Hagen. . Der Schauspieler Tabin Sambrea, der Musiker Pablo Held und neun weitere Kulturschaffende aus ganz Deutschland, die in Hagen ihre Wurzeln haben, wenden sich gegen den Theatersparkurs.
- Gewerkschaften kritisieren „Knebelvertrag“ für neuen Intendanten
- Grund ist das 1,5-Millionen-Euro- Sparziel für das Theater Hagen
- Künstler mit Hagener Wurzeln schreiben Protestbrief
Dem Theater Hagen stehen ganz entscheidende Tage bevor: Nach WP-Informationen wird in der kommenden Woche endgültig über den neuen Intendanten entschieden. Favorit ist ganz offensichtlich weiter der bisherige Marketingleiter Jürgen
Pottebaum. Und beim Theaterförderverein steht bereits am morgigen Sonntag ein Führungswechsel an: Klaus Hacker tritt an der Spitze ab. Kandidat für die Nachfolge ist Dr. Peter Born. Und auch die zweite Vorsitzende Helga Feyerabend wird abtreten, Michael König wird ihr voraussichtlich nachfolgen.
Aufhorchen lässt im Vorfeld dieser Entscheidungen ein offener Brief von elf in Hagen geborenen und aufgewachsenen Theater- und Musikschaffendenden (darunter Sabin Tambrea und Pablo Held), die sich gegen die geplanten Einsparungen wenden. Adressiert ist er an Oberbürgermeister Erik O. Schulz, Kulturdezernent Thomas Huyeng, die Ratsmitglieder, aber auch an Hagener Bürger.
Verbände sehen „Knebelvertrag“
Die Unterzeichner des Protestschreibens
Unterzeichnet haben den Aufruf: Jan Philipp Gloger, Berlin (Opern- und Schauspielregisseur); Prof. Ulrich Walther, Graz (Organist), Sabin Tambrea, Berlin (Schauspieler), Christopher Peter, Mainz (Verlag Schott Music), Pablo Held, Köln (Jazzpianist und Komponist); Annette Walther, Düsseldorf (Violinistin), Cornelia Walther, Frankfurt am Main (Cellistin), Sascha Kölzow, Wiesbaden (Dramaturg), Patrick Hahn, Köln, Künstlerischer Programmplaner Gürzenich Orchester), Mareike Winter, Köln (Leiterin Öffentlichkeitsarbeit Ensemble Musikfabrik), Bartholomäus Martin Kleppek, Dortmund (Bühnen- und Kostümbildner).
Die Unterzeichner sind inzwischen an verschiedenen europäischen Opern- und Schauspielhäusern tätig, waren in Film- und Fernsehrollen zu sehen oder haben eine Professur. „Zu Biographien wie unseren gehört als integraler Bestandteil und Treibstoff für die Initialzündung die Kulturszene unserer Heimatstadt, die nun in ihrem Kern, dem Theater, bedroht ist“, heißt es in dem Schreiben.
Mit „Besorgnis und wachsender Empörung“ beobachte man die derzeitige Entwicklung. Man teile ausdrücklich die Position des Deutschen Bühnenvereins. Der hatte erklärt, dass die Hagener Kulturpolitik „haarsträubend und kurzsichtig“ sei (unserer Zeitung berichtete).
Unfair gegenüber Intendanten-Kandidaten
Kritik an den Sparplänen für das Hagener Theater ist völlig legitim. Dass sich eine Gruppe renommierter Theater- und Musikschaffender, die hier in Hagen kulturell sozialisiert worden ist, dem Thema auch sehr emotional widmet, ist verständlich. Und eine Gewerkschaft darf sicherlich den Finger in die Wunde legen. Keiner behauptet, dass der Sparkurs nicht schmerzlich ist. Unredlich und unfair ist aber, dass die beiden Bühnen-Gewerkschaften einem Kandidaten, der das Sparziel von 1,5 Millionen-Euro annimmt, indirekt die Qualifikation absprechen. Dieser könne und wolle dann den Theaterstandort nicht erhalten. Um es ganz deutlich zu sagen: Die Sparentscheidung ist vom Rat demokratisch legitimiert. Wenn nun ein Intendanten-Kandidat dieses demokratische Votum annimmt und zumindest versuchen will, es mit Leben zu füllen, dann ist das nicht verwerflich. Dann verdient das Respekt.
Die elf Kunsttreibenden appellieren an die Politik: „Lernen Sie aus den Fehlern Ihrer Kollegen in anderen Städten. Berauben Sie unsere Heimatstadt nicht ihres künstlerischen und kulturellen Rückgrats.“ Die Unterzeichner hoffen nun auf weitere Unterstützer aus der Bürgerschaft und auf Proteste.
Auch die Künstlergenossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) und die Vereinigung deutscher Opernchöre und Bühnentänzer (VdO) kritisieren mit harschen Worten die Hagener Kulturpolitik. Man fordere die Stadt auf, „auf den vorgesehenen Knebelvertrag mit einem neuen Intendanten für das städtische Theater zu verzichten“. Dass der neue Intendant als Einstellungsvoraussetzung eine weitere Kürzung des Etats um 1,5 Millionen Euro akzeptieren solle, sei unseriös. VdO-Geschäftsführer Tobias Könemann: „Zu solchen Bedingungen wird man keine qualifizierten Bewerber bekommen, die ernsthaft den Erhalt dieses wichtigen Theaterstandorts fördern können und wollen.“