Hagen. Solingen als Vorbild? Die CDU regt an, in Hagen Elektro-Busse teils per Oberleitung, teils per Batterie fahren zu lassen. Nur das Netz fehlt.

So ändern sich die Zeiten: „Wir sind jahrelang immer ein wenig belächelt worden“, sagt Sabine Rische, die Sprecherin der Stadt Solingen mit Blick auf die Oberleitungs-Busse, die seit Jahrzehnten in großem Maße in der Kommune im Bergischen eingesetzt werden. „Das wirkte lange ein wenig aus der Zeit gefallen. Aber jetzt sind sie wieder ein Transportmittel der Zukunft. Und mit den neuen BOB-Bussen auch der Zukunft.“

Und gerade deshalb schaut die CDU-Fraktion im Hagener Stadtrat sehr intensiv nach Solingen und startet einen Vorstoß, ob hier in der Volmestadt nicht auch stufenweise ein solches Batterie-Oberleitungsbus-Netz (BOB-Netz) aufgebaut werden kann. Ein entsprechender Antrag findet sich auf der Tagesordnung des Umweltausschusses am 11. September. Ein möglichst leistungsfähiges, wirtschaftliches und emissionsarmes Nahverkehrsmittel solle so etabliert werden.

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Mit Batteriebetrieb auch abseits der Oberleitungen fahren

Was steckt hinter BOB? Der Batterie-Oberleitungsbus gilt als eine Neuentwicklung, die einen Nachteil herkömmlicher Oberleitungsbusse aufhebt: Mit der vergleichsweise kleinen Batterie können die BOBs ohne Oberleitung und ohne schweren Diesel-Hilfsmotor verkehren – in Solingen bis zu 22 Kilometer weit. Auf diese Weise können Störungen umfahren oder Linienwege auch ohne Fahrdraht verlängert werden.

Sprich: Abseits der mit Oberleitungen versehenen Hauptlinien können die Busse dank der Batterien auch Abstecher in Wohngebiete oder Siedlungen machen. In Hagen könnte das Bedenken – etwa von Straßenbahn-Chef Christoph Köther – relativieren, das Elektro-Busse nicht genügend Reichweite in der bergigen Stadt haben.

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In Solingen hat man – wissenschaftlich durch die Bergische Universität Wuppertal begleitet – eine Testphase erfolgreich durchlaufen, die nun auf zwei Hauptstrecken in den regulären Linienverkehr münden soll. „Wir haben noch einige Bauarbeiten erledigen müssen, es musste etwa eine Wendeschleife umgebaut werden, aber im Oktober/November werden wir wohl loslegen können.“

Der Unterschied: Solingen hat schon ein Oberleitungsnetz

Der große Unterschied zwischen Hagen und Solingen: Dort gibt es bereits auf den Hauptlinien ein Oberleitungsnetz: „Wir hatten früher auch eine Straßenbahn“, so Sabine Rinsche. „Nachdem sie aufgegeben wurde, ist das Netz für die Oberleitungsbusse aufgebaut und immer erhalten worden.“ Daher habe Solingen auch nur auf wenigen Strecken Diesel-Busse im Einsatz. Aber auch die könnten bald komplett der Geschichte angehören, wenn die BOB-Busse sich auch weiter im Praxistest bewähren.

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Darauf hofft die CDU-Fraktion in Hagen, denn sie sieht in dem Verfahren die Chance, die Schadstoffproblematik besser in den Griff zu bekommen. „Bislang sind O-Busse in Deutschland ein exotisches Verkehrsmittel“, erläutert der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende und Sprecher im Umweltausschuss, Jörg Klepper. „Sie fahren lediglich in Eberswalde, Esslingen und Solingen. Anders im Ausland: Weltweit gibt es mehr als 300 O-Busbetriebe.“

Das wird sich nach Kleppers Ansicht ändern: Die Entwicklung des BOB mit eingebauter Hybridtechnik erlaube ganz neue Einsatzmöglichkeiten: „Der BOB kann bergab die Batterien aufladen und überschüssige Energie in das Oberleitungsnetz zurückspeisen.“

CDU sieht keine Konkurrenz zur Stadtbahn-Idee

Für den Vorsitzenden des fraktionsübergreifenden Arbeitskreises ÖPNV, Achim Kämmerer (CDU), steht der BOB nicht in Konkurrenz zur Stadtbahn – also jener Idee, eine Art „schneller Straßenbahn“ in Hagen wieder aufzubauen: „Sie ist für größte Transportkapazitäten entlang von verkehrsreichen Korridoren ausgelegt, während der BOB eher ein Instrument zur flächendeckenden Erschließung des Stadtgebiets sein wird. Schaffen wir es nicht, ein förderfähiges stadtweites Stadtbahnnetz zu entwickeln, wäre der BOB möglicherweise eine sinnvolle Ergänzung oder günstige Alternative.“

Für den Vorsitzenden des Stadtentwicklungsausschuss und CDU-Fraktionschef Stephan Ramrath ist es folgerichtig, sich auf die Erfahrungen Solingens zu stützen: „Solingen ist Hagen in vielen Punkten ähnlich – insbesondere bei Topographie und Siedlungsstruktur. Wir dürfen weder das Rad neu erfinden noch unnötige finanzielle Risiken eingehen. Deshalb müssen wir die Expertise des dortigen Verkehrsbetriebs nutzen. Ein Beratungsangebot aus Solingen, das jüngst den Bewilligungsbescheid für 32 weitere BOBs erhalten hat, liegt uns jedenfalls vor.“

Das bestätigt auch Stadtsprecherin Sabine Rische: „Wir stehe auf jeden Fall für Informationen zur Verfügung. Derzeit interessieren sich viele für unser Projekt.“