Hagen. Die anhaltende Finanzkrise beim heimischen Energieversorger Enervie ruft die Hagener Politik auf den Plan. SPD und Linke möchten die künftige Strategie im Rat diskutieren.
Die wirtschaftlich prekäre Situation der Enervie soll zum Thema in der Hagener Politik werden. Darauf zielt ein Beschlussvorschlag von SPD und Linken ab, den die beiden Fraktionen in der nächsten Ratssitzung am 26. Februar diskutieren möchten.
„Das Unternehmen schreibt Verluste von mehr als 130 Millionen Euro“, fürchtet SPD-Ratsherr Werner König, dass den meisten Bürgern die Dramatik dieses Themas noch längst nicht bewusst sei. „Da wird Vermögen der Hagener in Höhe von mehr als 50 Millionen Euro vernichtet“, macht der Genosse deutlich, dass dieser Prozess noch größere Dimensionen als die verlustreiche Derivate-Affäre habe.
Zudem fehlten der HVG die Dividenden-Abführungen, die Zahlung der Konzessionsabgabe in zweistelliger Millionenhöhe sei fraglich und 300 Jobs stünden auf der Kippe. „Daher muss neben Vorstand und Aufsichtsrat jetzt auch die Politik Einfluss nehmen und die Stadt Hagen als Hauptaktionär ihren Gestaltungsanspruch geltend machen“, fordern König und Linken-Fraktionschef Ingo Hentschel.
Oberstes Zukunftsziel, so die beiden Ratsfraktionen, die für ihren Kurs auch um Unterstützung bei den anderen Parteien werben, müsse die wirtschaftliche Absicherung der kommunalen Energie- und Wasserversorgung sowie der Bestand der Enervie sein. Als wesentlichen Mosaikstein dafür betrachten SPD und Linke die Option, das Wassernetz und die Erzeugungsanlagen beispielsweise auf den Wirtschaftsbetrieb Hagen (WBH) zu übertragen.
Linke ohne Vertrauen zu Grünhagen
Linken-Fraktionschef Ingo Hentschel hegt Zweifel an Aussagen von Enervie-Vorstandssprecher Ivo Grünhagen, dass sein Unternehmen bald wieder dividendenfähig sei. Das sei angesichts des Drucks der Banken beim Blick auf die Eigenkapitalquote sowie des anstehenden Sozialplanes kaum zu erwarten, so Hentschel.
Gleichzeitig betont der Linken-Chef, dass seine Fraktion keinerlei Vertrauen mehr in die Arbeit von Grünhagen habe. Daher werde in den Reihen seiner Partei bereits der Rücktritt Grünhagens diskutiert, eine entsprechende Forderung in nächster Zukunft sei „sehr wahrscheinlich“.
Durch die potenziell dreistellige Millioneneinnahme könnte beispielsweise der Sozialplan finanziert werden. „Diesem Thema darf sich Herr Grünhagen nicht länger verschließen“, erwartet Hentschel mehr Bereitschaft bei Enervie, neue Wege zu gehen. Darüber hinaus setzt der Vorstoß darauf, die anstehende Schließung der Kraftwerke – auch durch Unterstützung aus dem Konzern Stadt – ohne betriebsbedingte Kündigungen hinzubekommen. Dabei soll auch durch eine umfassende Synopse aufgearbeitet werden, ob die Aufgabe sämtlicher Stromerzeugungsanlagen überhaupt sinnhaft sei.
Vorstandsebene nicht ausklammern
Zudem solle auch die Vorstandsebene vom angekündigten Sozialabbau nicht ausgeklammert bleiben. „Ein Sozialplan muss sämtliche Hierarchieebenen, also auch den Vorstand, umfassen“, setzt König auf konsequentes Handeln beim Wegfall ganzer Sparten.
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SPD und Linke wollen künftig den gesamten Enervie-Reformprozess durch eine Projektgruppe des Rates kontinuierlich begleiten lassen: „Die betroffenen Arbeitnehmer tragen nicht die Verantwortung für die wirtschaftliche Schieflage des Unternehmens – sie dürfen nicht die Verlierer des Sanierungsfalls Enervie werden.“ Sie brauchten jetzt das Signal des gesamten Hagener Rates, dass Politik sich ihrer Verantwortung stelle.