Ennepetal. Von der Tuberkulose-Heilstätte zur modernen Reha-Einrichtung: Die Klinik Königsfeld in Ennepetal feiert ihr 75-jähriges Bestehen.

In wunderschöner Natur oberhalb des Holthauser Tals liegt die Klinik Königsfeld. In diesem Jahr besteht die Einrichtung, die zunächst als Tuberkulose-Heilstätte diente und heute eine Schwerpunktklinik der Deutschen Rentenversicherung Westfalen für Herz-, Kreislauf- und Gefäß- sowie orthopädische Erkrankungen ist, seit 75 Jahren. Am Freitag (19. August) wurde das Jubiläum mit einem Festakt gefeiert

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Wäre alles nach Plan gelaufen, würde die Klinik heute eigentlich den 90. Geburtstag feiern. Doch erst 18 Jahre nach der Grundsteinlegung 1927 konnte der Bau auf Holthausen endlich seinem ursprünglich gedachten Zweck dienen. Am 21. August 1946 übernahm die Landesversicherungsanstalt Westfalen das Haus von der Kreisverwaltung in Schwelm, um die „Lungenheilstätte Milspe-Holthausen“ einzurichten. Und am 21. Juli 1947 – also vor 75 Jahren – wurde die erste Station mit 50 Betten belegt. Die ärztliche Leitung übernahm Dr. Johann Reichert, der zuvor Chefarzt der Heilstätte Ambrock in Hagen war. Schon am 30. Oktober 1947 wurde die zweite Station belegt. Zu Beginn wurden viele Kinder behandelt, aufgrund der günstigen Bettensituation für Kinder in der Region wurden ab 1949 nur noch Frauen aufgenommen. In jener Zeit gab es auch einen Durchbruch in der Tbc-Heilbehandlung.

193 Betten stehen zur Verfügung

Die Klinik Königsfeld verfügt inzwischen nur noch über Einzelzimmer. Es stehen 193 Betten zur Verfügung.

Insgesamt kümmern sich etwa 150 Mitarbeiter – Ärzte, Pflegekräfte, Sporttherapeuten, Krankengymnasten, Masseuren und medizinische Bademeister, Ergotherapeuten, Psychologen und Ernährungsberater, Sozial- und Rehabilitationsberater Küchen- und Servicepersonal – um die Patienten.

Am 1. Januar 1954 übernahm die LVA Westfalen die bisher gepachtete Heilstätte und baute sie von 1955 bis 1957 aus. Mit der damit einhergehenden Erweiterung der Heilmaßnahmen erhielt die Einrichtung 1957 den neuen Namen „Sanatorium Königsfeld“. Ende der 1950er Jahren begann die Einrichtung auch, die heilklimatische Wirkung der Kluterhöhle zu nutzen. Aufgrund der zurückgehenden Zahl lungenkranker Frauen stellte die LVA Westfalen den Betrieb auf die Behandlung unspezifischer Atemwegserkrankungen, von Stoffwechselerkrankungen sowie von Herz- und Gefäßleiden um. In den Folgejahren wurden Gebäude und Einrichtungen immer mehr erweitert. 1974 erhielt das Sanatorium die Bezeichnung „Kurklinik.“ Diagnostik und Therapie wurden durch Anschaffung neuer Geräte weiter ausgebaut.

Das alte Gebäude der Klinik um 1980, kurz vor dem Abriss.
Das alte Gebäude der Klinik um 1980, kurz vor dem Abriss. © WP | Klinik Königsfeld

Ein entscheidender Schritt für die Entwicklung der Kurklinik war der komplette Neubau, der schon 1972 vom LVA-Vorstand beschlossen und 1975 vom NRW-Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales genehmigt wurde. Während der Bauarbeiten, die in zwei Abschnitten durchgeführt wurden, blieb die Klinik in Betrieb. 1979 wurde der erste Bauabschnitt fertig gestellt und am 26. November 1981 konnte der komplette Neubau mit Bettenhaus Nord (vier Stationen, ärztliche Abteilung, medizinische Badeabteilung), Bettenhaus Süd (drei Stationen, Spiel. und Unterhaltungsräume sowie Bewirtungsraum), Wirtschaftsgebäude (Speisesaal, Mehrzwecksaal, Leseräume, Versorgungszentrale etc.), Verwaltungstrakt und Bewegungsbad eingeweiht werden.

Das Schwimmbad der Klinik Königsfeld im 1981 fertig gestellten Neubau.
Das Schwimmbad der Klinik Königsfeld im 1981 fertig gestellten Neubau. © WP | Klinik Königsfeld

Die Weiterentwicklung der Klinik prägte ab 1989 Prof. Dr. Marthin Karoff, der bis zum Eintritt in den Ruhestand 2017 mehr als 28 Jahre lang in der Einrichtung tätig war. Ab 1991 war er Ärztlicher Direktor. Unter seiner Leitung wurden Anschlussheilbehandlungen in das Klinikangebot aufgenommen. „Wir waren eine Reha-Klinik für Antragsheilverfahren“, so Karoff. Es wurden also nur Kuren durchgeführt. Das Spektrum wurde immer mehr erweitert, stationäre Rehabilitationsbehandlungen, ambulante und teilstationäre Rehabilitation sowie Nachsorge zählten längst dazu, und nicht zuletzt kam der Bereich der Orthopädie neu hinzu.

