Hagen. . Die Einkaufssituation in Hagen kann sich durchaus sehen lassen. Allerdings werden individuellere Angebote und bessere Parkmöglichkeiten gewünscht.

Diese eine Zahl zeigt, wie wichtig das Thema Einkaufen für Hagen ist: Gut eine Milliarde Euro Umsatz machen die rund 1100 Einzelhandelsbetriebe im Stadtgebiet auf gut 306.000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Und es gibt noch Luft nach oben. Ein Nachfragepotenzial von 1,6 Milliarden Euro gibt es für Hagen. Das alles haben die Gutachter ermittelt, die den Entwurf für die Fortschreibung des Hagener Einzelhandelskonzept verfasst haben.

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Hagen schlägt sich nicht schlecht – das ist etwas salopp ausgedrückt – das Fazit der Gutachter. Bei der großen Dichte von Großstädten in der Region hat Hagen eigentlich einen guten Zentralitätswert von 103. Ein Spezialausdruck, der darstellt, was größer ist: Der Kaufkraftabfluss, wenn Hagener anderswo einkaufen. Oder der Kaufkraftzufluss, wenn Auswärtige in Hagen einkaufen. 90 bis 110 ist für eine Stadt in einem Ballungszentrum wie dem Ruhrgebiet Durchschnitt. Hagens Wert von 103 ist also in Ordnung.

Doch spiegeln diese Werte der Gutachter auch das Gefühl der Hagener Bürger wider? Sowohl als auch – so muss die Antwort lauten. Denn es gibt sehr wohl generelles Lob für den Einkaufsstandort Hagen. Aber auch Kritik und ganz spezielle Wünsche. Insgesamt ist es jedenfalls einer der Themenkomplexe, auf die es die meisten Reaktionen gab.

Ganz individuelle Wünsche

Bisweilen sind die Wünsche sehr individuell: Die einen möchten unbedingt, dass sich Primark in Hagen ansiedelt, der andere findet das ganz fürchterlich. Luca Burggraf zum Beispiel fehlen in Hagen die kleinen individuellen Läden. Angelika Budde mahnt an, dass man auch Kleidung ab Größe 50 oder für die Generation 70-plus nicht aus den Augen verlieren dürfe.

Umfrage "Einkaufen"

Tina Junker

Das Besondere muss in der Hagener Innenstadt mehr vertreten sein. Der Kunde mit Kaufkraft braucht mehr als H&M, Zara und andere Filialisten. Das Ambiente der Stadt ist wichtig für ein gutes Bummelgefühl.

Ishana Kumbruch

Mit der Einkaufssituation in Hagen bin ich im Grunde sehr zufrieden. Hagen ist da sehr gut aufgestellt. Viele haben sich sicher gefragt, ob eine zweite riesige Einkaufs-Mall wirklich notwendig war, aber es bleibt Hagen gar nichts anderes übrig, als auf diese Art in seine Einkaufs-Attraktivität zu investieren – wenn die Stadt sich im Konkurrenzkampf mit den umliegenden Städten, insbesondere Dortmund, als Oberzentrum weiterhin behaupten will.

Denis Jahic

Die Auswahl der Geschäfte muss besser werden. Wir haben zu viele Läden, die kein großes Publikum ziehen. Attraktive Läden ziehen auch Menschen aus den umliegenden Städten nach Hagen, gerade mit der zentralen Lage müsste man viel mehr daraus machen. Dafür haben wir genug Bäcker und Handyläden. Ich hoffe, dass man größere Unternehmen für Hagen gewinnen kann, um so die Stadt und auch die Fußgängerzone für Nachbarstädte attraktiver zu machen.

Steve Siemer

Hagen hat kein Alleinstellungsmerkmal. Einzig und allein große Unternehmen können und wollen die komplett überteuerten Ladenmieten bezahlen. Menschen mit guten Ideen wird oft im Vorfeld schon der Wind aus den Segeln genommen. Dann haben wir da die Gewerbesteuer. Konzepte, die tatsächlich Kaufkraft durch ihre Einzigartigkeit nach Hagen bringen könnten, stehen in Konkurrenz zu den 100 verschiedenen Ketten, links und rechts davon.

Patrick Bendzin

Und wie sieht es mit kundenfreundlichen Öffnungszeiten aus? Wenn um halb sieben schon die Hälfte der Läden zumacht, brauch ich nicht mehr in die Stadt zu fahren. Ist mir besonders während des Weihnachtsmarkts aufgefallen. Stadt voll, Läden geschlossen.

Betül Serkan Metin

Vielleicht braucht Hagen mal Parkplätze, die etwas günstiger sind, bzw. mehr kostenfreie Parkplätze für ein bis zwei Stunden.

Christoph Schledorn

Ich finde trotz zig Geschäften die Auswahl und Produkttiefe schlecht. In gleichen Läden in anderen Städten ist die Auswahl um ein Vielfaches besser.

Ulla Krestch

Ich finde Hohenlimburg ist ein schönes „Städtchen“ mit einer reizvollen Fußgängerzone. Leider sind die Einkaufsmöglichkeiten sehr begrenzt. Es wäre wünschenswert, wenn unsere Innenstadt einen Drogeriemarkt bekommen würde.Vielleicht wären dadurch noch andere, „Ladenlokalinteressierte“, eher bereit, sich in der Innenstadt einzubringen.

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Aber es lassen sich aus den Leserzuschriften auch Wünsche und Kritik generalisieren: So wird das Parken als zu teuer empfunden. Und zumindest für kurze Erledigungen werden mehr kostenfreie Kurzzeitparkmöglichkeiten gefordert. Die Öffnungszeiten sind auch ein großes Thema: Einheitlicher sollen sie sein, und abends sollen die Geschäfte nicht zu früh schließen. Genauso wünschen sich unsere Leserinnen und Leser mehr individuelle Läden, also nicht die Marken und Ketten, die es auch in anderen Städten gibt. Wichtig ist das Umfeld: Man will in einer schönen Innenstadt bummeln gehen, Ambiente muss sein.

