Gevelsberg. Eine Studentin aus Gevelsberg nimmt verschiedene Partydrogen. Was ihr der Konsum gibt, was sie zum Nachdenken bringt.

MDMA, Kokain, Pilze, Pep – genauso gehören Kiffen und Alkohol für Sarah (Name geändert) irgendwann beim Feiern dazu. Auch schon mal in Kombination. Den Kopf freikriegen, den Alltagsstress für eine Nacht vergessen, sich ausprobieren. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb die 24-Jährige Studentin aus Gevelsberg zu Partydrogen gegriffen hat.

2017 ist sie auf einem großen Musikfestival. Elektronische Tanzmusik. Zu dieser Zeit ist Sarah 18 Jahre alt und probiert das erste Mal MDMA. „Ich wollte es einfach mal gemacht haben und da wurde viel konsumiert“, erinnert sie sich heute.

Für sie ist es eine Art Startschuss. „Je tiefer ich in die Techno-, Goa- und Hardcoreszene gerutscht bin, desto normaler wurde es“, gibt sie zu. „Da gehst Du auf kleinere Veranstaltungen und da liegen ganz normal Lines auf dem Tisch.“ Und Sarah schnupft immer öfter mit. Anonym hat sie sich dazu bereit erklärt, der Redaktion Einblicke in diese Szene zu gewähren, die vielen verschlossen bleibt und sich aus ihrer Sicht stellenweise positiv von „herkömmlichen“ Partys unterscheidet.

Schlussstrich nach Filmriss

Was für Folgen der Konsum haben kann, darüber ist Sarah sich sehr bewusst. Die Studentin kennt sich mit den Wirkungen verschiedener Drogen gut aus, ist informiert. Und eben auch erfahren. Sie weiß, womit sie sich gut fühlt und womit nicht, wie bestimmte Drogen gegenseitig ihre Effekte verstärken oder abschwächen. Wie jemand Drogen nimmt und ob diese zum Teil nicht sogar legal sein sollten, dazu hat sie eine differenzierte Meinung.

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Zunächst ist aber wichtig, dass die Gevelsbergerin für sich einen Schlussstrich gezogen hat. Zumindest bislang. „Bis Corona kam, habe ich so drei-, viermal im Jahr Drogen genommen“, erklärt sie. „Ende 2021/Anfang 2022 hat es dann aber ein bisschen Überhand genommen.“ Überhand heißt in diesem Fall: Dreimal im Monat. „Das war einfach zu viel“, sagt Sarah. „Man verliert den Bezug dazu, dass es illegal ist“. Gleichzeitig verändere sich die Toleranz – wie beim Alkohol. „Je häufiger man etwas nimmt, desto mehr verschwimmen die Mengen“, beschreibt sie das. Bedeutet: Sie hat mit der Zeit immer mehr Drogen vertragen. Morgens zwischen 8 und 9 Uhr kommt sie von der Party. Um 10 Uhr ist sie zuhause und raucht noch einen Joint. Zum Runterkommen. Nach dem Duschen geht es direkt ab zum Sport. Eine Belastung für Herz und Kreislauf.

Ihr persönliches Schlüsselerlebnis ist ein Morgen nach einer durchfeierten Nacht. Sie hatte Alkohol getrunken, gekifft und Pep genommen. „Wenn man Pep oder Koks zieht, verträgt man viel mehr Alkohol, weil man den Rausch nicht merkt“, erklärt Sarah. „Ich habe dann noch Ketamin genommen und hatte später einen Filmriss von mehreren Stunden.“ Nach einer Corona-Erkrankung kommen für sie außerdem Herzprobleme dazu. „Seit einem halben Jahr mache ich es fast gar nicht mehr in Richtung Drogen“, verrät die 24-Jährige.

Unterschied zum Alkohol

Alkohol in Verbindung mit anderen Drogen ist für sie ohnehin ein spezielles Thema. „Früher habe ich nie Alkohol dazu getrunken. Im Rausch war ich daher immer noch in der Lage, Entscheidungen zu treffen“, erklärt Sarah. „Das war mit Alkohol dann nicht mehr so“.