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Die Klinik Königsfeld übernahm oftmals eine Vorreiterrolle, wenn es um neue Ansätze bei Rehabilitation sowie Nachsorge auf dem Gebiet der Herz-Kreislauf-Erkrankungen und der Orthopädie ging. Unter Marthin Karoffs Führung wurde nicht zuletzt der Verein für Gesundheitssport und Rehabilitation (VGS) Königsfeld gegründet, der eng mit der Klinik kooperiert. Zudem war die Kultur Karoff ein großes Anliegen. Der von im mitgegründete, allerdings vor Jahren wieder aufgelöste Verein „Kultur auf Königsfeld“ veranstaltete Operngalas, Konzerte und Auftritte des Düsseldorfer „Kom(m)ödchens“ sowie des Theaters „Springmaus“ in die Aula der Klinik – bei freiem Eintritt für die Patienten.

Am 3. Mai 2017 wurde der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Marthin Karoff (links) verabschiedet. Sein Nachfolger wurde Prof. Dr. Frank C. Mooren (rechts). In der Mitte der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Träger der Klinik), Prof. Dr. Volker Verch.
Am 3. Mai 2017 wurde der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Marthin Karoff (links) verabschiedet. Sein Nachfolger wurde Prof. Dr. Frank C. Mooren (rechts). In der Mitte der damalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Rentenversicherung Westfalen (Träger der Klinik), Prof. Dr. Volker Verch. © WP | Hans-Jochem Schulte

2017 trat der Ennepetaler Prof. Dr. Frank C. Mooren, der zuvor die Abteilung Sportmedizin an der Universität in Gießen leitete, die Nachfolge Karoffs an. Unter Moorens Führung startete an der Klinik unter anderem ein von der EU gefördertes Projekt, bei dem mit Hilfe von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie sowie Künstlicher Intelligenz die langfristige Nachsorge für Patienten nach einem Herzinfarkt verbessert werden soll. Nicht zuletzt wurde auf Königsfeld inzwischen auch eine Post- und Long-Covid-Reha entwickelt und ins Angebot aufgenommen.

Festakt in der Aula

Zur Feier des 75-jährigen Bestehens der Klinik Königsfeld fand am Freitagnachmittag ein Festakt statt. Unter den Gästen, die Verwaltungsdirektor Norbert Köster begrüßte, waren neben Vertretern des Trägers, der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Westfalen, der Klinikleitung und Angehörige der Belegschaft auch der langjährige Ärztliche Direktor Prof. Marthin Karoff, Ennepetals Bürgermeisterin Imke Heymann sowie Bürgermeisterstellvertreterin Sonja Dehn aus Gevelsberg und Bürgermeisterstellvertreter Klaus-Peter Schier aus Schwelm.

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Imke Heymann blickte in ihrer Rede auf die Vorgeschichte der Klinik bis zur Eröffnung 1947 zurück. Sie betonte zudem die gute Zusammenarbeit zwischen Klinik und Stadt und verwies auf die Kooperation mit der Kluterthöhle, die gerade erst im Rahmen der Long-Covid-Reha neu belebt wurde. DRV-Westfalen-Vorstand Alfons Eilers blickte auf die Geschichte des Hauses und gratulierte den Mitarbeitern herzlich, „ohne deren Engagement die Klinik nicht das wäre, was sie heute ist – eine moderne Einrichtung mit einem ausgezeichneten Ruf in der Reha-Landschaft“.

In die Zukunft geblickt

Der Erste Direktor der DRV Westfalen, Thomas Keck, blickte nach vorn. Er betonte, dass es gelte, den Grundsatz „Prävention vor Rehabilitation und Rente“ zu stärken. Zudem verwies er auf die Herausforderung durch die 2023 in Kraft tretende Gesetzesänderung, nach der Patienten ihre Reha-Einrichtung selbst wählen können.

Prof. Dr. Frank C. Mooren bei seinem Vortrag in der Aula.
Prof. Dr. Frank C. Mooren bei seinem Vortrag in der Aula. © WP | Hartmut Breyer

Frank C. Mooren, Ärztlicher Direktor der Klinik, schaute noch weiter voraus. Er sprach über auf den einzelnen Patienten maßgeschneiderte Medikamente, über die Digitalisierung, die zum Beispiel mit einer Nachsorge-App Einzug gehalten habe, und über das Einbeziehen von Spiritualität und Kultur in der Medizin. Nicht zuletzt dankte Mooren den Mitarbeitern, ohne deren Liebe, Freundlichkeit und Wertschätzung die ganze Technologie nichts wert sei.

Für musikalische Zwischentöne sorgte Saxophonist Rüdiger Scheipner, im Anschluss gab es Streetfood und Gelegenheit zum Gespräch.