Hagen. . Der Versorger Enervie, Nissan sowie die Firma The Mobility House starten in Hagen ein Pionier-Projekt. E-Autos sollen das Netz stabilisieren.
Was ein paar Herren im Anzug mit einem symbolischen Druck auf einen roten Knopf in Gang setzen, hat es so in Deutschland noch nicht gegeben. Ein Elektroauto speist aus seiner Batterie an einer speziellen Ladesäule Strom ein und sorgt so für Stabilität im Netz.
Das Elektroauto steht auf dem Gelände des Energieversorgers Enervie, der gemeinsam mit dem Autobauer Nissan und der Firma Mobility House mindestens deutschlandweit Pionierarbeit leistet. Ein Auto allein kann nur wenig bewegen. Hunderttausende E-Fahrzeuge mit ihren Speichern hingegen viel mehr. Noch ist das Zukunftsmusik.
Auto richtet sich nach der Stabilität im Stromnetz
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Die Zukunft aber nimmt ihren Anfang an diesem denkwürdigen 23. Oktober in Hagen. Hier zeigen die Kooperationspartner per Knopfdruck auf einer Leinwand was möglich ist. Fällt die Frequenz unter 50 Hertz, speist der Nissan Leaf Strom ein, steigt sie über diesen Wert, zieht die Batterie Strom aus dem Netz.
Dahinter steckt die Idee, starke Schwankungen zu vermeiden. Sowohl in den Übertragungsnetzen, die den Strom beispielsweise von den Windkraftanlagen im Norden quer durch die Republik in Richtung Süden befördern als auch in den regionalen Verteilnetzen, wie sie die Enervie in Hagen betreibt.
Intelligente Ladesysteme für Massen von E-Autos
„Vehicle-to-Grid“ heißt das alles im feinsten Neudeutsch. Frei übersetzt: vom Fahrzeug ins Netz. Diesen Prozess jetzt erstmals live erleben zu können – für Thomas Raffeiner, Gründer und Geschäftsführer des Ladeinfrastrukturanbieters The Mobility House, ist das „ein Meilenstein“. „Fahrzeuge können jetzt in das Herzstück des deutschen Energienetzes eingreifen. Die Technik löst hier im Grunde viele Probleme gleichzeitig.“
Autos werden Teil des Netzsystems
Autos würden künftig Teil des Netzsystems, erklärt Guillaume Pelletrau, Geschäftsführer Nissan Europa, der noch einmal darauf verweist, wie viel Spott sein Unternehmen vor über zehn Jahren dafür geerntet habe, dass es vier Milliarden Dollar in die Konstruktion von Elektrofahrzeugen steckte. „Das Ergebnis sind jetzt Autos, die weit mehr als nur Autos sind.“ In Amsterdam unterstütze man mit einer Speicherstation aus gebrauchten Autobatterien im Johann-Cruyff-Stadion die Stromversorgung in einem ganzen Stadtteil. „Sie wird genutzt, um den Bedarf zu regulieren.“ Eine Funktion, die künftig auch Batterien übernehmen sollen, die noch in Autos verbaut sind. Zumindest, wenn die Fahrzeuge über die entsprechende Technologie verfügen.
Dass das zu einem Geschäftsmodell werden wird – das steht für die Partner nach eigener Aussage nicht im Vordergrund. Trotzdem glauben sie fest daran. „Dabei denken wir nicht nur an den Vertrieb, in dem wir künftig für unsere Kunden entsprechende Tarife anbieten wollen, die sich vielleicht sogar mit dem Erwerb eines Nissan koppeln lassen“, so Erik Höhne. „Obendrein können wir auf diese Weise Geld sparen, das wir bei wachsender E-Mobilität sonst in den Netzausbau stecken müssten.“
An den Start gehen soll das „Vehicle-to-Grid“-Modell flächendecken im nächsten Jahr. Im Fokus stehen zunächst Gewerbekunden, später auch Privatkunden.