Vorhalle. Christoph Drabek hat sich beim vom Azubi zum Leiter der Kläranlage in Hagen-Vorhalle hochgearbeitet. Ein Job, den er mit Leidenschaft macht.

500 Liter pro Sekunde. Nach so viel sieht der bräunliche Wasserstrom gar nicht aus, der kurz hinter dem Viadukt zwischen dem Kaisberg und Herdecke in einem breiten Betonkanal zu sehen ist und dann in der Kläranlage des Ruhrverbandes am Ufer des Harkortsees verschwindet. Über alles, was danach mit diesem Abwasser aus Hagener Toiletten, Spülbecken und Kanalschächten geschieht, ist Christoph Drabek der Herr des Verfahrens. „In einem fantastischen Beruf“, wie der Abwassermeister erklärt. Ein Beruf, der völlig zu Unrecht das Image genießt, dass er einfach nur stinken würde.

Die Kläranlage in Vorhalle ist die drittgrößte des Ruhrverbandes.
Die Kläranlage in Vorhalle ist die drittgrößte des Ruhrverbandes. © Unbekannt | Michael Kleinrensing

Alle technischen Zusammenhänge mal bei Seite gelegt. Alle biologischen Prozesse, die Lehre über Stoffe oder mechanische Hintergründe einer solchen Anlage mal außer Acht gelassen. Der Arbeitsplatz von Christoph Drabek ist einfach nur schön. Die Kläranlage Vorhalle liegt in der Kaisbergaue, am Ufer des Harkortsees, umrandet von Wald und Wasser. Seit 1999 ist Drabek hier Betriebsmeister. Einer, der sich hochgearbeitet hat, nachdem er Mitte der 80er-Jahre eine Ausbildung beim Ruhrverband begonnen hat. „Das war damals total neu. Auf Kläranlagen arbeiteten bis dahin eher fachfremde Kollegen, die sich die Zusammenhänge angeeignet hatten. 1984 entstand dann das Berufsbild der Fachkraft für Abwassertechnik.“

Mitarbeiter sind Spezialisten in allen Bereichen

Das war wohl auch nötig. Denn die Menschen, die auf den Anlagen arbeiten, so wie Drabek, sind Spezialisten in gleich mehreren Bereichen. Biologie, Chemie und Mechanik. „Ja, vieles ist in diesem Beruf automatisiert worden. Aber das Meiste erfordert viel Wissen und viel Erfahrung. Alle 13 Kollegen, die hier auf der Anlage arbeiten, verfügen darüber“, so Drabek. Früher habe es vielleicht höchstens zwei, drei Parameter gegeben, die die Abwasser-Experten im Blick gehabt hätten. „Biologie ist heute das Herzstück einer solchen Anlage“, sagt Drabek. „Deshalb sollte man Ahnung von biologischen Prozessen haben, man sollte rechnen können und handwerklich begabt sein. Denn die meisten Maschinen, die diese Anlage am Laufen halten, halten wir selbst instand und reparieren sie bei Bedarf auch selbst.“

Die Anlage an sich ist bereits so faszinierend, dass man schnell das Wirken von Christoph Drabek an dieser Stelle aus dem Blick verlieren könnte. Viele Besuchergruppen zieht es regelmäßig auf das Areal, das das Abwasser von 235.000 Menschen aus einem Einzugsgebiet von Hagen und Teilen Herdeckes und Wetters behandelt. Zunächst mechanisch über Rechen, Sand- und Fettfänge, Betonrinnen und in Sedimentationsbecken. Der entnommene Primärschlamm kommt in die Schlammbehandlung. Das bei der Entwässerung in Faultürmen entstehende und stark stickstoffhaltige Schlammwasser wird wieder in den biologischen Reinigungsprozess der Anlage eingespeist. Bei der biologischen Reinigung des Abwassers helfen Milliarden von Mikrorganismen, die sogenannte Biomasse, die gelösten Stoffe im Abwasser abzubauen. Anschließend wird der Schlamm vom Abwasser getrennt. Was hier passiert ist im Grunde ein ziemlich natürlicher Kreislauf.

Die beste Beschreibung für seinen Beruf ist „vielfältig“

Christoph Drabek steht mit uns an dem von der Seefläche kaum auffallenden Auslass der Kläranlage, an der das gereinigte Wasser in den Harkortsee eingespeist wird. „Ebenfalls mit 500 Litern pro Sekunde“, sagt Drabek. „Deshalb finde ich meinen Beruf und meine Tätigkeit auf der Anlage auch so spannend. Die Systematik ist einerseits seit vielen, vielen Jahren eine ähnliche und andererseits entwickelt sich der Job auf der biologischen und labortechnischen Ebene immer weiter. Wenn mich einer fragt, wie ich den Beruf am besten beschreibe, dann sage ich: vielfältig. Mal ganz davon abgesehen, dass wir hier große Verantwortung für Hunderttausende Menschen tragen.“


Von 7 bis 16 Uhr arbeiten die Kollegen der Vorhaller Kläranlage in der Regel. „Wir sind hier, wenn man mich persönlich fragt, ein gutes und eingespieltes Team“, sagt Drabek. Die Arbeitsatmosphäre stimme. Wenn die Anlage in der Nacht nicht besetzt ist, hat ein Mitarbeiter Rufbereitschaftsdienst und kümmert sich im Störungsfall auch nachts um die Behebung des Schadens.

24-mal im Jahr, so berichtet Drabek, steht unangemeldet ein Mitarbeiter des Landes-Umweltministeriums vor dem Tor, um Proben des gereinigten Abwassers zu entnehmen und anschließend im Labor zu analysieren.

„Das ist auch sehr wichtig für die Qualität unserer Arbeit hier“, sagt Drabek. Übrigens: Stinken tut es selbst in dem Gebäude, in dem der Rechen einen Großteil der Hagener Hinterlassenschaften aus dem Wasser siebt, nicht so stark wie man sich das als Laie vorstellen mag. „Es riecht mal mehr und mal weniger, es ist sehr abhängig von Temperatur und Vorfaulung im Kanalsystem. Es ist eine Sache der Gewöhnung.“, sagt Drabek.