Gevelsberg. Vorfall am Gymnasium Gevelsberg erhitzt weiter die Gemüter: Polizei sieht keine Gefahrenlage, Schulleitung sprach von angedrohter Amoktat.

Viel Lärm um Nichts? Gab es am Dienstag im Gymnasium in Gevelsberg tatsächlich eine Amokdrohung oder war alles doch nur ein großes Missverständnis mit weitreichenden Folgen? Polizei und Schule haben eine unterschiedliche Sicht auf das Ereignis, das für viel Angst und Unverständnis bei Schülern und Eltern sorgte.

Rückblick: Ein Lehrer hat sich bei der Polizei gemeldet, nachdem ihn Schüler ansprachen und über ein mögliches verdächtiges Verhalten eines Mitschülers informierten. Das war am Dienstag, 9. Mai, gegen 12 Uhr. „Wir sind zu keinem Zeitpunkt von einer drohenden Amoktat ausgegangen“, sagt Isabell Kircher, Pressesprecherin der Kreispolizeibehörde auf Nachfrage dieser Zeitung zur Ausgangslage. Sonst wären die alarmierten Einsatzkräfte nicht mit zwei Fahrzeugen zur Schule gefahren, sondern mit etlichen. Es wären gesonderte taktische Maßnahmen in Gang gesetzt worden, die erheblich gewesen wären, und der Einsatz sei nicht innerhalb drei Stunden beendet worden.

Eltern beunruhigt

Die Polizei sei lediglich von einer möglichen Bedrohungslage ausgegangen. Isabell Kircher erklärt, dass Ausgangspunkt der Ermittlungen Gerüchte über verschiedene Äußerungen gewesen seien, die an verschiedenen Tagen von einem 16 Jahre alten Jungen aus Sprockhövel getätigt worden seien sollen. Während die Polizei diese als weniger brisant einstuft, bewertet die Schule auch am Tag danach dies als eine angedrohte Amoktat. So bezeichnet sie die Ereignisse jedenfalls auf ihrer Homepage. Und weiter hieß es dort: „In enger Zusammenarbeit mit der Polizei konnte die Lage geklärt werden.“

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Eine Formulierung, die für Unverständnis bei der Polizei sorgte. „Es bestand zu keiner Zeit eine Gefahr“, erklärt Isabell Kircher. Außerdem sei der Junge, von dem die Rede war, bereits zu Hause gewesen, als die Polizei zur Schule gerufen wurde. Ein Streifenwagen sei dann zu ihm und seiner Familie gefahren, schnell sei gesichert geklärt worden, dass keine Gefahr von ihm ausgehe.

Polizei irritiert über Schule

Die Frage: Wieso die Schule das Ereignis als angedrohte Amoktat angesehen und auch so auf der Homepage bezeichnet hat, beantwortet Stefanie Siepmann nicht und verweist auf folgende Aussage: „Bei den Vorgängen an unserer Schule hat es sich entgegen anfänglicher Befürchtungen nicht um eine geplante Amoktat gehandelt. Zu keinem Zeitpunkt hat eine konkrete Gefährdungslage für die Schülerinnen und Schüler bestanden. Die Umstände des bedauerlichen Vorfalls, die insbesondere Schülerinnen und Schüler sowie Eltern viele Ängste, Sorgen und Nöte bereiten, werden umgehend und intensiv mit allen am Schulleben Beteiligten und Gremien kommuniziert, aufgearbeitet und präventiv genutzt.“

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Das Wort Amoktat ist mittlerweile von der Homepage verschwunden und wurde durch Polizeieinsatz ersetzt. In einem weiteren Beitrag der Schule, der am 11. Mai, hinzugefügt wurde, steht erstmals mehr zu den Gründen des Einsatzes: „Hintergrund ist, dass Schülerinnen und Schüler verdächtige Äußerungen eines Mitschülers an eine Lehrkraft gemeldet haben. Daher gab es zunächst Hinweise auf eine potenzielle Bedrohungslage. Tatsächlich lag diese nicht vor. Einsatzkräfte konnten den konkreten Sachverhalt mit allen Beteiligten klären. Eine akute Gefahrensituation bestand zu keinem Zeitpunkt.“

Gemeinsame Aufarbeitung

Es sei wichtig, die Polizei hinzuziehen, wenn es Anhaltspunkte für eine Gefahrenlage gebe, erklärt Isabell Kircher. Die Schule habe sich richtig verhalten. Dass das Gymnasium einen Tag nach dem Ereignis auf der Homepage öffentlich über eine angedrohte Amoktat spricht, kann sie aus Sicht der Polizei aber nicht verstehen. Und auch die Schule selbst nimmt mittlerweile Abstand davon und hat dieses gelöscht.

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Und wie sieht das weitere Vorgehen bezüglich der Aufklärung des Sachverhalts auch in Zusammenarbeit mit der Polizei aus? Stefanie Siepmann antwortet schriftlich dazu: „Der Vorfall wird durch enge Zusammenarbeit mit der Bezirksregierung, dem Schulträger, der Polizei, unseren Sozialpädagoginnen und externen Beratungsstellenaufgearbeitet.“

Unnötige Ängste

Was am Ende bleibt, sind viele Konjunktive und Unklarheiten. Und genau das ist auch das Problem. Zu wenig Informationen bieten naturgemäß Platz für zu viele Gerüchte und Spekulationen. Die Folge: Besorgte Eltern meldeten sich in der Redaktion und ärgerten sich, dass sie nicht rechtzeitig informiert worden sind. Stefanie Siepmann, die stellvertretende Schulleitung, erklärt dazu auf Nachfrage dieser Redaktion. „Das betroffene Elterngremium wurde noch am selben Tag informiert. Aufgrund des besonderen Schutzes, den Jugendliche genießen, fand und findet prinzipiell keine proaktive Kommunikation statt.“ Auf der Homepage steht dazu: „Die Aufarbeitung dieses Vorfalls steht jetzt im Vordergrund.“