Gevelsberg. „Es gibt zu viel Lärm und Müll, und wir vermuten auch illegale Aktivitäten in den Straßen.“ Anwohner im Quartier Nirgena/Haufe sind frustriert.
Dass jemand offenbar vor hat, ein Bordell am Nirgena zu eröffnen, hat in Gevelsberg hohe Wellen geschlagen und auch eine politische Debatte um die Probleme im Quartier angestoßen. Die Stadtverwaltung spricht offen von einem „Trading-Down-Effekt“, also einer Abwertung des Viertels und hat dabei die Bereiche Nirgena und Haufe im Blick. Aus dem politischen Raum gibt es mehrere Vorstöße, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.
Aber was sagen eigentlich die Menschen, die vor Ort leben? Wie nehmen sie die Debatte und vor allem die Probleme vor ihrer Haustür wahr? Auf Einladung der SPD-Fraktion konnten sie bei einem sogenannten Stadtteilspaziergang ihre Ängste und Sorgen gegenüber Politikern und der Stadt äußern.
Und die Anwesenden brachten ihre Frustration und ihre Sorgen dabei offen zum Ausdruck. „Wir sind es leid, uns unwohl in unserem eigenen Viertel zu fühlen“, klagte zum Beispiel eine Anwohnerin. „Es gibt zu viel Lärm und Müll, und wir vermuten auch illegale Aktivitäten in den Straßen.“
Essensreste und Müll auf Straßen
Es sind viele Themen, die die Menschen am Nirgena und in der Haufe umtreiben, darunter die Parkplatzsituation speziell in der Ecke rund um den sogenannten Schmetterlingssaal an der Hagener Straße/Ecke Bahnhofstraße. In Bahnhofstraße, Haufer Straße und Zimmerstraße werde zu Stoßzeiten zunehmend rücksichtslos geparkt, Essensreste und Müll landeten auf den Straßen und in den Kellerlöchern, Rettungsgassen würden blockiert.
Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Elke Kramer sagte, dass der Schmetterlingssaal Anwohnern als dubios erscheine. Früher gab es hier einen Bordellbetrieb, heute eine Veranstaltungslocation. Was geht dort vor? Was passiert im Haufer Kiosk? Wozu dient der Parkplatz auf dem Hinterhof? Wem gehören die vielen Edelkarossen? Die Anwohnerinnen und Anwohner haben viele Fragen. Es gebe Lärmbelästigung und viele ortsfremde Fahrzeuge am Wochenende.
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Laut einem Vermieter werden die betreffenden Immobilien hauptsächlich von Menschen osteuropäischer Herkunft bewohnt, die in den letzten circa fünf Jahren zugewandert seien. Es gebe auch einige Leerstände und erste Verfallserscheinungen bei bestimmten Immobilien, etwa in der Zimmerstraße.
Stadt prüft Maßnahmen
„Es ist an der Zeit, dass wir uns der Probleme in diesem Quartier bewusst werden und konkrete Maßnahmen ergreifen“, betonte Bürgermeister Claus Jacobi während des Stadtteilspaziergangs. „Wir müssen die Lebensqualität der Bewohner gewährleisten und das Viertel wieder zu einem Ort machen, an dem man sich sicher und wohl fühlen kann“, ergänzte SPD-Fraktionsvorsitzende Christina Bösken. „Wir müssen alle neuralgischen Punkte identifizieren und dann ein Handlungskonzept entwickeln, um die Probleme anzugehen, ähnlich wie wir es bereits auf dem Vendômer Platz getan haben. Druck und Förderung müssen Hand in Hand gehen“, so Jacobi weiter.
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„Die Stadt hat in den vergangenen Jahren bereits Maßnahmen ergriffen, um das Quartier aufzuwerten, darunter den Umbau von Straßen mit breiteren Geh- und Radwegen sowie Fassadenprogramme“, so Björn Remer, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Gevelsberg.
Claus Jacobi kündigte an, dass weitere Anstrengungen unternommen werden müssen, um das Quartier ganzheitlich zu verbessern. Die Stadt prüft mögliche Sondergebietsausweisungen oder qualifizierte Vorkaufsrechte, um positive Entwicklungen im Quartier voranzutreiben. „Wir müssen zwei Ansätze verfolgen: SOS (Sicherheit, Ordnung, Sauberkeit) – dafür stehen wir –, aber auch Prävention und Hilfe, so dass Menschen ihren Weg in die Gesellschaft finden wollen. Das muss Hand in Hand gehen. Gevelsberg ist eine weltoffene Stadt. Uns ist aber wichtig, dass man sich ordentlich benimmt und sich hier einbringen will, damit Gevelsberg eine lebenswerte Stadt bleibt“, machte Jacobi deutlich.
Anträge von CDU und SPD
Der Bürgermeister hob neben den negativen Entwicklungen im Viertel auch die Stärken des Quartiers hervor, wie das Sanitätshaus Böge oder das Orthopädie-Schuhhaus Thiel. Es sei wichtig, auch positive Beispiele hervorzuheben. Um eine positive Entwicklung des Viertels in Zukunft voranzutreiben gibt es mehrere politische Vorstöße. Die CDU-Fraktion hatte bereits vor der Sommerpause angekündigt, einen entsprechenden Antrag zur Quartiersentwicklung einzubringen. Quasi zeitgleich hat die SPD-Fraktion einen Antrag mit ähnlicher Stoßrichtung angekündigt. Die Entscheidung über die nächsten Schritte wird nach der Sommerpause im Stadtrat fallen.
Der neue, noch junge Vorstand der FDP Gevelsberg, bestehend aus Niclas Bauermeister und Florian Muchow, war ebenfalls beim Stadtteilspaziergang dabei und unterstützt nach eigener Aussage grundsätzlich die Vorschläge der SPD. Sie möchten jedoch zusätzlich Gewerbetreibende (Start-ups) anlocken und Parkmöglichkeiten schaffen. Sie brachten auch die leerstehenden Räumlichkeiten des ehemaligen Gastronomiebetriebs „La Caverna“ am Ennepebogen ins Spiel für Kinder- und Jugendarbeit, beispielsweise Hausaufgabenbetreuung.