Ennepetal. Ein Kunststoffbehälter lässt den Konflikt um die Zufahrt zu vier Häusern in Ennepetal wieder aufleben. Die Stadt will nun eine nachhaltige Lösung.

Ein 1000-Liter-Kunststoffbehälter hat den einstweilig ruhenden Konflikt um eine Zufahrt zu vier Wohnhäusern an der Heilenbecker Straße in Ennepetal wieder aufleben lassen. Nun will die Stadt gemeinsam mit dem Ruhrverband eine nachhaltige Lösung für das Problem suchen.

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Der Ausgangspunkt

Das Hochwasser im Juli 2021 hatte den Weg über die an der Stelle verrohrte Heilenbecke zerstört. Dieser Weg führt mitten durch ein an der Heilenbecker Straße gelegenes Grundstück und wurde von den Hinterliegern genutzt, um deren Häuser zu erreichen. Über die Frage der Reparatur kam es zum Streit. Die Eigentümerin des Grundstücks, auf dem sich der Weg befand, wehrte sich gegen die Wiederherstellung. Ihre Argumente: Zum einen solle die Heilenbecke offen gelegt werden, um den Hochwasserschutz für ihre eigenen Gebäude zu verbessern; dies sei bereits mit der Unteren Wasserbehörde beim Ennepe-Ruhr-Kreis und der Stadt Ennepetal abgestimmt. Zum anderen bestehe für die Hinterlieger überhaupt kein Wegerecht, sie habe die Nutzung der Zuwegung, die mitten durch ihr Grundstück führt, immer nur geduldet.

Die einstweilige Lösung

Der monatelang ungelöste Konflikt spitzte sich zu, als die Stadt nach vergeblichen Vermittlungsversuchen den Hinterliegern Mitte Oktober eine „Ordnungsverfügung mit der vorläufigen Nutzungsuntersagung“ zustellte – weil nämlich Feuerwehr und Rettungsdienst die zum Teil Jahrhunderte alten Häuser nicht mehr erreichen könnten, die Stadt aber für die Sicherstellung der Möglichkeit zur Brandbekämpfung und zur Rettung von Menschen und Tieren verantwortlich sei. Die Anwohner, die auch keine Öl-, Flüssiggas- oder Holzlieferungen erhalten und deren Sickergruben nicht geleert werden konnten, erreichten am Landgericht Hagen und am Amtsgericht Schwelm jeweils einstweilige Verfügungen, wonach die Eigentümerin im Rahmen des Notwegerechts (§917 BGB) vorläufig die Wiederherstellung des Weges dulden müsse – auf Kosten der Nutzer. Schließlich wurde der Weg wieder hergestellt, es kehrte erst einmal Ruhe ein.

Das neuerliche Problem

Dann kam der lang anhaltende Regen zu Beginn dieses Jahres. Vom 12. auf den 13. Januar setzte sich ein von den Fluten der Heilenbecke mitgerissener 1000-Liter-Kunststoffbehälter vor die Verrohrung. Der Fluss überspülte den nur provisorisch mit verdichtetem Schotter hergestellten Weg und zerstörte ihn erneut. Daraufhin wollten die Anwohner die Zuwegung schnell wieder herrichten lassen. Doch zunächst kam es zu einer neuerlichen Auseinandersetzung mit der Grundstückseigentümerin. „Meine Mandantin wurde morgens wach, da standen Bauarbeiter auf ihrem Grundstück“, erklärt ihr Anwalt Meinolf Schütte. Man habe ihr am vorangegangenen Nachmittag eine Ankündigung der Arbeiten in den Briefkasten geworfen. „Nachmittags guckt man aber nicht mehr unbedingt in den Briefkasten“, so Schütte. Also habe seine Mandantin die Bauarbeiter nach Hause geschickt. „Man hätte ihr doch sagen können, ,In drei Tagen geht es los’.“

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Die Hinterlieger setzten ein Eilverfahren in Gang, auch ein Gerichtsvollzieher war vor Ort. Schließlich wurde der Weg wieder provisorisch instandgesetzt. Rechtsanwalt Schütte betont, dass die Hinterlieger natürlich das Recht dazu hätten, das aus den vorläufigen Entscheidungen der Gerichte resultiere. „Es ist aber noch kein einziger Prozess abgeschlossen“, ergänzt er. Die einstweiligen Verfügungen stammen aus dem November 2021.

Das weitere Vorgehen

Nach dem Wiederaufbrechen des Konflikts streben Stadt und Ruhrverband nun eine nachhaltige Lösung an. Der Ruhrverband ist deshalb mit im Boot, weil ihm zu Jahresbeginn die Gewässerunterhaltungspflicht von der Stadt übertragen worden war (wir berichteten). „Wir werden ein Planfeststellungsverfahren einleiten“, kündigte Marco Heimhardt, Leiter des Fachbereichs Planen, Bauen und Umwelt, in der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung an. „Fakt ist, dass das Gewässer umgelegt werden muss“, sagte er auf Nachfrage dieser Zeitung. „Darüber sind sich alle Beteiligten einig.“ Während der Verlauf des Gewässers bereits klar mit allen abgestimmt sei, auch mit der Unteren Wasserbehörde, sei die Frage der Zuwegung der Knackpunkt. Die Eigentümerin habe sich zwar bereit erklärt, an anderer Stelle ein Grundstück zur Verfügung zu stellen. „Dort müssten wir eine Brücke bauen, der Weg würde dann im Kurvenbereich in die Heilenbecker Straße einmünden“, erklärt Marco Heimhardt. Das werde der für die Landesstraße zuständige Landesbetrieb Straßen NRW kaum zulassen. Denkbar sei prinzipiell, dass die Erschließung da bleibe, wo sie ist, allerdings mit einem Brückenbauwerk, aber auch Möglichkeiten oberhalb oder unterhalb seien in Betracht zu ziehen, so Heimhardt.

Planfeststellungsverfahren

Mit einem Planfeststellungsverfahren entscheidet die Bezirksregierung als Planfeststellungsbehörde, ob sie raumbedeutsame Vorhaben zulässt. Unter anderem kann es in einem solchen Verfahren um die Inanspruchnahme privater Grundstücke gehen.

Im Verfahrensverlauf sollen öffentliche und private Belange einerseits sowie Argumente, die für ein Vorhaben sprechen andererseits, gegeneinander abgewogen werden. Insofern werden alle Beteiligten angehört. Im Einzelfall können sich Interessen zum Beispiel des Naturschutzes, der Landwirtschaft oder des privaten Eigentums als vorrangig erweisen. Dann müsste das Planungskonzept geändert oder ergänzt werden, um das angestrebte Ziel – im vorliegenden Fall Hochwasserschutz, ökologische Verbesserung des Gewässers und Erschließung von Grundstücken – zu erreichen.

Am Ende des Verfahrens wird mit einem Planfeststellungsbeschluss darüber entschieden, ob und gegebenenfalls wie das beantragte Vorhaben umgesetzt werden darf. Ein solches Verfahren nimmt in der Regel einige Zeit in Anspruch. Gegen den Planfeststellungsbeschluss kann anschließend auch noch Klage erhoben werden.

Meinolf Schütte erklärt, dass seine Mandantin sehr an einer nachhaltigen Lösung interessiert sei. Hinsichtlich der Kosten für die Gewässerumlegung, aber auch die neue Erschließung der hinterliegenden Grundstücke geht man bei der Verwaltung nach derzeitiger Lesart übrigens davon aus, dass diese prinzipiell von der Stadt zu tragen wären, man dafür aber auch Fördermittel generieren könne.