Ennepetal. Zu den aktuellen Krisen gesellt sich für die Klinik Königsfeld in Ennepetal 2023 eine Gesetzesänderung. Was bedeutet das für den Standort?
Das Jahr 2022 war für die Klinik Königsfeld ein Jubiläumsjahr. Vor 75 Jahren wurde die erste Station der damaligen Lungenheilstätte Milspe-Holthausen belegt. Aktuell steht die Einrichtung, die über 193 Betten verfügt und in der fast 150 Menschen beschäftigt sind, vor großen Herausforderungen. Während Corona sich immer noch auf den Klinikbetrieb auswirkt, sorgen die enorm gestiegenen Energiepreise für einen erheblichen Kostendruck. Und nun kommt auch noch hinzu, dass Patienten ab dem 1. Juli 2023 ihre Rehaklinik frei wählen können, das bestehende Wunsch- und Wahlrecht somit gestärkt werden soll.
„Der Standort ist mehr als sicher“, betont der Pressesprecher der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen, Jörg Grabenschröer, trotz der zuletzt deutlich anspruchsvoller gewordenen Rahmenbedingungen. Und fügt hinsichtlich der freien Wahl der Rehaklinik hinzu: „Wir sind zuversichtlich, weil die Qualität in der Klinik Königsfeld einfach gut ist.“ Aus der einstigen Lungenheilstätte ist inzwischen eine Einrichtung für Herz-, Kreislauf- und Gefäß- sowie orthopädische Erkrankungen geworden. „Das wir für zwei Indikationen Angebote machen können, schafft eine gewisse Flexibilität“, so Grabenschröer, der zudem auf die innovative Kraft der Einrichtung verweist. So ist der Lehrstuhl für Rehabilitationswissenschaften der Universität Witten/Herdecke an der Klinik Königsfeld angesiedelt, Lehrstuhlinhaber ist der Ärztliche Direktor Prof. Dr. med. Frank C. Mooren. Unter anderem bietet die Klinik inzwischen eine Post-Covid-Rehabilitation an, bei der auch die Kluterthöhle einbezogen wird (wir berichteten).
Norbert Köster, Verwaltungsdirektor der Klinik an der Holthauser Talstraße, weist außerdem darauf hin, dass die gesetzliche Änderung, durch die mehr Transparenz beim Auswahlverfahren für Rehakliniken geschaffen werden soll, für Königsfeld nur einen kleineren Teil des Angebots betreffe, nämlich die klassischen Heilverfahren (Reha/Kur). „In der Kardiologie haben wir aber etwa 70 Prozent Anschlussheilbehandlungen“, so Köster. In diesen Fällen läuft die Vermittlung der Patienten über die Krankenhäuser. Und nicht zuletzt steige die Zahl ambulanter Patienten.
Vor 75 Jahren begann der Betrieb
Die Klinik Königsfeld feierte in diesem Jahr ihr 75-jähriges Bestehen. Am 21. Juli 1947 wurde die erste Station der damaligen Lungenheilstätte Milspe-Holthausen belegt. Die Einrichtung hat eine lange Vorgeschichte: Ende 1927 gab der Kreistag grünes Licht für den lange diskutierten Bau. Am 7. Mai 1929 fand auf Holthausen die Grundsteinlegung statt. Doch aus finanziellen Gründen wurden die Arbeiten Ende 1930 gestoppt. 1935 übernahm die NSDAP den Bau und die NS-Motorsportschule „Ruhrland“ zog ein. Am Ende des Zweiten Weltkriegs diente das Gebäude noch als Lazarett.
1946 übernahm die Landesversicherungsanstalt Westfalen das Haus von der Kreisverwaltung in Schwelm. Im Laufe der Jahre entwickelte sich die Tuberkulose-Heilstätte stetig weiter, wurde zum „Sanatorium Königsfeld“ und schrittweise ausgebaut. Der Betrieb wurde auf die Behandlung unspezifischer Atemwegserkrankungen, von Stoffwechselerkrankungen sowie von Herz- und Gefäßleiden umgestellt, 1974 erhielt das Sanatorium die Bezeichnung „Kurklinik“. Und von 1979 bis 1981 wurde die Einrichtung in zwei Abschnitten abgerissen und komplett neu gebaut. Das Angebotsspektrum wurde um Anschlussheilbehandlungen erweitert, stationäre Rehabilitationsbehandlungen, ambulante und teilstationäre Rehabilitation, Nachsorge sowie der Bereich der Orthopädie kamen hinzu.
Geht es um einen klassischen Reha-Antrag, dann laufe das Verfahren wie folgt, erklärt Jörg Grabenschröer: „Der Versicherte kann sagen, wohin er möchte. Gibt er keinen Wunsch an, dann muss ihm der Rentenversicherungsträger mehrere mögliche Kliniken benennen.“ Diese Auswahl werde über einen Algorithmus ermittelt, bei dem die Qualität zu 50 Prozent, die Verfügbarkeit zu 40 Prozent und die Entfernung zum Wohnort zu 10 Prozent berücksichtigt würden. In einer Art Vergleichsportal der Kliniken könne sich der Versicherte dann genauer informieren, um dann eine Wahl zu treffen, so Grabenschröer. Hinsichtlich der Qualität gehe es um die therapeutische Versorgung, aber auch um die Qualität der Entlassungsberichte. Und sehen Träger und Leitung der Klinik Königsfeld ihr Haus gut aufgestellt.
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Um sich als Klinik zu positionieren, setzt die Leitung in Königsfeld auf zwei Strategien. „Uns ist wichtig, die Kontakte zu den Krankenhäusern zu pflegen und dass Patienten erkennen, dass bei uns eine gute Reha angeboten wird“, erklärt Norbert Köster. Die Qualität versuche man über ein Beschwerdemanagement, Feedbackgespräche mit den Patienten und ein Qualitätsmanagementsystem hoch zu halten. Es blieben zwar gewisse Unsicherheiten, weil man noch nicht wisse, wie sich die Gesetzesänderung in der Praxis auswirke. „Wir sehen uns aber gut aufgestellt“, meint der Verwaltungschef.
Einen Standortnachteil für Ennepetal im Vergleich zu den bekannteren Kurorten gibt es nach Auffassung von Norbert Köster und Jörg Grabenschröer nicht. „Wir haben nicht den klassischen Reha-Standort, die Konkurrenz in der Region ist aber auch nicht so groß wie anderswo.“ Viele Patienten würden zudem die Ruhe und die Natur schätzen, meint Köster. „Für die ist Königsfeld eine gute Alternative.“