Hagen. Die Planungen befinden sich in einem äußerst frühen Stadium. Aber: Im Hagener Süden könnten in Zukunft 20 neue Windräder aufgestellt werden.
Während sich in Hohenlimburg im Wesselbachtal der Widerstand gegen geplante Windkraftanlagen regt, sieht man den Plänen für weitere Windräder mit einer Höhe von bis zu 200 Metern auf den Höhen im Hagener Süden relativ gelassen entgegen. Was auch daran liegen mag, dass sich um den Forstwirt Christian Rose (Deipenbrink) 16 Waldbesitzer zur Bürgerwind Hagen-Süd GbR zusammengeschlossen haben. Sie sehen ökologisches und wirtschaftliches Potenzial.
Das gilt auch für den Energieversorger Enervie, die Firma SL Windenergie GmbH aus Gladbeck sowie den Fürsten Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg, der ebenfalls Flächen bereitstellt. In enger Zusammenarbeit wollen die Beteiligten Vorurteile gegen Windkraftanlagen abbauen. Dazu dient auch eine Informationsveranstaltung der Stadt am 26. Juni, 19 Uhr, im Richarda-Huch-Gymnasium, in der es um mögliche neue Konzentrationszonen für Windkraft geht (siehe Karte). Zehn Windräder drehen sich bereits auf den Höhen im Süden. „Die Menschen waren anfangs auch skeptisch“, sagt Christian Rose, „mittlerweile aber haben wir uns längst an die Windräder gewöhnt. Die stören keinen mehr.“
Der Hagener Süden
Jetzt wollen die Forstwirte selbst in Windkraft investieren und Flächen zur Verfügung stellen. „Wir haben alle land- und forstwirtschaftliche Wurzeln“, sagt Christian Rose, „da ist man es gewohnt, in Generationen zu denken. Hinzu kommt, dass wir die Auswirkungen des Klimawandels schon jetzt spüren. Als Land- und Forstwirte wollen wir so einen Beitrag leisten, die Folgen des Klimawandels zu minimieren.“ Die Kyrill-Flächen, auf denen neue Windkraftanlagen gebaut werden sollen, seien weiter entfernt von Wohnbebauung als die Bestandsanlagen. „Die Autobahn 45 oder das Rauschen des Waldes sind lauter“, so Rose.
Der Hagener Osten
Weitaus größer scheinen die Vorbehalte im Hagener Osten (unsere Zeitung berichtete). Insbesondere im oberen Wesselbachtal und in der Nahmer sind Anwohner skeptisch. Unterstützung erfahren sie von Mitgliedern der Bezirksvertretung Hohenlimburg. Sorge haben die Menschen vor Infraschall, dem Lärm, der durch die Anlagen verursacht wird und dem Wertverlust, der ihrem Eigentum in der Nähe der Anlagen schadet. Formiert hat sich der Widerstand auch auf Facebook. „GWH – Gegen Windkraft in Hohenlimburg“ nennt sich eine Seite, die 163 Nutzern gefällt.
Die Planung
Skepsis, der die Windkraft-Befürworter entgegen treten wollen. Mit Aufklärung, gezielter Information. „Wir sehen uns derzeit als Begleiter des Verfahrens, das bei der Stadt Hagen liegt“, sagt Joachim Schulenberg, Teamleiter Projektentwicklung bei SL Windenergie, „wichtig ist größtmögliche Transparenz.“ Gleichzeitig macht er aufmerksam auf die frühe Phase, in der sich die Planungen befinden: „Was wir derzeit diskutieren ist ein Entwurf. Der eigentliche politische Beschluss folgt.“
So funktioniert das Planverfahren
Verwaltungen haben die Möglichkeit, Standorte für Windkraftanlagen über den Flächennutzungsplan zu steuern. Davon macht auch Hagen Gebrauch, die Karte zeigt mehrere Konzentrationszonen.
Das öffentlich-rechtliche Planverfahren hat erst begonnen. Hierzu können Anregungen geäußert werden. Dadurch kann sich der Entwurf ändern.
Der geänderte Entwurf durchläuft erneut das Planungsverfahren, bevor er beschlossen wird.
Für die Betreiber schließt sich ein Genehmigungsverfahren an.
Der Plan weist mehrere Konzentrationszonen aus, an denen insgesamt 20 neue Windräder gebaut werden könnten. „Solch eine Konzentration verhindert die Verspagelung der Landschaft“, sagt Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg, „auch große Anlagen verringern die Anzahl. Gehen wir derzeit von maximal sieben Anlagen im Bereich Hohenlimburg aus, so wären das früher bis zu 30 kleinere gewesen.“
Für all diese Bereiche hat die SL Winderenergie auch die Umweltverträglichkeit begutachten lassen. So seien unter anderem die Lebensräume geschützter Vogelarten sehr genau untersucht worden. Das hat dazu geführt, dass drei potenzielle Konzentrationszonen im Bereich des Steinbruchs Ambrock wieder von der Karte gestrichen wurden. „Gleichzeitig wird es eine weitere Begutachtung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens geben“, so Schulenburg.
Die Öffentlichkeit
Obwohl er „nur“ Eigentümer von Flächen und nicht direkt am Verfahren aktiv ist, verfolgt auch Fürst Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg die Diskussionen mit großem Interesse. „Es gibt viele Ängste und Sorgen der Menschen“, so der Fürst, „die muss man sehr ernst nehmen. Gleichzeitig werden wir uns für mehr Akzeptanz einsetzen. Die Menschen müssen künftig mit und nicht gegen diese neue Form der Energiegewinnug leben.“ Der Fürst wiederum hat eine eigene Internetseite ins Leben gerufen (www.windkraft-hohenlimburg.de). „Um zu infomieren und um eine Plattform für Diskussionen zu bieten“, so Maximilian zu Bentheim-Tecklenburg.
Beteiligung
Skepsis abbauen will die Windkraft-Gruppe auch durch Partizipation: „Wir versuchen ausschließlich Anlagen zu betreiben, an denen sich Bürgern beteiligen“, so Joachim Schulenberg, dessen Unternehmen nur in Nordrhein-Westfalen aktiv ist, „dahinter steckt die Idee, Windenergie zu Gunsten der Bevölkerung umzusetzen. Ziel muss es sein, die Wertschöpfung in der Region zu halten.“ Ein Ansatz, den auch Fürst Maximilian für wichtig hält: „Es muss klar werden, dass die Windräder nicht irgendwelchen Firmen gehören, die sonstwo sitzen, sondern dass sich die Hohenlimburger beteiligen können. Bei allen Problemen muss Windkraft Teil der Gemeinschaft werden.“
Die Sorgen
Schall, optische Wirkung, Schattenwurf, Artenschutz, Eingriff in die Natur – das sind die Sorgen, die die Menschen bewegen. „Das alles aber ist auch Bestandteil einer rechtlichen Prüfung durch die Aufsichtsbehörden“, so Joachim Schulenberg. Gleichzeitig ordnet er schon jetzt ein: „Die Schallbelastung darf im Außenbereich in den Nachtstunden 40 Dezibel nicht überschreiten. Im Sommer wird man im Garten oder auf dem Balkon kaum eine Störung wahrnehmen.“ Im Wald würden Anlagen weniger wahrgenommen. Eine direkte Sichtverbindung sei oft gar nicht gegeben. Die Rotoren drehten sich langsamer als bei älteren Windrädern. Gegen die Beschattung wirke eine Abschaltautomatik. Eingriffe in die Natur müssten angemessen ausgeglichen werden.