Hagen. .
Manchmal sind es sichtbare Zeichen. Manchmal mögen es Signale sein, die die Kinder senden. Wenn sie nach der Schule nicht nach Hause wollen, wenn sie ohne erkennbaren Grund in Tränen ausbrechen oder wenn sie auf dem Pausenhof immer öfter aggressiv werden. Es sind Mosaiksteine, die ein Ganzes ergeben können. Die darauf hin deuten, dass das Wohl eines Kindes gefährdet ist.
Wie aber deutet man solche Zeichen und Signale? Und wie geht man mit einem solchen Verdacht um? Ist der blaue Fleck am Bein die Folge eines Sturzes oder von Gewalt durch die Eltern? Hilfe bietet die „Fachberatung Kindeswohl“, eine neu geschaffene Anlaufstelle bei der Stadt. Sie unterstützt diejenigen, die professionell mit Kindern zu tun haben: Lehrer, Ärzte, Sozialarbeiter, Trainer.
Offensiv mit dem Thema umgehen
Dahinter steckt eine Gesetzesnovelle, die all jenen, die beruflich (oder im Falle von Trainern ehrenamtlich) mit Kindern zu tun haben, einen Anspruch auf Beratung gewährt. Bei der Stadt Hagen ist dafür (zunächst befristet) eine zusätzliche halbe Stelle geschaffen worden, die sich die beiden Sozialpädagoginnen Sabine Köhler-Neubert und Dagmar Sontowski teilen.
„Wir gehen offensiv mit dem Thema Kindeswohlgefährdung um“, sagt Martin Steinkamp, Leiter des Beratungszentrums „Rat am Ring“, bei dem die Fachberatung auch wegen der kurzen Wege zur Familienberatung und zur Heilpädagogik angesiedelt ist, „wir stellen unser Angebot in Lehrerkonferenzen oder bei Ärzten vor. Es geht auch darum, dass diejenigen, die Auffälligkeiten beobachten, zumindest den Gedanken einer Kindeswohlgefährdung mit ins Kalkül ziehen.“
Bereits 18 konkrete Einzelfälle
Das neue Angebot bietet Orientierung, es unterstützt, und es zeigt mögliche Hilfen auf. „Wir sind allerdings nicht dafür da, dass die Probleme bei uns abgeladen werden“, so Sabine Köhler-Neubert. „Auch, wenn das die Betroffenen verständlicherweise gerne möchten.“ So gehöre es beispielsweise zu den Aufgaben eines Lehrers, Kinder und Eltern anzusprechen. „Wir erklären, wie man so ein Gespräch angehen kann.“
In 18 konkreten Einzelfällen ist die Fachberatung, die im Mai an den Start gegangen ist, schon tätig geworden. „Dabei können uns die Fälle anonymisiert geschildert werden“, sagt Sabine Köhler-Neubert, „das unterscheidet uns vom Jugendamt, wo man bei einer Anzeige Ross und Reiter nennen muss.“ In bestimmten Situationen könne es aber besser für das Kind sein, wenn zunächst die Lehrer das Gespräch mit den Eltern suchen und nicht sofort die Behörde eingeschaltet werde. „Wenn wir jedoch den Eindruck gewinnen, dass das Jugendamt sofort tätig werden muss, dann machen wir das demjenigen, der zu uns kommt, deutlich.“
Eine telefonische Beratung – auch wenn sich das Ratsuchende oft wünschten – halten die Expertinnen für unseriös. Sie legen Wert auf eine persönliche Beratung – entweder in den Räumen am Märkischen Ring oder aber in der Einrichtung, die das betroffene Kind besucht.