Hagen. . Die Strategieberater von Roland Berger setzen bei der Enervie AG auf einen knallharten Sanierungskurs. Dazu gehört auch der Abbau von 460 Arbeitsplätzen.

Der Enervie AG droht bis Ende 2019 ein knallharter Sanierungskurs. Dazu gehört neben einer Reduzierung der Personaldecke von aktuell 1260 auf künftig 800 Vollzeitstellen auch ein konsequenter Abbau von Vergünstigungen und die Reduzierung des Führungsoverheads. Auf die begehrten Dividendenausschüttungen in Millionen­höhe brauchen die Anteilseigner in diesem Zeitraum überhaupt nicht mehr zu hoffen.

Im nicht-öffentlichen Teil der jüngsten Ratssitzung hatten die von den Banken installierten Strategieexperten der Unternehmensberatung Roland Berger einen andert­halbstündigen Informationsauftritt. Dabei sendeten Dr. Torsten Henzelmann und sein Kollege Dr. Thomas Knecht das grundsätzlich positive Signal aus, dass sie angesichts der Unternehmensdaten und -strukturen den heimischen Energieversorger für grundsätzlich sanierungsfähig halten.

Rentierliche Investitionen

Die Sanierung des Wasserwerks in Hengstey im Volumen von 15 Millionen Euro halten die Wirtschaftsprüfer für eine sinnvolle Investition. Diese Ausgabe sei in den Restrukturierungsplan bereits eingepreist.

Auch am Pumpspeicherwerk in Rönkhausen möchten die externen Experten festhalten. Hier muss die Anlage für 25 Millionen Euro saniert werden.

Ob auch die Sanierungswürdigkeit vorliege, es also einen Konsens zwischen den Banken, dem Unternehmen und den Anteilseignern gebe, Enervie gemeinsam durch die existenzbedrohende Liquiditätskrise zur tragen, müssten jetzt die Gesellschafter beweisen. Vor diesem Hintergrund entschied der Hagener Rat am Donnerstagabend, Enervie mit einem 30-Millionen-Euro-Darlehen vor der Plan­insolvenz zu retten – die Anteilseigner Lüdenscheid und Remondis ­sollen in der kommenden Woche noch einmal die selbe Summe bereitstellen.

Nullrunden bei den Tarifen

Das Roland-Berger-Duo machte deutlich, dass sich die Mitarbeiter bis 2019 auf Tarif-Nullrunden und weiteren Entgelt-Verzicht einstellen müssten. Grundsätzlich verfüge Enervie über einen viel zu üppigen Verwaltungs-Overhead, ein zu hohes Gehaltsniveau, eine überdimensionierte mittlere Führungsebene und veraltete IT-Standards. Die Wirtschaftsergebnisse der Vorjahre, so machten die Sanierungsberater bei der Vorlage ihrer Restrukturierungsvorschläge deutlich, seien unbefriedigend ausgefallen.

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Das Management habe viel zu lange an der Erzeugungssparte festgehalten und die Kundenbindung innerhalb der Region aus den Augen verloren. Die Berater empfehlen, sich von sämtlichen Erzeugungseinrichtungen abseits der Wasser-, Wind- und Photovoltaik-Technologie zu trennen und in Zukunft konsequent auf Blockheiztechnik zu setzen sowie als ­Service-Dienstleister für Kleinanlagen aufzutreten.

Darüber hinaus, so das Signal des Hagener Rates, soll jetzt neben Grundstücks- und Immobilienverkäufen geprüft werden, inwieweit der Wirtschaftsbetrieb Hagen im Sale-and-lease-back-Verfahren (Rückmietkauf) das Wassernetz für 100 Millionen Euro übernehmen könne. Dadurch würde Enervie auf einen Schlag erhebliche Liquidität verschafft und die Eigenkapital­quote wieder auf etwa 20 Prozent angehoben.

40 Millionen für Sozialplan gefordert

Enervie-Gesamtbetriebsratsvorsitzender Thomas Majewski erwartet angesichts dieser Entwicklungen in der nächsten Woche erhebliche Unruhe innerhalb der Belegschaft. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie wir diesen Personalabbau durch Prozessverbesserungen noch wuppen sollen“, hat er sich auf die Fahnen geschrieben, möglichst viele Stellen zu retten: „Eine Ausstattung des Sozialplanes mit 40 Millionen Euro ist für uns das Minimum.“