Gevelsberg. .
„Wir brauchen auch die Dachgeschosswohnung, in der die Oma wohnen sollte, die aber dann gestorben ist“, appellierte Bürgermeister Claus Jacobi im Ausschuss für Senioren, Gesundheit und Soziales an die Bürger der Stadt. Die Lage durch den Andrang der Flüchtlinge sei in den Sommermonaten so dramatisch geworden, dass der zuständige Fachbereichsleiter Michael Pfleging sich nicht mehr vorstellen kann, dass das Aufstellen von Wohn-Containern in der Stadt vermieden werden könnte.
Auf eine Bitte von Jacobi hat der Bauverein Gevelsberg bereits reagiert und leerstehende Wohnungen zur Verfügung gestellt. „Wir brauchen aber nicht nur die Hilfe der großen Immobilienbesitzer, wir brauchen alle“, so Jacobi. Die Stadt, so Pfleging, habe sich auch Gewerbehallen angesehen und geprüft, ob Flüchtlinge dort menschlich untergebracht werden könnten. Meist würde das an Brandschutzvorschriften scheitern oder daran, dass mobile sanitäre Anlagen auf dem Markt nicht mehr zu bekommen seien.
Ob das ehemalige Praktiker-Gebäude an der Hagener Straße nicht eine Antwort, „auf eine Frage, die immer mehr unseren Alltag bestimmt“ sei, wollte Nils Buchartowski von der CDU wissen. Pfleging: „Wir haben bereits das Gespräch mit dem Eigentümer gesucht, sind aber auf keine positive Resonanz gestoßen.“
Vereine zeigen Verständnis
Wenn Menschen, die hier Sicherheit für sich und ihre Familien suchen, in der Turnhalle der Grundschule Silschede untergebracht werden müssten, dann sei das auf keinen Fall als Dauerlösung gedacht. „Wir müssen aber auf eine Notsituation vorbereitet sein. Die Halle könnten wir mit fünf Tagen Vorlaufzeit als Unterkunft nutzen.“ Dann könnten dort bis zu 40 Menschen kurzzeitig leben. „Wir haben uns mit allen Vereinen, die von dieser Maßnahme betroffen sein könnten, in Verbindung gesetzt. Alle haben großes Verständnis gezeigt“, lobte der Bürgermeister. Die Turnhalle Vogelsang sei deshalb ausgewählt worden, „weil sie räumlich völlig vom Schulleben getrennt ist.“
Nach Pflegings Angaben sind im vergangenen Jahr 97 Flüchtlinge nach Gevelsberg gekommen. In diesem Jahr seien es bisher bereits 148 Menschen, die Schutz suchen. „Wir kalkulieren mit insgesamt 300 Menschen bis zum Jahresende, wenn die Prognosen auf Bundesebene nicht erhöht werden“, so der Fachbereichsleiter. Im nächsten Jahr müsse die Stadt mit der Ankunft von 380 Menschen aus Krisengebieten rechnen.
Kommt aus Arnsberg die Ankündigung von neuen Flüchtlingen, dann habe die Stadtverwaltung nur zwei Tage Zeit, für sie eine Unterkunft zu beschaffen, beschreibt Pfleging die Situation, die er mit seinen Mitarbeitern bewältigen muss. Sie kämmen erst einmal in ein städtisches Heim. „Wir wollen uns einen ersten Eindruck von den Menschen verschaffen“, erklärt der Fachbereichsleiter die Vorgehensweise. Wenn sie in Privatwohnungen untergebracht würden, handele es sich nur im Einzelfall um Männern, sondern fast nur um Familien und Frauen. „Viele von ihnen würde in jede Hausgemeinschaft passen“, versicherte der Bürgermeister. Die Immobilienbesitzer würden auch kein Mietverhältnis mit den Bewohnern, sondern mit der Stadt Gevelsberg eingehen. „Den Flüchtlingen wird damit eine Wohnung von uns zugewiesen. Das können wir dann jederzeit ändern, wenn sich Probleme ergeben“, verdeutlich der Bürgermeister.
Die meisten Flüchtlinge, die inzwischen in Gevelsberg leben, kommen aus dem Westbalkan. Es sind 110 Frauen, Männer und Kinder. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt allerdings eine andere Zahl: Der Stadt stehen zurzeit nur noch zwölf Restplätze zur Verfügung, um Flüchtlinge unterzubringen.