Hagen-Delstern. . Hagen erwartet mehr Flüchtlinge: In Delstern werden ab dem Wochenende weitere 800 Menschen untergebracht.

Auf dringende Bitte der Bezirksregierung Arnsberg bringt die Stadt Hagen am morgigen Samstagnachmittag etwa 150 weitere Flüchtlinge auf dem Gelände der ehemaligen Firma Könemann an der Delsterner Straße unter. Die Unterkunft wurde gestern angemietet. Die Industriehalle wird zurzeit bewohnbar gemacht und alle notwendigen Maßnahmen bezüglich Gesundheit, Sicherheit, Bauordnung und Brandschutz umgesetzt.

Johanniter übernehmen Betreuung

Im Laufe der nächsten Woche rechnet die Stadtverwaltung mit weiteren 250 Asylbewerbern, so dass dort bereits in einer Woche etwa 400 Menschen leben sollen. Die Betreuung übernehmen die Johanniter. Insgesamt umfasst die Unterkunft eine Kapazität von bis zu 800 Plätzen, die in der nächsten Zeit auch komplett ausgeschöpft werden soll.

FlüchtlingeOberbürgermeister Erik O. Schulz appellierte gestern im Gespräch mit dieser Zeitung an alle Bürger, diesen erneuten, massiven Flüchtlingszustrom trotz aller Skepsis und Sorgen mit dem gebotenen Respekt den Menschen gegenüber zu akzeptieren. „Ich hoffe, dass die Hagener mit ihrer Hilfsbereitschaft nicht nachlassen“, weiß der Verwaltungschef sehr wohl, welch riesige Herausforderungen auf die Stadt, aber auch auf die Quartiere zukommen.

„Ich kann daher lediglich an die Mitmenschlichkeit aller appellieren. Wir müssen uns immer wieder vor Augen führen was diese Flüchtlinge in Syrien oder im Irak erlebt haben und welche Risiken nach ihren Wegen über den Balkan oder auch das Mittelmeer hinter ihnen liegen.“ Gleichzeitig machte Schulz deutlich, dass er die wachsenden Sorgen der Hagener ausgesprochen ernst nehme und sehr wohl wisse, dass man die Bereitschaft zu Toleranz und Willkommenskultur nicht überstrapazieren dürfe. „Gegenüber Innenminister Jäger habe ich daher die unbedingte Erwartung formuliert, dass die Verteilung der Flüchtlinge über die Kommunen und Regierungsbezirke hinweg gerechter erfolgt als bislang.“

Amtshilfeersuchen der Bezirksregierung an Stadt Hagen 

Die Bezirksregierung war mit einem formalen Amtshilfeersuchen bereits am späten Mittwoch an die Stadt Hagen herangetreten, weitere Unterbringungskapazitäten für mehr als 500 Flüchtlinge bereitzustellen. Da die meisten Immobilien in Hagen solchen Menschenmengen kaum Platz bieten und der Max-Bahr-Baumarkt in Eckesey bauordnungsrechtlich und brandschutztechnisch eher schwierig herzurichten ist, fiel der Fokus auf die Könemann-Immobilie in Delstern. Als ein potenzieller Käufer für das Gewerbeobjekt auch noch absagte, waren die Würfel gefallen.

Gesundheitsamt Hagen sucht händeringend engagierte Mediziner

Angesichts der weiteren Aufnahme von Flüchtlingen im Gebäude der Firma Könemann in Delstern sucht das Gesundheitsamt für die Erstuntersuchung und Impfung in dieser Einrichtung engagierte Mediziner.

Gefragt sind hier neben niedergelassenen Hausärzten, Ärzten aus Krankenhäusern und Ärzten im Ruhestand insbesondere Kinderärzte aufgrund der hohen Anzahl von Kindern, die in Hagen erwartet werden.

Wer sich hier einbringen möchte, sollte sich telefonisch melden unter 207 36 91 oder eine E-Mail mit seinen Kontaktdaten an gesundheitsamt@stadt-hagen.de schicken.

„Für den Standort spricht, dass wir so die Verteilungsgerechtigkeit zwischen den Stadtteilen bewahren können“, ist sich Schulz bewusst, dass eine Unterbringung von weiteren 300 Flüchtlingen in der Pestalozzi-Schule erneut in Hohenlimburg den Stadtbezirk an seine Belastungsgrenzen bringen würde.

„Wir erleben beinah täglich eine dramatische Verschärfung der Flüchtlingszahlen“, möchte der Oberbürgermeister inzwischen keine Prognosen mehr abgeben, wo Hagen zum Jahresende steht. Sozialdezernentin Margarita Kaufmann hatte vor Wochenfrist im Rat noch hochgerechnet, dass Hagen bis Jahresende lediglich noch 500 weitere Menschen aus den Krisengebieten Afrikas und des Nahen Ostens verkraften müsse – diese Zahl wurde gestern bereits wieder pulverisiert. Schulz mahnte daher auch erneut eine breitere finanzielle Unterstützung von Bund und Land an und forderte, die Entscheidungsfindung bei den Asylverfahren deutlich zu beschleunigen, um Druck vom Kessel zu nehmen.