Hagen. Von aufgelösten Müttern und Leichen hinter der Tür: Sicherheitstechniker Kani Ipek wirkt mit seinem Schlüsseldienst in einer sensiblen Branche.

„Es ist ein Traumjob, klar. Und ja, okay, es muss für mich ein bisschen Action sein“, lacht Kani Ipek, Inhaber des gleichnamigen Schlüsselnotdienstes und Geschäfts für Sicherheitstechnik. Obwohl man – blickt man genau auf das, was dem 47-Jährigen oft in seiner Arbeit widerfährt – die Beschreibung „ein bisschen Action“ auch als bescheidene Tiefstapelei bezeichnen könnte.

Aufgelöste Mütter, die mit ihren Kindern vor verschlossener Haustür stehen. Verunsicherte Bewohner, die sich nach einem Einbruch um ihre Sicherheit beraubt fühlen. Aggressive Straftäter, die schreiend hinter der Tür stehen, während in Kani Ipeks Rücken Polizisten mit gezogener Waffe darauf warten, dass sich die Pforte endlich öffnet und sie zugreifen können. Ganz zu schweigen von den Leichen, die zuweilen hinter den Türen liegen, die Ipek öffnet.

Nicht mehr Lehrberuf

Für den Schlüssel(not)dienst gibt es keinen expliziten Ausbildungsberuf. Das war aber einmal anders. Es gab den Beruf des Schloss- und Schlüsselmachers. Dies waren Fachkräfte für die Herstellung von Schlössern und sonstigen Schließeinrichtungen, die aufgrund ihrer Kompliziertheit oder einer zu geringen Stückzahl maschinell nicht oder nur unrentabel herstellbar waren.

Der Beruf wurde 1949 anerkannt, aber zum 1. August 1987 wieder aufgehoben. Abgelöst wurde der Beruf Schloss- und Schlüsselmacher/in durch den Nachfolgeberuf Industriemechaniker/in der Fachrichtung Geräte- und Feinwerktechnik. Allerdings gab es diese „Unterabteilung“ der Industriemechaniker auch nur bis 1. August 2004.

Heute kann jeder einen Schlüsseldienst betreiben. Notwendig ist allerdings ein makelloses polizeiliche Führungszeugnis und eine Anmeldung beim Gewerbeamt.

Geschichten wie aus einem Krimi

Oder windige Gestalten, die eine Tür geöffnet haben wollen und sich als Familienmitglieder ausgeben, obwohl sie Diebe sind: In Kani Ipeks beruflichem Leben gibt es viele Geschichten, die – in Filmen erzählt – mit den Begriffen Spannung und Krimi charakterisiert werden würden. Da verwundert die mehrmalige Bemerkung über die schusssichere Weste nicht, die zu Ipeks „Arbeitsgerätschaften“ gehört.

Ganz formell und weniger aufregend gesprochen ist Kani Ipek Sicherheitstechniker. In seinem Geschäft an der Altenhagener Straße gibt es alle neusten Sicherungssysteme für Haus und Wohnung zu erwerben. Schlüssel werden nachgemacht und Kunden wird geholfen, die sich aus ihren vier Wänden ausgesperrt haben. Die schon viel besprochene Action kommt ins Spiel, weil Ipek sich in der durch schwarze Schafe durchzogenen Branche einen absolut seriösen Namen gemacht hat und Polizei, Ordnungsamt und Gerichtsvollzieher unterstützt und berät.

Das tut er immer dann, wenn diese Eintritt in Häuser und Wohnungen verlangen, in denen ihnen bewusst oder unbewusst kein Eintritt gewährt wird. Muss die Feuerwehr bei einem Einsatz Türen und Fenster zerstören, sorgt er auch hier anschließend für eine neue Sicherung der Wohnräume.

Auch interessant

Zertifizierung durch Seminare

Kani Ipeks Job ist keiner, den man im Rahmen einer Ausbildung erlernen kann. Sein Wissen bezieht der aus Erlangen stammende und seit 1985 in Hagen lebende 47-Jährige zum einen aus Seminaren, die Unternehmen der Sicherungstechnik wie beispielsweise Abus anbieten. Zum anderen aus seiner jahrelangen Erfahrung – sein Unternehmen betreibt er seit 1994. Die Seminare und ihre Zertifizierung seien in der Branche ein Indikator für Qualität. „Wenn ein Geschäft keine Zertifizierung hat, dann ist es nicht seriös“, erläutert er.

Auch interessant

Die Branche sei eine sensible – immerhin rührt der Bereich am Sicherheitsempfinden der Menschen. Darum gehöre zum Job neben einer großen technischen Versiertheit ebenso die Fähigkeit, beruhigend auf Menschen einwirken zu können. Durch seine Zusammenarbeit mit der Polizei werde er nach Einbrüchen oftmals als Anbieter empfohlen, wenn es darum gehe, neue Sicherungssysteme im Haus oder in der Wohnung einzubauen. Da seien auch gewisse psychologische Fähigkeiten gefragt, den Menschen in ihren vier Wänden wieder die Unsicherheit zu nehmen. „Wir sind dann wie eine Beruhigungstablette“, bemerkt er mit einem Augenzwinkern.

Auch interessant

Auf der anderen Seite gehöre natürlich auch ein gewisser Wagemut zum Jobprofil. Gerade dann, wenn er für staatliche Auftraggeber Türen zu öffnen habe. „Klar versichert mir die Polizei immer: ‘Keine Sorge, wir sind hinter Ihnen’“, schildert Kani Ipek. „Aber manchmal ist es schwierig, wenn man sieht, was wir hinter der Tür finden.“ Der erste Fall habe ihn ordentlich schlucken lassen. Auch die Sache mit der Frau, die ihre Rottweiler aufgehetzt und an der Tür habe anschlagen lassen, sei nicht ohne gewesen. „Aber mit der Zeit wird es zur Routine“, erklärt Kani Ipek. Er fügt hinzu: „Und wie schon gesagt: Ein bisschen Action muss für mich schon sein.“