Gevelsberg. Wie gefährlich war der Großbrand in Gevelsberg für die Feuerwehr? Es soll in der Truppe Unsicherheiten gegeben haben. Das sagt der Feuerwehrchef.

Mehr als 80 Einsatzkräfte hat der Großbrand an der Mühlenstraße in Gevelsberg am zweiten Weihnachtsfeiertag beschäftigt. Mitten in der Nacht hatte es auf der Wülfing-Brache Ecke An der Drehbank angefangen, zu brennen.

Aus einer Lagerhalle des etwa 4000 Quadratmeter großen ehemaligen Betriebsgeländes eines Chemieunternehmens schlugen Flammen. Dichter, schwarzer Rauch zog über die Stadt. Schwierig für die Feuerwehr: Die Halle galt als einsturzgefährdet.

Und tatsächlich lösen sich während des Einsatzes Teile der Dacheindeckung und stürzen in die Einsatzstelle. Wie sich später herausstellt, enthalten sie Asbestfasern. Wie gefährlich war also der Brand für die Bevölkerung? Und wie gefährlich war er für die Feuerwehrleute? Wie ein Informant der Redaktion mitteilte, soll die Lage dramatischer gewesen sein, als behauptet. Ein Schadstoff-Gutachten und Gevelsbergs Feuerwehrchef Falk Ramme sagen etwas Anderes.

Unsicherheit wegen Glasfasern

Wie es hieß, soll es innerhalb der Feuerwehr vor allem wegen der Asbestfasern eine andere Einschätzung der Gefährdungslage gegeben haben. Einsatzkleidung soll deswegen im Nachhinein vernichtet worden sein – und das in einem Maße, dass die Feuerwehr bei einem erneuten Großereignis nicht einsatzbereit gewesen sein soll.

Als die Redaktion Feuerwehrchef Falk Ramme damit konfrontiert, schildert er die Situation beim Großbrand anders. „Wir gehen bei solchen Einsätzen so vor, dass wir uns auch das Objekt angucken und schauen, was dort zum Beispiel verbaut ist“, erklärt er. Und während des Einsatzes sei fortlaufend begutachtet worden. Ein Baufachberater des Technischen Hilfswerks sei zeitnah dafür zur Mühlenstraße gekommen.

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Unsicherheit innerhalb der Truppe habe es gegeben, da sich Glasfasern während des Einsatzes auf der Schutzkleidung abgesetzt hatten, so der oberste Feuerwehrmann der Stadt. „Unsere Aufgabe ist es dann, das in dem Moment zu bewerten und die Gefahr einzuschätzen“, erklärt er. Der Baufachberater habe diese Unsicherheiten aber noch vor Ort ausräumen können.

Wurde Einsatzkleidung vernichtet?

Möglicherweise kontaminierte Einsatzkleidung sei von der übrigen getrennt und begutachtet worden, dafür seien Garnituren auch zum Hersteller geschickt worden. „Es musste keine Garnitur ausgetauscht werden“, sagt Falk Ramme. Generell gebe es für die Einsatzkräfte eine zweite Garnitur als Reserve-Schutzkleidung. „Die Einsatzbereitschaft war zu jeder Zeit gegeben“, macht Ramme deutlich.

+++ KOMMENTAR: Es muss eine Lösung für die Wülfing-Brache her +++

Vor dem Gespräch mit Falk Ramme hatte die Redaktion sich an anderer Stelle in Feuerwehrkreisen umgehört, abseits der Wehrführung. Die Einschätzung des Einsatzes deckte sich mit den späteren Schilderungen des Feuerwehrchefs.

Die Stadt Gevelsberg beauftragte nach dem Einsatz ein spezialisiertes Gutachterbüro für Schadstoffe und Asbestbelastung, um entnommenen Proben zu analysieren. Am Dienstag hatte es die Ergebnisse vorgelegt. Asbestfasern sind demnach nicht freigesetzt worden. Eine Gefährdung für Umwelt und Bevölkerung kann laut Stadt daher ausgeschlossen werden.

Mehr zum Gutachten lesen Sie hier: Nach Großbrand in Gevelsberg – Schadstoffgutachten liegt vor

Die Brandursache ist derweil Angelegenheit der Staatsanwaltschaft Hagen. Dort ist zu erfahren, dass die Ermittlungen diesbezüglich laufen. Nähere Informationen sicherte eine Sprecherin in der kommenden Woche zu.

Wie geht es mit der Brache weiter?

So oder so: Die Immobilie hält die Feuerwehr immer wieder auf Trab. Laut Falk Ramme hat es dort seit 2019 insgesamt acht Einsätze gegeben. Nicht alles Brände. Auch sogenannte böswillige Alarmierungen waren darunter, also falscher Alarm. Aber auch Hilfseinsätze für die Polizei.

Wie soll es damit also weitergehen? Die Stadt sagt dazu: „Bei der Gewerbebrache handelt es sich um ein Privatgrundstück einer inzwischen insolventen GmbH Co KG. Der Eigentümer bzw. der generalbevollmächtigte Anwalt des Eigentümers wurde bereits in den vergangenen Jahren mehrfach auf die Verkehrssicherungspflicht des Grundstückes verwiesen.“

Instandsetzungs- beziehungsweise Unterhaltungsmaßnahmen am Grundstück seien jedoch regelmäßig daran gescheitert, dass vom Eigentümer wegen der Insolvenz keine finanziellen Mittel bereitgestellt worden seien. „Bereits seit geraumer Zeit wird die provisorische Sicherung des Objektes von der Stadt im Rahmen von Ersatzmaßnahmen durchgeführt“, heißt es aus dem Rathaus. Die Rede ist dabei von Bauzäunen und dem Verschließen von Toren. Eine vollständige Zutrittsbeschränkung sei dabei aber nur bedingt möglich, da das Gebäude von unbekannten Personen gewaltsam geöffnet werde, um sich Zugang zu verschaffen.

Entsorgung der Brandreste

Bereits seit mehreren Jahren sei die Stadt Gevelsberg, gemeinsam mit dem Ennepe-Ruhr-Kreis dem derzeitigen insolventen Eigentümer und dem Verband für Flächenrecycling und Altlastensanierung (AAV) in Verhandlungen, um das Grundstück aufzuarbeiten und an einen Dritten weiter zu veräußern.

Vorab seien jedoch noch umfangreiche vertragliche Regelungen mit allen Beteiligten erforderlich, um den Umgang mit den noch aufstehenden Gebäuden, die Durchführung der Altlastensanierungen und abschließende Haftungsfragen zu klären.

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Und wer kommt für die Entsorgung des Asbest-haltigen Materials auf, das beim Brand zu Weihnachten in die Einsatzstelle gestürzt war? „Bei regulären Grundstücksangelegenheiten müsste hierfür der Eigentümer aufkommen“, erklärt die Stadtverwaltung. „Aufgrund der Insolvenz wird dies in diesem Fall wenig Aussicht auf Erfolg haben.“ Bezüglich der Entsorgung der Brandreste – inklusive der Eternitplatten des Daches – befinde sich die Stadt Gevelsberg aktuell in enger Abstimmung mit der Abfallbehörde des Ennepe-Ruhr-Kreises.