Alkohol macht für sie auch einen Unterschied zwischen der Szene, in der sie sich zum Feiern bewegt, und beispielsweise Veranstaltungen aus, auf denen vor allem und überwiegend Alkohol getrunken wird. „Leute auf einem Rave wissen: Nein heißt nein“, sagt die junge Frau. „Anders als beim Feiern mit Alkohol: Da werde ich schon mal belästigt.“

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Ihrer Erfahrung nach haben Menschen auf Drogen weniger Lust auf Gewalt. Und: „Die Szene ist viel größer, als man sich das vorstellen kann“, gibt Sarah weitere Einblicke in die Welt der Drogenpartys. Sie kenne Eltern, die ihre Kinder bei den Großeltern abgeben würden, um hin und wieder mal ein Wochenende auf Drogen zu feiern. Auf Partys treffe sie normale Geschäftsleute genauso wie Erzieher und sogar Polizisten, die privat mal „Fünfe gerade sein lassen“, wie sie sagt.

Kein Suchtempfinden gehabt

Einen Suchtdruck habe sie trotz ihres steigenden Drogenkonsums nicht gehabt, sagt Sarah. Nicht einmal ansatzweise so wie sie ihn hatte, als sie mit dem Rauchen aufgehört habe. Sollten bestimmte Drogen aus ihrer Sicht – so wie Alkohol – legal sein? Sie kenne Menschen, die mit Alkohol abgestürzt sind, sagt sie. Und sie weiß: „Beim Dauerkiffen kann man Psychosen bekommen“.

Begriffserklärung und Drogenberatung

Wer sich im Ennepe-Ruhr-Kreis an eine Drogenberatungsstellewenden möchte, hat dafür verschiedene Anlaufstellen. Unter anderem bietet die Caritas Beratungszeiten und offene Sprechstunden an. Eine Übersicht dazu gibt es unter: www.caritas-en.de/helfen-beraten/suchthilfe/sucht-und-drogen

Auch die AWo bietet Hilfe an. Eine Übersicht hierfür gibt es unter: www.awo-en.de/Sucht-und-Drogenberatung.

Sie kenne aber ebenso auch Leute, die über Jahre gut mit ihrem Drogenkonsum klargekommen seien. „Jeder kann für sich selbst entscheiden: Trinke ich jetzt zwei, drei Gläser Wein oder rauche ich ein bis zwei Joints“, sagt die junge Frau aus Gevelsberg.

„Ich finde es aber schwierig, zu sagen, man legalisiert“, schränkt sie ein. „Dann muss man sich fragen, wo ist die Grenze? Legalisiert man MDMA und Ketamin nicht?“ Eine Überdosis bei Ketamin sei gefährlicher als bei anderen Drogen. Ihr sei mit gerade einmal 18 Jahren nicht bewusst gewesen, was sie tue. „Ich hatte aber Personen in meinem Umfeld, denen ich vertraut habe“, sagt sie. Zum Beispiel bei der Dosierung oder in der Art, dass sie auch im Drogenrausch auf einen aufpassen. Auch in den Jahren darauf habe sie mit Menschen gefeiert und konsumiert, denen sie vertraut.

Sich der Risiken bewusst

Das Alter ist ein kritischer Punkt für sie. „Wenn man in so einem Alter erwischt wird, kann man sich halt auch sein Leben verbauen“, macht Sarah klar. „Ich finde nicht gut, dass auf bestimmten Goa-Partys auch Jüngere mit Muttizettel reinkommen.“ Diesen können Eltern ausfüllen und unterschreiben, um Jugendlichen unter 18 Jahren den Besuch eines Konzerts, einer Party oder eines Clubs zu ermöglichen. Auch wenn sie das altersbedingt laut Jugendschutzgesetz nicht dürften.

„Mir ist bewusst, dass es gefährlich ist“, sagt Sarah über die Drogen. „Ich habe aus meiner Sicht aber einen gesunden Umgang damit.“ Ob und falls ja wann sie wieder Drogen nimmt, lässt sich die Studentin bewusst offen. „Ich gehe immer noch gerne auf Techno-Partys“, sagt sie. Sie sage sich aber nicht, dass sie nie wieder Drogen nehme. „Da setzt man sich nur unter Druck“, so ihre Meinung.

Die 24-Jährige macht deutlich: „Für mich war immer klar, dass es nicht zu meinem Alltag gehört.“ Drogen seien für sie bei viel Stress eine schöne Ablenkung. „Die Probleme holen einen aber wieder ein“, weiß sie auch.