Schwelm. Bei vielen Bürgern herrscht Unbehagen, nachdem eine Frau im Park am Martfeld brutal angegriffen wurde. Wovor die Menschen Angst haben.
Nach der Gewalttat im Park am Haus Martfeld in Schwelm, der in der Nacht von Samstag auf Sonntag eine 66-jährige Schwelmerin zum Opfer fiel (wir berichteten), und dem Mord an einer 50-jährigen Frau aus Schwelm Ende Februar (wir berichteten), fühlen sich viele Bürgerinnen und Bürger in Schwelm verunsichert. Unsere Redaktion hat im Park bei Spaziergängern nachgefragt, wie sie sich nach den neuesten Ereignissen fühlen.
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„Ich traue mich in gewisse Ecken nur noch zusammen mit einer Freundin“, sagt eine Frau, die gemeinsam mit ihrer Freundin im Park die Hunde spazieren führt. „Das gilt generell für Schwelm. Bestimmte Dinge mache ich schon lange nicht mehr abends. Zum Beispiel Geld abholen. Da habe ich allein als Frau schon lange Angst.“ Ihren Namen möchte die Schwelmerin nicht nennen. „Dann bin ich vielleicht die nächste, die überfallen wird.“
Hier im Park am Martfeld habe sie sich am Tag eigentlich immer sicher gefühlt. Aber abends sei sie hier nur in Begleitung ihres Sohnes mit dem Hund Gassi gegangen. „Allein finde ich das unvernünftig und gefährlich. Das würde ich nicht tun.“ Jetzt sei es ihr mittlerweile auch tagsüber im Park an manchen Stellen ängstlich zumute. „In der Gartenanlage zum Beispiel wäre ich jetzt etwas vorsichtiger. Oder hinter die Kapelle würde ich allein auch nicht mehr gehen.“
Pfefferspray soll Sicherheit geben
Ihre Freundin ergänzt, dass es ihr tagsüber im Park schon zwei Mal passiert sei, dass sich Männer vor ihr entblößt hätten. Auch sie möchte anonym bleiben. „Das letzte Mal war es ein Jogger, von dem ich dachte, dass er nur pinkeln würde. Und auf einmal dreht der sich um. Da bin ich flugs gelaufen und habe furchtbare Angst gehabt. Seitdem laufe ich nicht mehr hinter die Kapelle.“ Sie denke nach dem Vorfall am Wochenende schon darüber nach, wo sich Leute verstecken könnten, sagt ihre Freundin. „Ich fand das ganz brutal, grausam und erschreckend. Da fühlt man sich nicht mehr richtig sicher.“ Sie möchte sich jetzt ein Pfefferspray anschaffen.
Park am Martfeld ist eigentlich fester Anlaufpunkt
So sieht es auch Gamze Janecke. Der Park am Haus Martfeld ist fester Anlaufpunkt, wenn sie mit ihrem Hund spazieren geht. „Eigentlich wollte ich heute gar nicht kommen. Aber ich dachte, dass es jetzt ja hell ist, und in der Mittagszeit auch andere Spaziergänger hier sind. Aber als ich geparkt habe, habe ich erstmal geguckt, wer denn alles hier ist. Ob es vielleicht verdächtige Leute sind“, beschreibt die 36-Jährige ihr mulmiges Gefühl. „So richtig sicher fühle ich mich nicht.“
Normalerweise geht Janecke auch in den Abendstunden im Park spazieren. „Auch alleine. Aber seit dem Vorfall nicht mehr. Diesen Park meide ich jetzt, sobald es dunkel ist.“ Als sie erfahren hat, was sich am Wochenende im Schatten des Schwelmer Wahrzeichens ereignet hat, war sie schockiert. „Ich war nur sprachlos und habe direkt meine Mutter angerufen und ihr davon erzählt, weil auch sie hier abends spazieren geht.“ Dass es zu einem Gewaltverbrechen im Park kommen könnte, hatte die 36-Jährige nicht erwartet. „Ich werde den Park hier definitiv abends meiden.“
Früher ging Janecke auch gern in den Wilhelmspark in Schwelm. „Aber den meide ich mittlerweile auch. Da sind auch Vorfälle passiert, auch tagsüber. Da gehe ich seit Monaten nicht mehr hin.“ Als Konsequenz nach der Gewalttat vom Wochenende hat auch Gamze Janecke jetzt entschieden, ein Pfefferspray zu kaufen. „Ich war nie der Typ, der so ängstlich durch die Gegend läuft, das wollte ich nie.“
Frank Statnik läuft ebenso regelmäßig durch den Park am Martfeld, auch mal spätnachts. Der 56-Jährige wohnt in der Nähe. „Ich fand das sehr erschreckend, dass die Gewalt so nah kommt.“ Er habe natürlich auch von dem Mord an der Schwelmerin im Februar gehört. „Dann kriegt man mit, dass hier im Park immer mehr Jugendliche rumlungern, besoffen sind und Flaschen kaputt machen. Ich denke, dass hier zu wenig für die Sicherheit getan wird“, sagt Statnik.
