Hagen. . Der Staatsschutz der Polizei bleibt bei seiner Einschätzung: In Hagen gibt es keine gefestigte Szene von radikalen Salafisten. Der Selbstmordattentäter von Ennepetal besuchte aber auch eine Hagener Moschee.

Die Festnahmen im hessischen Oberursel haben die Gefahr noch einmal deutlich gemacht: Extremistische Terroristen, die sich zum Ärger der meisten Muslime auf den Islam berufen, planen ganz offensichtlich Anschläge in Deutschland. Wie ist die aktuelle Situation in Hagen? Hat sich die Gefährdungslage in der Stadt mit ihrem großen Anteil an Muslimen geändert? Matthias Stascheit , Leiter der Staatsschutzabteilung in Hagen, kann keine verschärfte Lage erkennen: „Die Situation ist die gleiche wie im vorigen Jahr.“

Damals waren sowohl der Staatsschutz als auch der Verfassungsschutz einig: In Hagen gibt es keine gefestigte salafistische Szene, allerdings Einzelpersonen, die dem Salafismus zuneigen. So hieß es in einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage des Hagener FDP-Abgeordneten Ulrich Alda. Doch seitdem ist einiges geschehen: Da gab es zum Beispiel in Haspe im März eine Hausdurchsuchung im Zuge der Aktionen gegen die von Bundesinnenminister de Maiziére verbotene Tahuid-Bewegung.

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Inzwischen sind sich die Behörden aber sicher, dass von dem Hasper, der im Fokus der Durchsuchung stand, aber nie festgenommen wurde, keine Gefahr ausgeht. Der habe in der Vergangenheit den falschen Umgang gehabt, man sehe ihn nun aber als gefestigt an.

Als gesichert gilt inzwischen auch, dass Ahment C., jener 21-jährige Extremist aus Ennepetal, der vergangenes Jahr bei einem Selbstmordattentat im Irak mehr als 50 Menschen getötet hatte, auch öfter eine Hagener Moschee besucht hatte. Staatsschutzleiter Matthias Stascheit sagt allerdings: „Dies hat nicht in der Phase stattgefunden, in der er sich völlig radikalisiert hat und ausgereist ist.“

Ohnehin wertet Stascheit das Verhalten der Hagener Moscheevereine bei der Bekämpfung extremistischer Strukturen als sehr gut. Immer wieder gebe es Hinweise, wenn Mitglieder der Gemeinden nicht mehr in die Moschee zum Gebet kämen oder gar von radikalen Überzeugungen sprächen.

Polizei: Keine verdeckte Szene

Ein weiteres Beispiel: In einer Hagener Moschee sei der Vorbeter (Imam) durch radikale Thesen aufgefallen. Selbstmordattentate habe er nicht von vornherein ausschließen wollen. Der Moscheevorstand habe sich an den Staatsschutz der Polizei gewandt, der auch anwesend gewesen sei, als der umstrittene Imam abgesetzt worden sei.

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Insgesamt funktioniere die soziale Kontrolle durch die organisierte Vereinsstruktur der Moschee in Hagen, so Stascheit . Deshalb ist er auch sicher, dass der Staatsschutz insgesamt die Lage in Hagen im Blick hat, dass es keine verdeckte Szene gibt: „Ich kann das guten Gewissens sagen.“

Elkahm Sukhni aus Wuppertal, der Doktorand an der Universität Osnabrück zu Thema Salafismus ist, erkennt allerdings ein generelles Problem: Radikalisiert würden eben gerade die Jugendlichen, die nicht zuvor in den Moscheevereinen integriert gewesen seien, die keinen sozialen Halt hätten. Die würden von den Strukturen und der Sprache in den Moscheen gar nicht erreicht: „Die Radikalisierung erfolgt hier über die deutsche Sprache. Die lassen sich eher von einem Pierre Vogel mit seiner einfache Sprache einfangen, der scheinbar Lösungen für ihre Probleme hat. Mit dem Islam als Religion hat das nichts zu tun.“

Cemilie Giousouf, CDU-Bundestagsabgeordnete muslimischen Glaubens, erachtet das Thema Salafismus daher auch für ein sehr relevantes in Hagen. Sie hat jetzt in Hagen mit Experten – unter anderem Sukhni – diskutiert: „Wir wollen das Thema für Hagen nicht herbeireden. Aber wir sollten uns bewusst sein, dass es die Gefahr auch bei uns gibt. Die Moscheen sind hier gefordert, weiter aufmerksam zu sein.“