Hagen. Er muss dem Wald im Hagener Süden beim Sterben zusehen. Doch Waldbesitzer Friedrich Killing will nicht resignieren – er handelt.

Man hört sie auch hier nicht: Sonnenblumen, Kamille und andere Blumen bilden eine überraschende Schönheit auf der Wildwiese am Waldrand im Hagener Süden. Doch man hört keine Insekten. Hier und da ist mal eine Biene zu sehen. Doch eigentlich müsste hier angesichts des „gedeckten Tischs“ die Hölle los sein in der Insektenwelt.

Und dass das nicht so ist, beunruhigt Waldbesitzer Dr. Friedrich Killing aus Dahl zutiefst: „Ich habe bei Ihnen in der Zeitung ja gelesen, dass auch bei der neuen Blumenwiese am Haus Busch im Lennetal nur wenige Insekten zu hören sind. Aber das ist ja da unten dicht besiedeltes Gebiet. Aber wenn es hier im Wald das gleiche Phänomen gibt… .“

5000 Euro in Blumenwiese im Wald investiert

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Die Idee zu der Blumenwiese mitten im Wald hat Killing selbst entwickelt. Die gibt es in anderen Bereichen schon lange, oft auch gefördert, wie etwa die Blühstreifen an den Ackerrändern. Doch für die Blumen auf der Wildwiese hat Killing kein Programm und keine Zuschüsse in Anspruch genommen. Rund 5000 Euro hat er in sein Projekt gesteckt, hat Blumensamen gekauft, eine „Wildapotheke“ beigemischt, die Heilpflanzen und Wildkräuter enthält. Und ein Landwirt hat die insgesamt ein Hektar große Fläche bearbeitet und das alles gesät.

Ein seltenes Bild: Eine Biene auf einer Sonnenblume, die Friedrich Killing hat anlegen lassen.
Ein seltenes Bild: Eine Biene auf einer Sonnenblume, die Friedrich Killing hat anlegen lassen. © WP | Michael Kleinrensing

Die Wildwiese soll in den trockenen Zeiten auch saftiges Futter für das Wild in dem Revier – vor allem Rehe und Schwarzwild - liefern. Noch mehr aber Bienen, Hummeln, Schmetterlinge und anderen Insekten eine Heimat bieten.

Dass dies bislang noch nicht im großen Maße der Fall ist, dass es nicht heftig summt und brummt in den Blumenwiesen, enttäuscht Friedrich Killing, entmutigen lassen will er sich aber nicht. „Man darf nichts unversucht lassen“, sagt der 71-Jährige. Denn er sieht, dass alles zusammengehört: Die Insekten und der Wald, auf den er mit so großer Sorge blickt.

Binnen vier Wochen sterben ganze Waldstücke ab

Fichtensterben im Wald von Waldbesitzer Friedrich Killing. Die Fichten leiden unter der Hitze und sterben ab. Auch der Borkenkäfer setzt den Bäumen zu.
Fichtensterben im Wald von Waldbesitzer Friedrich Killing. Die Fichten leiden unter der Hitze und sterben ab. Auch der Borkenkäfer setzt den Bäumen zu. © WP | Michael Kleinrensing

„Schauen Sie da auf das Waldstück an dem Hang“, sagt er und zeigt auf eine Fläche, auf der die Fichten komplett braun geworden sind. „Das war vor vier Wochen noch alles grün.“ Es ist nicht das einzige Beispiel bei der kurzen Rundfahrt durch die Waldgebiete im Hagener Süden. Immer wieder gibt es diese braunen Flecken in den Waldgebieten. Und sie wachsen schnell, der Borkenkäfer nimmt sich einen Baum nach dem anderen vor. In atemberaubendem Tempo.

Friedrich Killing hat als Waldbauer auch schon die Diskussionen um das Waldstrebern in den 80er-Jahren mitbekommen, doch was aktuell geschieht, hat für ihn eine ganz andere Dimension: „Die Zeit der Fichte ist vorbei, da sind sich alle Experten einig. Die Schnelligkeit, mit der dies geschieht, ist erschütternd. Man kann dabei zuschauen, wie der Wald zugrunde geht.“ Die Landschaft werde schon bald völlig anders aussehen.

Enorme Folgen für die Waldbauern

Die wirtschaftlichen Folgen für die Waldbesitzer seien enorm. Der Holzpreis verfalle, selbst mit Zuschüssen sei es oft noch ein Zuschussgeschäft, das vom Borkenkäfer befallene Holz aus dem Wald zu schaffen. Und vor allem gehe mit dem Absterben so großer Waldflächen ein Generationenprojekt kaputt: „Ein Wald ist ja nicht auf kurzfristige Gewinne auslegt. Was ich hier pflanze, davon wird erst die nächste oder die übernächste Generation profitieren – aber wenn jetzt alles kaputt geht… .“

Doch die Dramatik sei bei vielen offensichtlich noch gar nicht angekommen. Friedrich Killing vermisst den großen gesellschaftlichen Aufschrei und auch konzertierte Aktionen der Politik. „Stoppen kann man das nicht mehr“, sagt Friedrich Killing mit Blick auf das Absterben der großen Fichtenbestände. Aber er will trotzdem dagegen halten, die Natur stärken. Und macht deshalb weiter mit seiner Blumenwiese im Wald.