Hagen. . Vereinfachte Sperrmüllkosten und Müll-Wächter, die nach Abfall-Sündern in Hagen suchen. Diese Vorschläge werden die Gebühren in Hagen verteuern.

Angesichts der Vermüllung in einigen Hagener Wohnbezirken sowie an den Containerstandorten möchte die Stadt in Zusammenarbeit mit dem Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) nicht bloß die Sperrmüllabfuhr auf neue Füße stellen, sondern auch den Kontrolldruck durch den regelmäßigen Einsatz sogenannter „Waste-Watcher“ (Müll-Streifen) deutlich erhöhen. Allerdings steht dafür sämtlichen Hagener Bürgern eine saftige Gebührenerhöhung ins Haus.

Die Voraussetzung

Das Thema Stadtsauberkeit, so haben es auch die WESTFALENPOST-Projekte „Was braucht Hagen?“ und „Bürgerbarometer“ eindrucksvoll unterstrichen, wird von den Bürgern als eines der gravierendsten Mankos in ihrer Heimatstadt wahrgenommen. Ein Ergebnis des Bürgerbarometers, einer repräsentativen Umfrage: 57 Prozent der Hagener wären bereit, generell höhere Abfallgebühren zu zahlen, wenn im Gegenzug die Sperrmüllabfuhr kostenlos würde.

Statistisch pro Jahr zwei Kilo illegaler Abfall pro Bürger

Bislang kostet die Sperrmüllabfuhr an der Haustür den Kunden ebenfalls mindestens 25 Euro. Darin enthalten ist neben der Anfahrt eine Ladezeit von 15 Minuten und ein Ladegewicht von 200 Kilo. Jede weiteren fünf Minuten Ladezeit kosten aktuell noch zehn Euro extra, jede weiteren 10 Kilo Ladevolumen 1,35 Euro extra.

Die Rechnung muss der Besteller direkt vor Ort bezahlen und daher auch persönlich anwesend sein. Auf diesem Wege wurden zuletzt 1904 Tonnen in Hagen gesammelt. Das entspricht etwa zehn Kilo pro Einwohner im Jahr.

Parallel dazu kann Sperrmüll auch per Pkw zur Müllverbrennungsanlage gebracht werden. Hier kostet jede Anlieferung zehn Euro. Dieses Angebot wird etwa 27 000-mal pro Jahr genutzt. Dabei kommen 4350 Tonnen zusammen – etwa 22 Kilo pro Hagener.

Der Hagener Entsorgungsbetrieb sammelt zudem wilde Abfälle am Straßenrand oder an illegalen Kippstellen im Grünen ein. Dies addiert sich auf weitere 118 Tonnen im Jahr.

Weitere 251 Tonnen kommen noch an den Container-Standorten für Papier und Glas hinzu, die gerne als Ablageplätze für Müll aller Art missbraucht werden.

Damit summiert sich die Gesamtmenge an illegal entsorgten Abfällen in Hagen auf knapp zwei Kilo pro Bürger und Jahr. Das entspricht etwa dem bundesdeutschen Durchschnitt bei Städten ähnlicher Größenordnung.

Vor diesem Hintergrund hat die Politik eingefordert, vor allem die Sperrmüllabfuhr effizienter und bürgerfreundlicher zu gestalten. In Zusammenarbeit mit dem Institut für Abfall- und Abwasserwirtschaft (INFA) kristallisierte sich dabei heraus, dass bessere Strukturen allein nicht zum Ziel führen, sondern auch die Überwachung und der Druck durch Bußgelder deutlich verschärft werden müssen.

„Selbst eine kostenlose Sperrgutabfuhr bringt für die Stadtsauberkeit wenig, weil notorische Wildkipper sich für gar nichts interessieren“, verweist HEB-Geschäftsführer Herbert Bleicher auf die Erfahrungen aus anderen Städten.

Der Sperrmüll-Vorschlag

Deshalb plädieren die Branchenexperten nach Abwägung aller Varianten dafür, auch künftig für das Abholen von Sperrmüll 25 Euro zu kassieren. Allerdings als pauschale Festgebühr ohne Zeit- und Mengenlimits. Damit muss der Kunde künftig auch nicht mehr vor Ort sein und womöglich einen kompletten Urlaubstag opfern, wenn das HEB-Team vorfährt, sondern kann den Betrag per Rechnung überweisen. Die damit auflaufenden Mindereinnahmen sollen durch eine zweiprozentige Gebührenerhöhung für die Restmülltonnen aufgefangen werden.

Die Idee, die Sperrmüllanlieferung an der Müllverbrennungsanlage kostenfrei anzubieten, wurde ebenfalls verworfen. „Ein Gratis-Bringsystem würde reichlich Externe anlocken“, meint Bleicher, so dass es am Pfannenofen bei der Anfahrtspauschale von zehn Euro pro Privat-Pkw bleiben soll.

Die Müll-Doppelstreifen

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Parallel, so die Empfehlung der INFA-Gutachter, sollte Hagen nach den positiven Erfahrungen in Wien, Berlin und Hamburg durch den Einsatz von „Waste-Watchern“ versuchen, die Stadtsauberkeit nachhaltig zu verbessern. „Das Umweltamt als auch das Ordnungsamt sind derzeit personell nicht in der Lage, dringend notwendige Maßnahmen zur Verbesserung der Stadtsauberkeit in wünschenswertem Umfang durch Repressionen zu unterstützen“, formuliert die Stadtverwaltung in der Ausschussvorlage zur künftigen Sperrmüllsammlung.

Die neuen Müll-Doppelstreifen sollen sowohl illegal abgestellten Sperrmüll aufspüren, aber auch sonstige Sauberkeitsverstöße im Stadtgebiet ahnden sowie Hundebesitzer verfolgen, die die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner nicht beseitigen. Dabei arbeiten immer ein Kollege des HEB und ein Mitarbeiter der städtischen Umweltverwaltung mit hoheitlichen Durchgriffsrechten Seite an Seite. So dass der Unrat zum einen beseitigt, aber vor allem auch die Verursacher mit Verwarn- und Bußgeldern gleich zur Kasse gebeten werden können.

 Dr. Herbert Bleicher, der Geschäftsführer des Hagener Entsorgungsbetriebs HEB .
Dr. Herbert Bleicher, der Geschäftsführer des Hagener Entsorgungsbetriebs HEB . © Michael Kleinrensing

Die insgesamt acht Teams, die in einem Zweischichtsystem zwischen 7 und 23 Uhr an 365 Tagen im Jahr mit Elektrofahrzeugen unterwegs sein sollen, klingeln auch an Haustüren oder befragen die Nachbarn, um den Kontrolldruck hoch zu halten und Abfallsündern auf die Spur zu kommen. Wien beispielsweise praktiziert dieses Verfahren bereits seit zehn Jahren mit nachhaltig positiven Auswirkungen auf die Stadtsauberkeit. In Hagen sollen die Effekte nach zwei Jahren auf den Prüfstand kommen.

Insgesamt rechnet die Stadt für die „Waste-Watcher“ mit Mehrkosten von gut einer Million Euro. Dafür müssten die Müllgebühren um weitere fünf Prozent erhöht und das Personal in der Bußgeldstelle der Unteren Abfallwirtschaftsbehörde mit Blick auf eine erwartete Verachtfachung der Verfahren aufgestockt werden.