Hagen. Traumberuf Busfahrer: Für Antonietta Urrico (54) aus Hagen, einst Angestellte im Einzelhandel, hat er sich noch spät erfüllt.

Alle. Die Antwort ist einfach. Alle. „Alle meine Erwartungen haben sich erfüllt“, sagt Antonietta Urrico. Und dann erzählt sie, diese ungewöhnliche Frau, die einst Friseurin gelernt und dann lange Jahre im Einzelhandel gearbeitet hat, von ihrem Traum. Der ist einer, den eigentlich kleine Jungen haben und – mit Verlaub – nicht 54-jährige Frauen. Es ist der Traum davon, einen Omnibus zu steuern.

Der Traum der Antonietta Urrico hat sich erfüllt. Sie lenkt Busse der Hagener Straßenbahn durch die Viertel dieser Stadt. „Wenn ich am Steuer sitze, wenn ich durch die riesige Scheibe von oben auf die Straßen blicke – das kann ich kaum beschreiben, wie schön das ist“, sagt die Mutter, die ihre Kinder alleine großgezogen hat. „Im Einzelhandel war ich 30 Jahre an einem Ort gefangen. Busfahren ist für mich die große Freiheit.“

Freude auf Rückkehr nach Urlaub

Eine Freiheit, die sie genießt, die sie auslebt, nahezu jeden Tag. „Als ich zuletzt zwei Wochen Urlaub hatte, habe ich mich täglich darauf gefreut, endlich wieder an meinen Arbeitsplatz zurückzukehren“, so Antonietta Urrico. Es ist ein Arbeitsplatz, den sie auf vielen Umwegen und mit ein bisschen Glück erreicht hat.

Auch interessant

Rückblick: Personalabbau, kurzer Schock, aufrappeln, Traum erfüllen. „Vor zwei Jahren hat mein Arbeitgeber Personal abgebaut. Ich war dabei und plötzlich arbeitslos“, sagt Antonietta Urrico. „Die Kinder waren groß. Da habe ich bei meiner Sachbearbeiterin beim Arbeitsamt vorgesprochen und ihr erzählt, dass ich eigentlich schon immer Busfahrerin werden wollte.“ Und so zeichnet sich von einem Augenblick auf den anderen eine berufliche Perspektive für eine Frau auf, der viele Arbeitgeber vielleicht keine Chance mehr gegeben hätten.

Agentur übernimmt die Kosten

Antonietta Urrico meldet sich an einer Fahrschule an, die Agentur für Arbeit bezahlt den Führerschein, und drei Monate später, am 5. April 2018, ist aus der Angestellten im Einzelhandel eine Berufskraftfahrerin geworden. „Ich musste richtig büffeln“, sagt Antonietta Urrico, „man merkt schon, dass einem das Lernen nicht mehr so leicht fällt wie damals beim Autoführerschein. Ich habe eine ganze Wand im Wohnzimmer vollgespickt mit Zetteln, auf denen Antworten standen, die ich mir nicht merken konnte.“

Auch interessant

Aber: Antonietta Urrico besteht die drei Prüfungen (Theorie, Praxis und Personenbeförderungsschein) mit beachtlichem Ergebnis. Sie arbeitet zunächst für ein Unternehmen, das im Auftrag der Hagener Straßenbahn fährt. Und als eines morgens ein Busfahrer der Stadttochter zu ihr in den Bus steigt, gerät man ins Plaudern. „Ich hab ihn ein bisschen ausgequetscht“, Antonietta Urrico. „Er hat mir die Kontakte zur Straßenbahn vermittelt. Ich habe mich beworben, wurde zum Vorstellungsgespräch eingeladen und bin genommen worden.“

Einmal falsch abgebogen

Nach einer Einführung ist sie auf diversen Linien unterwegs. „An meinem ersten Tag bin ich direkt mal falsch abgebogen und musste rausgezogen werden“, sagt Antonietta Urrico. „Aber das gehört dazu, passiert selbst erfahrensten Kollegen manchmal.“

Hagener Straßenbahn sucht dringend 30 neue Busfahrer

Durch die Ausweitung des Angebots ab dem 15. Dezember braucht die Hagener Straßenbahn mindestens 30 neue Busfahrer.

Voraussetzung sind ein Führerschein der Klasse B (Auto) sowie das Mindestalter 24 Jahre.

Geboten werden eine unbefristete Anstellung im öffentlichen Dienst sowie eine Bezahlung nach Tarif.

Ein Infobus der Hagener Straßenbahn macht am Samstag, 20. Juli, von 12 bis 17 Uhr Station auf dem Friedrich-Ebert-Platz. Weitere Informationen unter Tel. 02331/208267 bzw. www.strassenbahn-hagen.de oder www.einsteigen-bitte.de

Seither lebt sie ihn, ihren Traum. „Man lernt die Stadt auf eine ganz andere Art kennen, teilweise fahre ich auf drei bis vier verschiedenen Linien an einem Tag“, sagt Antonietta Urrico, So lerne man seine Stadt kennen. „Früher wusste ich zwar, dass es Haspe gibt, mehr aber auch nicht, heute fahre ich über den Baukloh und denke: wow. Ich empfinde Hagen aus meiner Perspektive als schöne Stadt, es gibt so wunderbare Ecken.“