Schwelm. Die Helios Klinik in Schwelm hat wieder zwei Krankenhausseelsorger. Wer dabei an letzte Ölung am Krankenbett denkt, liegt falsch.
Wer im Krankenhaus liegt ist nicht nur krank, sondern hat meist auch einiges zu verarbeiten. Wenn ein Unfall von der einen auf die andere Sekunde das Leben verändert, wenn die Krankheit den Alltag immer mehr bestimmt, wenn eine Heilung unmöglich ist, wenn Entscheidungen die Dinge hätten ändern können. Patientinnen und Patienten haben sehr viel Zeit über all das nachzugrübeln. Sophie Bunse und Dirk Küsgen stehen diesen Menschen zur Seite. Die beiden Krankenhausseelsorger im Schwelmer Helios hören zu und helfen den Menschen dabei, einen Weg hinaus aus der Gedankenspirale zu finden. Dabei wissen nur die wenigsten, dass es sie überhaupt gibt.
Lange Zeit war Dirk Küsgen der einzige Krankenhausseelsorger im Klinikum. Jetzt wird er von Sophie Bunse unterstützt. Eigentlich gibt es sogar vier halbe Stellen, die der Klinik für die Seelsorge von den Kirchen zugeordnet sind. Dirk Küsgen war 25 Jahre Gemeindepfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde in Gevelsberg und übernahm im Oktober 2016 eine halbe Stelle im Helios, kurze Zeit später wurde es eine ganze.
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Nun, Jahre später, schließt Sophie Bunse die Lücke im Team, sie wurde vom Bistum und der Pfarrei St. Marien nach Schwelm geschickt, die Gemeindereferentin übernimmt eine der beiden noch offenen halben Stellen. „Es ist gut, dass wir jetzt beide Konfessionen abdecken“, sagt Dirk Küsgen und betont, dass diese bei der Arbeit zwar keine Rolle spielen, aber es gut sei, den Patientinnen und Patienten die Möglichkeit zu bieten zu wählen. Fest steht aber: „Wir reden mit jedem, der den Bedarf hat.“
Auch schwierige Momente
Über welches Thema? Das entscheiden die Patientinnen und Patienten selbst. Über das Wetter, die eigene Biographie, Dinge, die im Kopf umherschwirren, Ängste. Einmal hat Dirk Küsgen für ein Ehepaar die Trauzeremonie am Krankenbett noch mal gefeiert. „Das steht in keinem Kirchenbuch“, sagt er. Doch es hat den Beiden und der Familie sehr geholfen, Kraft gegeben. Sophie Bunse berichtet von einem Gottesdienst, den sie auf einem Krankenzimmer gehalten hat - anlässlich des 40. Hochzeitstages eines Paares. Das sei eine große Hilfe für das Paar gewesen, den Abschied zu akzeptieren. Der Mann ist kurze Zeit später gestorben.
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Manchmal geht es auch einfach nur um Small Talk, um Langweile zu vertreiben. Und immer geht es darum, gemeinsam Zeit zu verbringen. „Leider können wir nicht alle besuchen, selbst jetzt zu zweit ist das nicht zu realisieren“, sagt Küsgen, aber nun sei vieles mehr möglich. „Es ist aber nicht so, dass wir den ganzen Tag nur Gespräche führen“, sagt Sophie Bunse. Es müssen Gottesdienste vorbereitet werden, alle sechs Monate werden die Sternenkinder beerdigt, es werden Mitarbeitergespräche geführt, wird Hilfe organisiert. Wenn jemand keine Angehörigen hat, wird zum Beispiel Kleidung besorgt. „Die Kirchen haben Netzwerke, die nicht nur im Krankenhaus helfen, sondern auch darüber hinaus“, sagt Sophie Bunse und meint die Diakonie in der Evangelischen Kirche und die Caritas in der katholischen.
„Eine ganz wichtige Rolle spielen außerdem die Lila Damen“, sagt Dirk Küsgen. Die Ehrenamtlichen besuchen ebenfalls die Patientinnen und Patienten, bringen ihnen Dinge, die sie benötigen und kümmern sich.
Kostenloses Angebot für jeden
Der Hinweis dafür, wer einen Besuch vom Seelsorgeteam gebrauchen könnte, kommt vom Personal, von den Therapeuten, den Angehörigen, nur die wenigsten Patientinnen und Patienten würden sich selbst melden. Einige sind auch überrascht, wenn die Krankenhausseelsorger in der Tür stehen. Auch, weil nicht viele von der Möglichkeit wissen oder auch denken, dass sie religiös sein sollten. „Müssen sie nicht“, sagt Sophie Bunse. Und noch ein Irrglaube, mit dem Küsgen und Bunse tagtäglich konfrontiert werden: Die Patientinnen und Patienten würden beim Begriff Krankenhausseelsorger an die letzte Ölung denken, dass das Ende naht. Natürlich gehöre das auch zur Arbeit, aber nur zum geringen Teil. „Wir kommen nicht nur, wenn jemand im Sterben liegt“, sagt Sophie Bunse. Das sei sogar in den wenigsten Fällen so, „wir sind für jeden da.“
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Der Mann, der einen Schlaganfall hatte, die Worte nicht mehr fand, der ist Dirk Küsgen aus seiner Zeit als Vikar im Gedächtnis geblieben. Auch mit der Schreibmaschine konnte er sich nicht ausdrücken, war verzweifelt, schrie, warf die Maschine an die Wand. Dirk Küsgen blieb und schwieg. Drei Wochen später konnte der Mann noch immer nicht sprechen, aber er legte beide Hände auf Küsgens Kopf und dankte ihm so dafür, dass er in diesen schweren Stunden bei ihm ist. Sophie Bunse, die in den vergangenen fünf Jahren in einem Bochumer Krankenhaus als Seelsorgerin arbeitete, gehen vor allem Schicksale von Kindern und Jugendlichen nahe. Wie man mit all diesen schweren Situationen umgeht? Supervision, Gespräche, Gebete, die Fälle aufschreiben und Sport zum Abreagieren. Sophie Bunse freut sich, jetzt in Schwelm zu sein. Die 40-Jährige sagt: „Es ist eine sinnvolle Arbeit, die kostenlos ist und doch so wertvoll.“
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Krankenhausseelsorger zu sein, war schon immer der Wunsch von Dirk Küsgen. Es sei die intensivste Form der Theologie, sagt der 61-Jährige. „Man konzentriert sich auf das Wesentliche.“ Nämlich die Hilfe für den Menschen. Es gehe darum, dabei zu helfen, Lösungen zu finden, neuen Mut zu fassen, Dinge zu bewältigen, um nach vorne zu blicken. Dafür zu sorgen, dass ein bisschen weniger gegrübelt wird.
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