Wehringhausen. . 13 Tage lang, acht Stunden am Tag. Von öffentlichen Plätzen bis in die Gosse der kleinsten Nebenstraßen. Als Reaktion auf das Müllproblem organsiert die Stadt eine große Maßnahme.

  • Beispiellose Säuberungskation in Wehringhausen
  • 13 Tage lang wird kompletter Stadtteil gereinigt
  • Vorbilder sollen Verhalten in Problemgruppen ändern

Eine Reinigungsaktion wie diese hat es in Hagen noch nie zuvor gegeben. Der Stadtteil Wehringhausen wird ab nächster Woche Montag, 13. Juni, bis Samstag, 25. Juni, komplett gereinigt. 13 Tage lang, acht Stunden am Tag. Von öffentlichen Plätzen bis in die Gosse der kleinsten Nebenstraßen. Es ist die Reaktion der Stadt auf den enormen öffentlichen Druck zum Thema Stadtsauberkeit der vergangenen Monate.

Sauger für Fugen in der City schädlich

Die Ratsherren Martin Erlmann (CDU) und Michael Gronwald (Hagen Aktiv) haben sich in Essen ein Bild davon gemacht, wie die dortigen Reinigungsbetriebe den „Glutton“ (zu deutsch: Vielfraß), einen Staubsauger für Abfälle, auf den Straßen zum Einsatz bringen. Erlmann: „Schon beeindruckend. Wir denken, dass es mit Sicherheit eine gute und sinnvolle Ergänzung in Sachen Stadtsauberkeit sein wird. Ein Einsatz kann natürlich auch in den Zentren von Haspe, Hohenlimburg oder Boele erfolgen.“ Der Sauger sei flexibler und effizienter als die kleinen Kehrmaschinen, die in Hagen zum Einsatz kämen. Kosten: etwa 17 000 Euro. Erlmann und Gronwald würden sich wünschen, dass der HEB diese Geräte anschafft.

Detlef Liedtke, Bereichsleiter Technische Dienste beim HEB: „Wir haben dieses Gerät schon im Bereich des Zentralen Busbahnhofs getestet und uns dann dagegen entschieden.“ Das Problem in Hagen sei: Die Fugen des Bodens im Innenstadtbereich seien größtenteils gesandet und nicht mit einer Bitum-Schicht versehen. Beim Saugen würde der Sauger somit den Sand aus sämtlichen Fugen holen. Der HEB setze deshalb auf seine kleine Kehrmaschine („Swingo“, Kosten: 80 000 Euro). Die Kippen vom Boden heben im City-Bereich aber sechs zuständige Mitarbeiter mit einer Zange auf.

Wehringhausen hat ein starkes Müllproblem. Hinterlassenschaften türmen sich auf Gehwegen, öffentliche Plätze werden als Müllsammelstellen missbraucht, und auch in den waldnahen Bereichen fliegt regelmäßig Müll in die Büsche. Für viele hier ist das eine Folge der Zuwanderung. Jüngste Recherchen unserer Zeitung rund um den Wilhelmsplatz haben dieses Stimmungsbild ganz klar ergeben. Nicht nur deutsche, auch etablierte und besser integrierte Ausländer schimpfen auf das unhygienische und rücksichtlose Entsorgungsverhalten von rumänischen und bulgarischen Mitbürgern.

Parallelgesellschaften durch Vorbilder ansprechen

Jene Parallelgesellschaften sollen bei der konzertierten Aktion „Ja, sauber! Wehringhausen“ gezielt durch sogenannte „Role-Models“ (zu deutsch: Vorbilder) angesprochen werden. „Es gibt in Wehringhausen beispielsweise einen Rumänen, der das absolute Gegenteil ist und sich vorbildhaft verhält“, sagt Elke Kramer aus dem Fachbereich des Oberbürgermeisters. Der Mann habe begonnen, den verdreckten Stadtteil selbst zu reinigen, indem er den Müll aufsammelt. „Menschen wie dieser Herr werden uns helfen, bestimmte Gruppen ansprechen zu können“, sagt Gürkan Callar vom Quartiersmanagement. Die Anzahl dieser „Vorbilder“ ist noch überschaubar.

Sehr intensiv wird der Hagener Entsorgungsbetrieb (HEB) in der 13-tägigen Aktionsphase den Stadtteil beackern. Systematisch werden 40 Mitarbeiter mit dem Besen sowie 25 kleinen und großen Kehrmaschinen den gesamten Stadtteil reinigen. „Öffentliche Flächen, aber auch die Bereiche für die eigentlich die Hauseigentümer zuständig sind“, sagt HEB-Vorstand Herbert Bleicher. Noch immer sei es in großen Teilen der Bevölkerung überhaupt nicht klar, dass die Straßenreinigungspflicht aller Gehwege per Satzung den Eigentümern der an sie angrenzenden Häuser auferlegt ist. Jeder kehrt demnach vor seiner eigenen Haustür.

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Zwei Wochen, acht Stunden täglich, wird der HEB diese Aufgabe vor Privathäusern in Wehringhausen mit übernehmen. Normalerweise werden in Wehringhausen zweimal wöchentlich die Straßen gereinigt. Bürger werden gebeten, ihr Auto im Aktionszeitraum 30 Zentimeter vom Fahrbahnrand entfernt zu parken, damit die Rinne gefegt werden kann. Dazu die Bitte, Müll in Säcken zu sammeln und an den Gehwegrand zu stellen und Kehricht in die Fahrbahnmitte zu fegen, wo die Kehrmaschine ihn aufnehmen kann.

Enormer Organisationsaufwand

Der Organisations für die Aktion ist enorm. Hunderte Flyer sind gedruckt, der HEB verteilt eine Broschüre in 13 Sprachen im gesamten Stadtteil, worin das Müllsystem richtig erklärt wird. 1000 Exemplare seien schon weg, weitere werden nachgedruckt. „Ich bin mir bewusst, dass es heißen wird: Ihr macht jetzt zwei Wochen eine Aktion und danach ist alles wie vorher“, sagt Oberbürgermeister Erik O. Schulz. „Aber es zu lassen, nur weil es nichts werden könnte, ist ganz sicher nicht der richtige Weg. Wir wollen den sozialen Druck erhöhen, ein Wir-Gefühl erzeugen und Nachhaltigkeit in die Müllproblematik bringen. Deshalb habe ich das Thema Stadtsauberkeit bewusst zur Chefsache gemacht.“