Schwelm/Ennepe-Ruhr. Der Energieversorger AVU hat den Städten und dem Ennepe-Ruhr-Kreis die Verträge für Strom- und Gaslieferung gekündigt. Das sind die Hintergründe.

Es war eine kurze Mitteilung während einer politischen Sitzung in Schwelm: Der Energieversorger hat der Kommune Strom- und Gaslieferverträge zum 31. Dezember 2023 gekündigt. Betroffen sind sämtliche Liegenschaften der Stadt und auch die Straßenbeleuchtung.

Bis zum 1. Januar 2024 müssen neue Verträge her. Die Ausschreibung erfolgt europaweit, wie die Stadt auf Nachfrage der Redaktion später erklärt. Energieversorger ist die AVU. Die Vorbereitung für die Ausschreibung soll interkommunal stattfinden, also gemeinsam mit anderen Städten.

Die AVU hat nämlich auch diesen die Verträge gekündigt. Sieben von neun Kommunen im Ennepe-Ruhr-Kreis – und der Ennepe-Ruhr-Kreis selbst – beziehen Energie des Unternehmens: Breckerfeld, Ennepetal, Gevelsberg, Hattingen, Schwelm, Sprockhövel und Wetter an der Ruhr.

Verweis auf Preissteigerungen

„Das ist normales Geschäft – die Preissteigerungen im letzten Jahr sind die Ursache“, so AVU-Sprecher Jörg Prostka zu den Hintergründen für die Kündigungen. Das sei vergleichbar mit Laufzeit-Verträgen bei Privatkunden, die das Unternehmen ebenfalls habe kündigen müssen. „Wir wussten, wir können das preisliche Niveau nicht halten“, sagt Prostka.

Im August 2022 hatte der Energieversorger über Preissteigerungen bei Strom und Gas informiert. Insgesamt hätten sich diese Handelspreise für den langfristigen Einkauf in den vergangenen zwölf Monaten versechsfacht, hatte AVU-Vorstand Uwe Träris damals mit Blick auf die Gas-Beschaffung gesagt. Und auch beim Strom seien die Handelspreise und damit die Beschaffungskosten innerhalb eines Jahres etwa um das Fünffache angestiegen.

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Die AVU habe den Städten fristgerecht gekündigt. Ein Vorgehen, das es in der Vergangenheit in diesem Maße nicht gab. „Wir sahen keinen Grund zur Kündigung, weil die Wirtschaftlichkeit des Vertrags sich nicht geändert hat“, erklärt Jörg Prostka weiter. Die AVU habe die Preise so aber nicht halten können. Eine Frage der Wirtschaftlichkeit.

Kommunen sind Anteilseigner

Die AVU gehört den Städten Schwelm, Gevelsberg und Ennepetal sowie dem Ennepe-Ruhr-Kreis anteilig zu insgesamt 50 Prozent. Die andere Hälfte gehört der Westenergie AG aus Essen, einem Tochterunternehmen des Energiekonzerns Eon.

Vertreter der Städte und des Ennepe-Ruhr-Kreises sitzen im Aufsichtsrat und im Beirat der AVU, die ihren Hauptsitz in Gevelsberg hat. Darunter sind beispielsweise Gevelsbergs Bürgermeister Claus Jacobi, Ennepetals Bürgermeisterin Imke Heymann, Schwelms Bürgermeister Stephan Langhard und auch Landrat Olaf Schade. Schwelms möglicher zukünftiger Sparkassenchef Oliver Flüshöh als derzeit noch Landesgeschäftsführer der Kommunalpolitischen Vereinigung NRW gehört dem Aufsichtsrat ebenfalls an. Ralf Schweinsberg als Beigeordneter der Stadt Schwelm ist Mitglied des Beirats.

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„Die AVU, die wir als lokalen Energieversorger sehr schätzen, hat uns vorab über die vertragsgemäße Kündigung der Verträge aus wirtschaftlichen Gründen informiert“, antwortet Heike Rudolph, Sprecherin der Stadt Schwelm, von der die Redaktion wissen wollte, wie sie die Vertragskündigungen bewertet. „In Anbetracht der Umstände ist dies ein normales Geschäft. Ein Unternehmen hat auch eine Verantwortung sich selbst gegenüber.“

Ausschreibung in diesem Jahr

AVU-Sprecher Prostka betont: „Natürlich möchten wir die Stadt Schwelm als Kunden behalten und werden uns an der Ausschreibung mit einem marktfähigen Angebot beteiligen.“ Die AVU habe sich in der Vergangenheit stets an den Ausschreibungen beteiligt und bis auf eine Ausnahme den Zuschlag bekommen.

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Welche Auswirkungen die Kündigung der Strom- und Gaslieferverträge für die Schwelm aus finanzieller Sicht hat, ist laut Stadt derzeit noch nicht absehbar. Der Ennepe-Ruhr-Kreis als größter kommunaler Anteilseigner der AVU äußerte sich auf Nachfrage zur Ausschreibung für die künftige Versorgung wie folgt: Die Energieversorgung der Kreisverwaltung ist bis Ende des Jahres gesichert und eine Neubeschaffung beziehungsweise Ausschreibung der Energieträger in diesem Jahr geplant mit Vertragsbeginn zum 1. Januar 2024.“