Gevelsberg. Die Pläne, in Gevelsberg ein Bordell zu betreiben, haben hohe Wellen geschlagen. Jetzt gibt es eine erste Entscheidung dazu.

Dass die Zuschauertribüne im Gevelsberger Stadtentwicklungsausschuss so voll ist, passiert sonst eher, wenn es um neue Baugebiete geht und Anrainer dagegen Sturm laufen. Am Montagabend war es aber ein anderes Thema, dass die Besucherinnen und Besucher der Sitzung umtrieb: Die Bordell-Pläne an der Hagener Straße.

Jemand hatte sich im Rathaus der Stadt Gevelsberg erkundigt, welche Schritte nötig sind, damit in einem Mehrfamilienhaus am Nirgena ein Bordell entstehen kann. Die Immobilie befindet sich im Bereich zwischen Brüderstraße und der Firma Müller & Borggräfe. Konkret geht es in der Anfrage darum, zunächst Keller- und Erdgeschoss zu Prostitutionszwecken zu nutzen. Perspektivisch plant der potenzielle Betreiber, alle Geschosse des Objektes für das Prostitutionsgewerbe zu nutzen.

Die Stadt hält das Quartier laut eigener Aussage aber für vorbelastet und für zu wichtig, als dass sie dort neben schon vorhandenen Spielhallen, Wettbüros, Wettannahmestellen und Sportbars einen Bordell-Betrieb haben wollen würde. Sie möchte entsprechende Schritte einleiten, den Stadtteil positiv zu entwickeln, wie es heißt. Aus der Politik bekommt sie dafür breite Rückendeckung. Kritische Zwischentöne kommen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Gibt es „Trading-Down-Effekt“?

„Die SPD-Fraktion ist selbstverständlich gegen Prostitution im Bereich Hagener Straße“, eröffnete Helge Mannott von den Sozialdemokraten die Diskussion. „Das ist ein wichtiger soziokultureller Bereich, den wir im Auge behalten sollten.“ CDU-Fraktionschef Hans-Günther Adrian knüpfte daran an: „Wir können uns nicht leisten, dort ein Prostitutionsgewerbe anzusiedeln.“ Vielleicht werde es in Zukunft nötig, sich Gedanken über ein Quartiersmanagement zu machen. Auch ein Vorverkaufsrecht für bestimmte Gebäude ist aus seiner Sicht denkbar. „Es wäre schön, ein Zeichen für die Bürgerinnen und Bürger zu setzen und dieses citynahe Areal als Wohn- und Geschäftsviertel zu erhalten“, so Adrian.

Für die Stadt Gevelsberg dient die Hagener Straße in diesem Bereich als Eingang zum Stadtkern mit anschließender Fußgängerzone und prägt das Stadtbild wesentlich. Eine Rolle spielt für sie auch die Nähe zum städtischen Jugendzentrum an der Schulstraße. Die Verwaltung möchte in diesem städtebaulichen Schlüsselbereich keinen weiteren „Trading-Down-Effekt“, also keine weitere Abwertung. Daher schlug sie den politischen Fraktionen vor, einen sogenannten „einfachen Bebauungsplan“ aufzustellen, um die Neuansiedlung von Bordellen und anderweitigen Vergnügungsstätten in diesem Bereich auszuschließen beziehungsweise zu steuern – „um weitere negative Effekte für die Hagener Straße im Bereich des Nirgena [...] zu vermeiden.“

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sicherte ihre Unterstützung zu, machte dabei aber Einschränkungen. „Wir sehen das nicht so eindeutig wie die anderen Fraktionen“, sagte Grünen-Ratsherr Achim Oldenbüttel. „Das ist das älteste Gewerbe der Welt.“ Verbiete man es an einer Stelle, werde es anderswo angeboten. Auch auf die Quartiersentwicklung kam er zu sprechen. „Ist der Trading-Down-Effekt belegbar oder sind das gefühlte Fakten?“, wollte Oldenbüttel wissen.

Sorge wegen Entwicklung

Der Effekt sei belegbar, entgegnete Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi und erklärte: „Trading-Down-Effekte vollziehen sich schleichend. Am Beispiel Hagener Straße bis zu Drehbank zeigen sich schon Entwicklungen, die mich sorgenvoll stimmen.“ Immer wieder gebe es Versuche, Geschäfte zu eröffnen, die die Qualität in diesem Bereich nicht erhöhen würden. „Es gibt dort auch gute Geschäfte und Lebensmittelversorger, die wertig sind“, so Jacobi weiter. Unter dem Strich sehe er die „Umfeldqualität“ am Nirgena aber gefährdet. „Das spiegeln mir die Bürgerinnen und Bürger auch wider“, sagte der Bürgermeister. „Da muss man als Kommune dann auch mal dran.“

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Grünen-Ratsherr Oldenbüttel legte nach: „Das mit der Quartiersentwicklung ist ja ein Ergebnis der letzten Jahrzehnte, und Städte haben es zugelassen.“ Er wollte wissen, ob die Stadt mit dem Anfragesteller über alternative Standorte für seinen Bordellbetrieb gesprochen habe. „Daran denke ich überhaupt nicht“, wurde Claus Jacobi deutlich. „Die Ansiedlung von Bordellen und Puffs gehört für die Stadt nicht zu den Aktivitäten der Wirtschaftsförderung. Ich habe kein Ansinnen, in Gevelsberg einen Bordellbetrieb ansiedeln zu müssen.“ Später erklärte er, dass es nach derzeitiger Rechtslage unter Umständen Situationen gebe, in denen die Stadt einen solchen Betrieb genehmigen müsse.

Grundsätzlich ist es möglich, gegen einen Bebauungsplan zu klagen, wenn dabei formelle Fehler gemacht werden. Die Stadt lässt sich daher nach eigenen Angaben in dieser Angelegenheit von einer renommierten Anwaltskanzlei beraten. Die Fraktionen stimmten am Montagabend einstimmig dafür, einen Bebauungsplan für den Bereich Nirgena aufzustellen.