Mehr Kontrollen und mehr Beleuchtung
Er wünscht sich, dass von Seiten des Ordnungsamtes und der Polizei häufiger Kontrollen stattfinden. „Andere Städte machen das so, dass sie Security-Firmen beauftragen, die an den Brennpunkten herumlaufen. Damit könnte man vielleicht vieles verhindern“, glaubt Statnik. Darüber hinaus müssten einige Stellen im Park besser ausgeleuchtet werden. „Die Stelle, wo die Gewalttat passiert ist, ist prädestiniert dafür. Wenn ich jemandem was tun will, gehe ich natürlich in die dunkelste Ecke.“
Wenn Frank Statnik bei Dunkelheit im Park unterwegs ist, gehe er zum einen über die beleuchteten Wege und zum anderen trage er selbst eine Lampe mit sich, um den Weg besser auszuleuchten. Diese Vorsichtsmaßnahmen trifft er auch als Mann. Denn: „Auch wir Männer sind vor so etwas nicht sicher, wenn da mehrere Leute kommen oder jemand mit einer Waffe kommt.“
Frank Statnik wohnt seit sieben Jahren im Umfeld vom Martfeld. „In der Anfangszeit war an so etwas nicht zu denken. Da hätte ich nie angenommen, dass so etwas hier passiert.“ Seit zwei, drei Jahren habe sich sein Gefühl in Bezug auf die eigene Sicherheit aber geändert. „Man sieht hier schon zwielichtige Gestalten, die einem öfters begegnen, und die hier nur kurz aufeinander treffen, etwas übergeben und dann wieder auseinander gehen. Ich spekuliere da auf Drogen.“
„Man schaut sich schon um, wer hier unterwegs ist“
Marita Lang ist täglich mit ihrem Hund am Martfeld unterwegs. Seit dem Vorfall am Wochenende geht sie aber mit einem mulmigen Gefühl im Park spazieren. „Man schaut sich schon um, wer hier unterwegs ist und schaut sich die Leute näher an.“ Auch abends führe sie ihren Hund hier Gassi. „Aber nur, wenn es hell ist. Nachts würde ich hier nie hingehen.“ Teilweise könne man nicht sehen, ob jemand hinter den Hecken stehe. „Man weiß ja nicht, wer sich da verbirgt. Man muss es ja nicht herausfordern, dass etwas passiert.“
Als sie von der Gewalttat erfuhr, ging es ihr „bescheiden“. „Das ist ja mein Wohnzimmer hier, ich gehe hier jeden Tag. Ich möchte so eine Erfahrung nicht machen.“ Am Tag habe sie eigentlich nicht das Gefühl, dass komische Personen im Park unterwegs seien. „Ich habe mich bisher nicht unsicher gefühlt. Aber das ist jetzt schon eine Nummer. Man hört auch zu viel. Momentan spielt ja die ganze Welt verrückt.“ Natürlich sei Security eine Möglichkeit, den Menschen mehr Sicherheit zu vermitteln. „Aber die können auch nicht überall sein. Und wenn jemand darauf aus ist, der findet hier tausend Ecken, um jemanden zu belästigen.“ Mehr Licht wäre eine bessere Lösung.
Dorothea Prost ist in Begleitung einer Freundin im Park unterwegs, früher war sie auch tagsüber mit ihrem Hund hier. „Abends bin ich hier nicht durch die Gegend gelaufen. Tagsüber war ich hier aber nicht unsicher.“ Als sie von der Gewalttat erfuhr, sei sie nicht überrascht gewesen. „Das passiert ja überall, warum nicht auch hier?“, fragt Prost. „Ich habe mir nur gedacht: ,Wie schlecht ist diese Welt geworden?‘“ Überall werde man überfallen, oder es würde etwas geklaut.
Dorothea Prosts Freundin möchte namentlich nicht genannt werden. Sie habe tagsüber keine Probleme im Park. „Aber nachts käme ich nicht auf die Idee, alleine hier durchzugehen. Selbst wenn es noch dämmert. In der Stadt, zwischen den Häusern, ist das kein Problem. Das mache ich auch.“
„Ich empfinde Schwelm als Zumutung“
Hiltrud D. möchte nicht mit ihrem vollen Namen in der Zeitung erscheinen. Sie ist in den Mittagsstunden regelmäßig mit ihrem Hund im Park unterwegs. „Zur hellen Tageszeit geht man hier sehr gut. Im Dunkeln gehe ich aber grundsätzlich in Schwelm nicht auf die Straße. Da fahre ich maximal mit dem Auto direkt vor die Tür.“
Sie müsse ganz ehrlich sagen, dass sie Schwelm als eine Zumutung empfinde. „Was sich hier an Publikum herumtreibt. Und man liest es oft genug in der Zeitung. Ich möchte gar nicht wissen, wie hoch die Zahlen sind, was alles unentdeckt bleibt. Ich fühle mich da nicht gut aufgehoben.“ Auch in ihrer eigenen Wohnsiedlung, außerhalb der Schwelmer Innenstadt, halte sie bei Dunkelheit die Augen offen, wer alles so unterwegs sei.
Der Vorfall am Wochenende bestätigt sie darin, dass sie im Park in den Abendstunden nicht unterwegs sein möchte. „Ich finde es so traurig, dass man, egal, ob Mann oder Frau, ungern im Dunkeln auf die Straße geht, weil man jederzeit damit rechnen muss, dass irgendetwas passieren kann.“ In größeren Städten sei sie selten unterwegs. Aber im Urlaub würde sie eine ganz andere Präsenz der Ordnungskräfte spüren. „Ich fühle mich woanders sicherer.“ Mehr Kontrollen an bestimmten Brennpunkten würden ihr ein stärkeres Gefühl von Sicherheit vermitteln.
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