Hagen-Mitte. . Vor 60 Jahren sang Anne Möhring am Hagener Theater die Rolle der Blonden in der „Entführung aus dem Serail“, jetzt kehrte sie an ihre alte Wirkungsstätte zurück.

Es war ein Wiedersehen, das die mittlerweile 91-jährige Anne Möhring tief bewegte. Vor 60 Jahren sang die einstige Operndarstellerin am Hagener Theater die Rolle der Blonden in der „Entführung aus dem Serail“, jetzt kehrte sie an ihre alte Wirkungsstätte zurück – diesmal als Zuschauerin des berühmten Singspiels von Mozart, das damals wie heute zum Repertoire des Hauses gehört. „Es hat mir sehr gut gefallen“, urteilte sie nach der Vorstellung und wagte einen Vergleich mit der Vergangenheit: „Wir hatten 1954 auch eine besonders schöne Inszenierung – eine, die vielleicht noch schöner war als die jetzige.“

Anne Möhring, die damals noch ihren Mädchennamen Schaad trug, kam 1953 auf Wunsch des damaligen Intendanten Hermann Werner ans Hagener Opernhaus. Ihre erste Rolle war die der Magd Nuri in d’Alberts Oper „Tiefland“, die Kritik bescheinigte ihr „eine Sopranstimme, die zu berücken und zu bezaubern vermag“. Die Sängerin, die bei einem Rechtsanwalt in Haspe wohnte und täglich mit der Straßenbahn zur Arbeit fuhr, fühlte sich wohl am städtischen Theater und glänzte in weiteren Aufführungen, vor allem als Gretel in Humperdincks Welterfolg „Hänsel und Gretel“: „Das war meine Lieblingsrolle“, berichtet sie. Auch der Part der Blonden im Serail war auf sie zugeschnitten, besaß sie doch eine liebliche, reine Sopranstimme mit ausgezeichneter Artikulation und wurde von der Hagener Presse als „frisches, lebensfrohes Blondchen“ mit einem „reizenden Köpfchen“ gefeiert.

Offenbar war die begabte Sängerin auch eine erstklassige Aktrice, alte Fotos zeigen die gebürtige Schweizerin als hübsche, charismatische, charmante Darstellerin.

Eine Musiker-Familie

Dass die Hagener Karriere von Anne Schaad nach einer Spielzeit wieder zu Ende war, hatte private Gründe. Die Künstlerin heiratete den Düsseldorfer Musikprofessor Hans-Jürgen Möhring, der zugleich Solo-Flötist im WDR-Sinfonieorchester war, bekam drei Kinder (von denen zwei ebenfalls Berufsmusiker wurden) und trat fortan ausschließlich als Konzertsängerin auf: „Ich habe vor allem Oratorien gesungen.“ Heute lebt sie mit ihrem Mann in Rösrath bei Köln.

Letzte Aufführung am nächsten Mittwoch

Am Mittwoch, 3. Dezember, wird „Die Entführung aus dem Serail“ letztmals in dieser Spielzeit am Hagener Theater gegeben. Beginn: 19.30 Uhr.

Neben Maria Klier (Blonde) singen Werner Hahn (Selim Bassa), Sarah Längle (Konstanze), Kejia Xiong (Belmonte), Richard van Gemert (Pedrillo) und Martin Js. Ohu (Osmin).

Wolfgang Amadeus Mozart vollendete das Singspiel 1782 und dirigierte im selben Jahr die Uraufführung in Wien. Die „Entführung“ gilt als erste echte deutsche Oper.

Ans Hagener Theater ist sie in den vergangenen sechs Jahrzehnten sporadisch als Zuschauerin zurückgekehrt, ist doch ihr Schwiegersohn Friedhelm Grote Solo-Fagottist im Philharmonischen Orchester.

So schließt sich ein Kreis. Beim Besuch der „Entführung aus dem Serail“ vor einer Woche hatte Anne Möhring Gelegenheit, sich mit ihrer Nachfolgerin als Blondchen, der Sopranistin Maria Klier (seit 2011 Ensemblemitglied in Hagen), zu unterhalten. „Das hat mich sehr gefreut, sie ist so sympathisch und hatte einen wunderbaren Auftritt“, schwärmt die alte Dame von dem Zusammentreffen – 60 Jahre nach ihrem eigenen Auftritt in der gleichen Rolle.