gegen das Gerechtigkeitsempfinden verstößt“, sagt der Gewerkschaftschef. „Wir werden aber prüfen, ob dies nicht doch ein Betriebsübergang war. Und wir werden aber jetzt schauen, ob auch ein Betriebsrat in dem neue Unternehmen gegründet wird. Der Anstoß dazu muss aus der Belegschaft kommen“, so Jens Mütze. „Aber wenn dies von der Geschäftsführung oder den Besitzern boykottiert wird, dann werden wir als Gewerkschaft die Mitarbeiter mit allen Mitteln unterstützen.“