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Die Kommunalpolitik oder die Stadtverwaltung haben hier bedingt Einfluss – vor allem über die Bauleitplanung. Mit Flächennutzungs- und Bebauungsplänen kann geregelt werden, was sich wo ansiedeln kann oder soll. Die Stadt kann aber nicht beschließen, welche Läden und ­Ketten sich hier ansiedeln sollen.

Fußgängerzone erst ab C&A?

Klare Grundsätze, wie Politik und Verwaltung künftig diese Hebel der Bauleitplanung nutzen wollen, gibt es in dem Entwurf für das Einzelhandelskonzept: Die Innenstadt genießt Priorität bei der weiteren Entwicklung. Also: Neue Verkaufsflächen für zentrenrelevante Produkte wie Lebensmittel, Mode, Bücher oder auch einen Großteil von Elek­trowaren soll es nur hier geben oder in den Nebenzentren Boele, Eilpe, Haspe-Zentrum und Hohenlimburg. Handel auf der „grünen Wiese“ mit zentrenrelevanten Artikeln soll es nicht mehr geben. Beispiel: Ein Komplex wie Real in Bathey ist nicht mehr erwünscht.

Was braucht Hagen?

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    Ein Fachmann wie Christian Isenbeck, früher Vorsitzender des Stadtmarketingvereins, sieht aber auch an anderen Stellen Potenzial, wie Politik und Verwaltung auf die veränderte Einkaufslandschaft eingehen können: „Aufgrund der sich völlig veränderten A-Lagen-Situation im Bereich der Elberfelder Straße müsste man überlegen, ob die Fußgängerzone nicht erst bei C&A beginnen sollte und im Bereich Theater bis Karl-Marx-Straße Kurzzeitparkplätze angeboten werden.“

    "Mit weniger Bürokratie besseres Klima für Einzelhändler schaffen" 

    Jörg Wirz ist Optiker und Hörgeräteakustiker in Haspe:

    "Nicht alle Probleme, die die Geschäftsleute – insbesondere auch in den Hagener Stadtteilen – treffen, können hier in Hagen gelöst werden. Dass immer mehr Menschen im Internet Artikel bestellen, ist ein allgemeines Phänomen.

    Jörg Wirz ist Optiker und Hörgeräteakustiker in Haspe.
    Jörg Wirz ist Optiker und Hörgeräteakustiker in Haspe. © WP

    Mit der Unterstützung eines freien Wlan-Netzes durch das Stadtmarketing der Hagen-Agentur wird dieser Trend im Zweifel aber noch verstärkt, weil Kunden noch mehr dazu animiert werden, sich im Laden vor Ort zu informieren, aber dann womöglich bei einem billigeren Anbieter im Internet kaufen. Eine sehr gute Idee wäre es dagegen, wenn es wirklich ein gemeinsames Portal der Hagener Händler geben würde, in dem sie einen virtuellen Verkaufsplatz einrichten können.

    An einem Punkt kann die Stadt etwas tun, speziell auch für die Stadtteile: Es muss ein freundliches Klima geschaffen werden für Einzelhändler. Wenn ich etwa vor meinem Geschäft, das außerhalb der Hasper Fußgängerzone liegt, keine Werbe-Beachflag aufstellen darf, oder wenn ich ein Werbeschild nur direkt an der Hauswand aufstellen darf, wo keiner es sieht, dann ist das Bürokratie, die es Händlern schwer macht und die in anderen Städten so nicht stattfindet. Und natürlich wünschen wir uns, dass wir besser von der Politik gehört werden. Ich habe das Gefühl, dass sich manche nicht genug für uns interessieren."

    "Mit kostengünstigem Parken ein besserer Empfang in der Innenstadt" 

    Jonas Kubon aus Boele forscht zur Einkaufssituation:

    "Im Rahmen meiner Bachelorarbeit „Akzeptanzanalyse des Einzelhandelsstandorts der Hagener Innenstadt aus Sicht von Kunden und Besuchern“, konnte ich Defizite und Handlungsmöglichkeiten identifizieren. An der Abschlussarbeit nahmen bei einer Umfrage im Frühjahr diesen Jahres 155 Personen teil.

    Jonas Kubon aus Boele forscht an der Uni Münster zur Einkaufssituation.
    Jonas Kubon aus Boele forscht an der Uni Münster zur Einkaufssituation. © Privat

    Auf drei Kernbereiche müsste sich Hagen demnach konzentrieren, um die gute Position im Wettbewerb zu festigen:

    • Die grundsätzlich als Einkaufsort akzeptierte Innenstadt zeigt Schwächen beim Vorhandensein von Fachgeschäften und einem zu niedrig spezialisiertem Einzelhandelsangebot. Das gilt vor allem für die Sortimente der Bekleidung und Hobbybedarf. Durch eine Ansiedlung von weiteren Fachgeschäften und Betriebsformen, die ein klares Angebotsprofil aufweisen, kann die Spezialisierung des Angebots erfolgen.
    • Daneben muss Hagen den Kurs der städtebaulichen Aufwertung weiter fortsetzen. Durch Maßnahmen der gestalterischen Aufwertung kann die Einkaufsatmosphäre gesteigert und die Aufenthaltsqualität gefördert werden.
    • Es sollten mehr kostenfreie bzw. kostengünstige, innenstadtnahe Parkmöglichkeiten geprüft werden. Dadurch würde eine verbesserte Empfangssituation geschaffen werden, die die Qualität der Innenstadt weiter steigen lässt."