Schwelm. Schwelm möchte ein neues Schwimmbad bauen. Die Kosten sind schon jetzt stark gestiegen. Der aktuelle Freibadbetreiber möchte vorzeitig aufhören.
Die Zukunft der Bäderlandschaft steht in Schwelm ebenso auf der Investitionsliste wie die neuen Standorte für die Feuerwehr. Und auch die Bäder sind ein dickes Brett, das die Stadt zu bohren hat. Ein neues Ganzjahresbad soll dort entstehen, wo heute das Schwelmebad steht. Das Hallenbad ist außerdem in die Jahre gekommen, so dass die Stadt an dieser Stelle noch vor dem Neubau ebenso investieren muss.
„Die Grobkostenrechnung für den reinen Neubau beläuft sich derzeit auf rund 21,5 Millionen Euro“, erklärt die Stadtverwaltung mit Blick auf das Ganzjahresbad. Hinzu kämen weitere Kosten für Vergabeverfahren. Geschätzte Summe: etwa 1,5 Millionen Euro. Eine externe juristische und fachliche Begleitung werde ebenfalls nötig sein.
„Haben wir nicht 15 Millionen beschlossen?“, fragte Jürgen Senge von der Fraktion Die Linke in der jüngsten Sitzung des Liegenschaftsausschusses. Damit spricht er eine von der Politik beschlossene Deckelung der Gesamtkosten für das Ganzjahresbad von 15 Millionen Euro an. „Wir haben schon beim Wettbewerb gesehen, dass das nicht hinhaut“, sagte Ralf Schweinsberg, Technischer Beigeordneter der Stadt Schwelm, über die Kosten.
+++ KOMMENTAR: Schwimmbäder in Schwelm: Braucht es ein weiteres Spaßbad? +++
Die Stadt hatte einen Wettbewerb ausgelobt, an dem verschiedene Planungsbüros mit ihren Entwürfen für das neue Bad teilnehmen konnten. Durchgesetzt hat sich das Büro pbr mit Hauptsitz in Osnabrück. Schweinsberg verwies auf gestiegene Baukosten: „Als Sie die 15 Millionen beschlossen haben, war noch Frieden in der Ukraine.“ Gleichwohl wurden damals bereits Stimmen laut, dass diese Summe fernab jeder Realität liege.
Neubau-Kosten sollen sinken
Gemeinsam mit dem Planungsbüro sei das Ziel formuliert worden, die Kosten durch mögliche Anpassungen zu reduzieren. Gleichzeitig werde eruiert, ob die Stadt Fördermittel in Anspruch nehmen könne. Laut Schweinsberg hat Bürgermeister Stephan Langhard außerdem beschlossen, dass modular gebaut werden könne. Was das bedeutet, erklärte der Beigeordnete so: „Man kann erstmal einen Teil fertig machen und in Betrieb nehmen, bis sich die Finanzen wieder erholen.“
Während des Verfahrens soll die Politik noch die Möglichkeit haben, einen anderen Kurs einzuschlagen. „Wir haben auch Ausstiegsszenarien vereinbart, aber wir müssen erstmal anfangen, damit Sie entscheiden können, ob Sie aussteigen“, sagte Ralf Schweinsberg in Richtung der Lokalpolitiker.
Lesen Sie auch:
- Schwelm: Neues Grundstück für Feuerwehrstandort
- Schwelmer zeigt Genossenschaft wegen Körperverletzung an
- Schwelm: Mehr als 30 Millionen Euro für Heinemann-Schule
Eine Baustelle, die vor dem Neubau noch gelöst werden muss, ist das Hallenbad. „Wir müssen prüfen lassen, ob durch das salzhaltige Wasser das Becken noch tragfähig ist“, so der Beigeordnete im Liegenschaftsausschuss. Die Sole habe Bauteile angegriffen. An den entsprechenden Stellen platze Beton ab. „Ein akutes Bauteilversagen ist zur Zeit nicht zu erwarten“, sagte Schweinsberg. Ein Gutachten zur weiteren Prüfung sei beauftragt worden, so die Stadtverwaltung. Auch am Sprungturm gebe es Mängel. Dieser sei deshalb gesperrt, bis das Gutachten fertig sei. Danach werde entschieden, wie es weitergeht, bis das Hallenbad komplett geschlossen wird.
Trägerverein will hinwerfen
Zurück zum Schwelmebad, wo die Probleme noch größer sind. Denn: Fraglich ist, ob das in dieser Saison überhaupt noch eröffnet. Laut Stadt Schwelm sehen sich Ernst-Walter Siepmann und Monika Heumann vom Trägerverein des Bades nicht im Stande, die Saison 2023 durchzuführen. Siepmann bestätigt das auf Nachfrage der Redaktion am Donnerstag. „Es ist ernst“, sagt der Vereinsvorsitzende. „Ich werde 73. Wir haben uns geschworen, dass wir hier nicht mit den Füßen zuerst rausgetragen werden möchten.“
Mit Blick auf die Stadt Schwelm sagt er klipp und klar: „Die sollen zusehen, dass sie ihr neues Bad gebaut kriegen.“ Und wenn das Schwelmebad ein Jahr geschlossen sei, dann sei es so. Siepmanns Frust ist groß. Badegäste würden zu den neuen Bädern in Gevelsberg und Ennepetal abwandern. „Wenn die aufmachen, können wir zumachen“, habe er schon in der Vergangenheit gesagt.
+++ Nichts mehr verpassen: Bestellen Sie hier unseren Newsletter aus Ennepetal, Gevelsberg und Schwelm+++
„Wir sind gesundheitlich am Ende und haben im Verein oder in der Schwimm-Szene keinen, der gewillt ist, uns da zu vertreten“, erklärt Ernst-Walter Siepmann weiter. Der Trägerverein selbst habe mehr als 300 Mitglieder. Von denen würden auch welche helfen. „Viele sind aber berufstätig“, weiß der Vorsitzende. Schon zu Beginn des Jahres hat Siepmann öffentlich kundgetan: „Wir werden jetzt intensiv mit der Planung des Auszugs aus dem Freibad beginnen, um spätestens Ende April das Bad an den Eigentümer zurückgeben zu können.“ Der Vertrag zwischen Trägerverein und Stadt Schwelm läuft noch bis Ende des Jahres 2023.