Hagen. . Die Zahl der Asylbewerber in Hagen ist relativ stabil. Aber Abschiebungen und Überführungen sind kaum durchzusetzen, wie ein Beispiel zeigt.

Der Antrag des Asylbewerbers aus Guinea war unanfechtbar abgewiesen worden. Weil er sich weigerte auszureisen, sollte er im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Italien überstellt werden. Eines Morgens im Mai tauchten vier Mitarbeiter der Ausländerbehörde, sechs Polizisten und ein Arzt in seiner Hagener Unterkunft auf und nahmen ihn fest, um ihn zum Flughafen zu begleiten.

Doch auf dem Weg zum Flugzeug wehrte er sich vehement gegen seine Abschiebung, vier Polizisten mussten ihn an Händen und Füßen fesseln und zum Flieger tragen. Dennoch verletzte er zwei der Beamten so stark, dass der Einsatz abgebrochen werden musste.

Asyl: Geringe Rückkehrerquote

Dass gestandene Polizisten an der Widerstandsbereitschaft eines Asylbewerbers scheitern, mag die Ausnahme sein. Dass eine Abschiebung scheitert, ist aber die Regel. „Es gelingt so gut wie gar nicht, einen abgelehnten Asylbewerber zurückzuschicken“, berichtet Gabriele Thomzig, Leiterin der Ausländerbehörde bei der Stadt Hagen.

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Vor allem in westafrikanische Staaten wie Guinea, Ghana oder Nigeria tendiert die Rückkehrerquote gegen Null, auch wenn ein Asylverfahren ordnungsgemäß abgeschlossen wurde und die Abschiebung rechtskräftig ist. Neben der Weigerung der Betroffenen ist häufig ihre ungeklärte Identität ein Hindernis für die Abschiebung. Wenn jemand seine Ausweispapiere wegwirft, ist kaum nachzuweisen, aus welchem Land er stammt.

Stadt setzt auf Freiwilligkeit

Da verwundert es nicht, dass in diesem Jahr erst drei abgelehnte Asylbewerber aus Hagen in ihr Herkunftsland abgeschoben wurden (im gesamten Jahr 2017 waren es zehn, 2016 waren es 16). Immerhin 33 Betroffene reisten 2017 freiwillig zurück. „Das ist der menschlichste, einfachste und kostengünstigste Weg der Rückkehr, dieser Weg wird selbstverständlich auch in Hagen beschritten“, so Frau Thomzig

Derzeit leben 356 ausreisepflichtige Personen in der Stadt. 275 von ihnen werden geduldet, da ein sogenanntes Abschiebungshindernis (Schwangerschaft, Krankheit, fehlende Papiere) vorliegt.

Zwei von 1000 Flüchtlingen in Hagen

Dabei wäre es für den sozialen Frieden und die Akzeptanz in der Bevölkerung besser, wenn abgewiesene Asylbewerber wieder in ihre Heimat zurückkehren würden, glaubt Frau Thomzig: „Nicht zuletzt würde es jenen Flüchtlingen helfen, die wirklich hilfsbedürftig sind und deren Anträge positiv beschieden wurden.“

Die Zahl der nach Hagen kommenden Asylanten war in den beiden Vorjahren relativ stabil. 2017 wurden der Stadt 549 Menschen zugewiesen, 2016 waren es 654. Derzeit steige die Zahl der Asylbewerber leicht an, so Klaus Gierke, Flüchtlingsbeauftragter der Stadt: „Wieviele nach Hagen kommen, regelt der sogenannte Königsteiner Schlüssel. Hagen muss in etwa zwei von 1000 Flüchtlingen in Deutschland aufnehmen.“

Große Notunterkünfte geschlossen

Ende März lebten 745 Asylsuchende in Hagen, davon nur 17 aus sicheren Herkunftsstaaten wie Serbien oder dem Kosovo, die kaum eine Chance auf Anerkennung besitzen. 251 Betroffene stammen aus Ländern mit hoher Anerkennungsquote, allen voran Syrien.

Die vier großen Notunterkünfte (Regenbogenschule Hohenlimburg, Wilhelm-Busch-Schule Halden, Könemannhalle Delstern, Spielbrinkschule Haspe), die das Land NRW 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise in Hagen einrichtete, sind längst geschlossen worden. Derzeit gibt es noch fünf kleinere Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber, darunter die ehemalige Grundschule Kückelhausen. In diesen fünf Objekten sind 328 Flüchtlinge (Bewerber, Geduldete und Anerkannte) untergebracht, weitere 788 leben in Wohnungen.

Schwieriger Umgang

Am schwierigsten sei der Umgang mit jenen Personen, die eine schlechte Aufenthaltsperspektive hätten, berichtet Frau Thomzig. Die Betreuung ist aufwändig, zumal wenn Abschiebungen wie bei jenem jungen Mann aus Guinea anstehen, der auf dem Flugfeld die Polizeibeamten verletzte. Nachdem sie die Abschiebung abgebrochen hatten, wurde er nach Hagen zurückgebracht. Hier lebt er bis heute. Ohne Job, ohne Bleibeperspektive. Wie es weitergeht mit ihm, weiß niemand.

>>Hintergrund: Über 36 000 Ausländer in Hagen

  • Die Stadt Hagen verzeichnet 194 941 Einwohner (Stand: 31. März). Darunter befinden sich 36 778 Ausländer, davon wiederum sind 18 139 EU-Bürger.
  • Die meisten Ausländer stammen aus der Türkei (7279), Italien (3606), Syrien (3457), Griechenland (3327), Rumänien (3291), Polen (2566), Bulgarien (1585), Portugal (1096), Kosovo (949), Kroatien (947), Serbien (777), Bosnien (628), Spanien (609) und Marokko (557).
  • Rund 71 000 Einwohner haben einen Migrationshintergrund.