Hagen. . Mit einem Rekordgewinn hat der Energieversorger Enervie das Jahr abgeschlossen. Dabei setzt das Unternehmen auf digitale Angebote.

2014 war ein wirtschaftlicher Tiefpunkt. Ein Minus in dreistelliger Millionenhöhe belastete die Bilanz der Enervie. Vier Geschäftsjahre später können die Vorstände Erik Höhne und Wolfgang Struwe bei der Präsentation der Zahlen entspannt lächeln.

Unter dem Strich steht „am Ende einer kontinuierlichen Entwicklung“ ein Rekordgewinn: 40,2 Millionen Euro vor Steuern. „Ein sehr gutes Ergebnis“, so Vorstandssprecher Erik Höhne, „das – gestützt auch durch Einmaleffekte – über unseren Planungen liegt.“

Die Zahlen: 3,4 Millionen für die Stadtkasse

Hoher Bedarf an Azubis

Derzeit sind bei Enervie 20 Auszubildende beschäftigt. Insbesondere im gewerblich-technischen Bereich ist der Bedarf des Energieversorgers groß. Es besteht eine hohe Chance auf Weiterbeschäftigung.

Eine Summe, die nicht nur die Geschäftsführung frohlocken lässt. 8 Millionen Euro sollen auf Em­pfehlung von Höhne und Struwe an Dividende an die Anteilseigner ausgeschüttet werden. Für die chronisch Klamme Stadt Hagen bedeutet das, dass rund 3,4 Millionen Euro in die Stadtkasse fließen. Die Eigenkapitalquote ist im selben Zeitraum von 10,4 auf aktuelle 25,4 Prozent gestiegen – wenngleich noch ein Kredit der Gesellschafter des Unternehmens über 60 Millionen Euro enthalten ist, der jeweils zur Hälfte Ende 2020 und Mitte 2022 zurückgezahlt werden muss. Rund 450 Stellen sind seit 2014 abgebaut worden. Aktuell arbeiten 1046 Menschen für das Unternehmen.

Der Stromabsatz ist im Vergleich zum Vorjahr von 7,3 Millionen kWh auf 6,4 Millionen ebenso gesunken wie Wärme und Dampf (54 Mio. kWh auf 51 Mio. kWh). Gesteigert wurden der Absatz von Gas (4,3 auf 5,2 Mio. kWh) und Wasser (17,4 Mio. auf 17,6 Mio. Liter).

Der Energiemarkt: Keine Entspannung

Die futuristische Zentrale auf Haßley: Enervie legt für 2018 gute Zahlen vor.
Die futuristische Zentrale auf Haßley: Enervie legt für 2018 gute Zahlen vor. © Michael Kleinrensing

All diese Zahlen sind in einem bewegten Umfeld erzielt worden. „Wir befinden uns auf keinen Fall in einer Phase der Entspannung“, so Höhne. „Immer wieder gehen Stromlieferanten in Insolvenz. Wir fahren eine langfristige Strategie. Wir legen nicht spekulativ im Vorgriff Preise fest, sondern geben Steigerungen, wenn sie sich ergeben, an die Kunden weiter.“ Man selbst könne aber lediglich 22,8 Prozent des Strompreises beeinflussen. Die gute Nachricht: In diesem Jahr droht wohl kein weiterer Anstieg.

370.000 Kunden und Handelspartner versorgt die Enervie mit Energie – darunter 55.000 außerhalb der Region. Dabei setze man nicht auf Vergleichsportale, sondern auf Handelsvertreter und künftig auf den Onlinemarkt.

Digitales: 500 neue Kunden seit Herbst

Neu im Angebot: Ein digitaler Stromtarif, der in Kombination mit einem intelligenten Stromzähler funktioniert. „500 Kunden haben wir damit bereits seit Herbst gewonnen“, so Wolfgang Struwe. Weil man mit dem Einbau der neuen Zähler nicht nachgekommen sei, habe man zu Anfang des Jahres sogar mit dem Vertrieb ausgesetzt. Jetzt laufe dieser wieder an.

Beim Digital-Tarif können Kunden ihren aktuellen Verbrauch jederzeit per App auf dem Handy abrufen. Ein Algorithmus, der von einem Start-up entwickelt wurde, errechne den Verbrauch für ein einzelnes Gerät. „Für so etwas“, so Struwe, „gibt es einen Markt“.

Die Innovation: E-Auto speist Strom ins Netz ein

„Vehicle to Grid“ ist eine Innovation, an der Enervie gemeinsam mit den Partnern Nissan und The Mobility House arbeitet und die im Herbst weltweit für Schlagzeilen sorgte. Zum ersten Mal lieferte die Batterie eines Elektroautos Strom ins Netz.

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Die Idee dahinter: Wenn das künftig nicht ein Auto sondern hunderttausende tun, ergeben sich neue Möglichkeiten, um Lasten im Stromnetz auszugleichen. „Wir sind noch ein Stück davon entfernt, dieses Projekt in ein konkretes Produkt umzusetzen“, so Höhne, „aber die Entwicklung wird in diese Richtung gehen.“

Virtuelles Kraftwerk: Strom aus Sonnenenergie

In einem virtuellen Kraftwerk sollen künftig tausende Einspeisepunkte in der Region gebündelt werden.

„Die ersten Photovoltaikanlagen fallen nach 20 Jahren aus der Förderung“, sagt Erik Höhne, „sie erzeugen aber weiter Strom. Irgendjemand muss diesen ja abnehmen und weiterverkaufen.“ Auf einer Onlineplattform können Betroffene ihre Anlagen einbinden.

Die Energiewende: Kein Kohlestrom aus der Region

Die Energiewende ist vollzogen – zumindest vor Ort ist der Kohleausstieg perfekt. Enervie hat im April den letzten Block im Kraftwerk Elverlingsen vom Netz genommen. Parallel wird das Pumpspeicherkraftwerk Rönkhausen für 25 Millionen Euro saniert.

Das mit Erdgas betriebene Cunokraftwerk am Harkortsee ist häufiger am Netz als geplant. Das Windrad an der Versetalsperre hat es 2018 auf 2900 Betriebsstunden gebracht (NWR-Schnitt: 1900). Und – „trotz schlechterer politischer Rahmenbedingungen“ – will man weiter in Windkraft investieren, unter anderem an der Hasper Talsperre auf Breckerfelder Gebiet.