Schwelm. Marga Thonemann-Dusend hilft Frauen, die unter Haarverlust leiden. Ihre Inspiration war ihr Vorbild: Ihre Mama. Sie hatte Krebs.

Im Salon von Marga Thonemann-Dusend stehen zahlreiche Perückenköpfe auf den Regalen, weitere hängen an den Wänden. Die unterschiedlichsten Frisuren in den verschiedensten Farben kommen hier zur Geltung. Im vorderen Teil des Salons stehen zwei typische Friseur-Stühle für Kunden, an der Wand hängt ein großer Spiegel. Auf den ersten Blick gleicht es einem Friseursalon. Doch die 64-Jährige ist nicht nur Friseurmeisterin, sie hat seit nun mehr als 20 Jahren ihr Unternehmen „Perückensysteme“. Mit dem klassischen Friseur-Besuch hat ein Termin bei ihr nur wenig zu tun. Denn Marga Thonemann-Dusend hilft und behandelt Frauen, die unter Haarverlust leiden. Das umfasst Menschen, die sich einer Chemotherapie unterziehen müssen, aber auch die Frauen und Mädchen, die unter chronischem Haarverlust oder Haarausfall sowie Autoimmunerkrankungen leiden. Die Ursachen sind dabei ganz verschieden. Das Ziel, das die Schwelmerin verfolgt, bleibt hingegen gleich: Sie möchte ihren Kundinnen etwas Kraft schenken, ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Und was das angeht, weiß die Friseurmeisterin genau wovon sie spricht.

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Ursprünglich stammt Marga Thonemann-Dusend aus Meschede, ist im Sauerland aufgewachsen. Später hat es sie nach Wuppertal verschlagen. Mit nur 16 Jahren hat die gebürtige Sauerländerin ihre Friseurausbildung gemacht, war jahrelang im elterlichen Betrieb tätig. Ihren Meister absolvierte Marga Thonemann-Dusend dann schon mit 23 Jahren. „Während dieser Jahre habe ich an ganz vielen Meisterschaften teilgenommen“, erzählt sie. Unter anderem frisierte die Schwelmerin in Paris, wurde mehrere Male Landesmeisterin, erhielt zahlreiche Urkunden und: „die größte Ehre war, als ich dann Europameisterin wurde“, erinnert sie sich an diesen Tag, als wäre es gestern gewesen. „Ich wurde mehrmals aufgerufen, aber war total steif und perplex, ich konnte gar nicht aufstehen.“ Letztenendes holte sich Thonemann-Dusend aber ihren verdienten Preis ab, denkt bis heute an diese Zeit gern zurück. Kurze Zeit später wurde ihre Mutter dann aber sehr krank. „Sie hatte Krebs“, berichtet die Friseurmeisterin. Ein Schicksalsschlag. Ihre Mutter war für Marga Thonemann-Dusend immer ein riesiges Vorbild. Aufgrund der Therapie verlor ihre Mama die Haare, „also fertigte ich ihr eine Perücke an“, erzählt die Schwelmerin – der Ursprung des heutigen Geschäfts. „Daraus ist meine heutige Arbeit entstanden.“ Im Jahr 2000 eröffnete sie ihr Geschäft „Perückensysteme Thonemann“. Damals noch in Wuppertal. Seit 2016 wohnt sie nun mit ihrem Ehemann in Schwelm, im unteren Bereich ihres Eigenheims betreibt sie ihr Unternehmen. In den vergangenen rund 22 Jahren hat sich die Friseurmeisterin ein großes Netzwerk aufgebaut, den Kontakt zu Onkologen und Ärzten gefunden, sich einen echten Namen gemacht. „Dabei mache ich eigentlich so gut wie keine Werbung“, erzählt sie. Lediglich ihre Website aktualisiert sie stetig, doch auch diese hält Marga Thonemann-Dusend schlicht. „Jeder muss mit einem Termin kommen“, betont sie. Und auch die Hygienevorschriften müssen vor allem auch wegen der Chemo-Patienten strengstens eingehalten werden. Zudem hat die Schwelmerin in der gesamten Zeit zahlreiche Menschen kennengelernt. Menschen, die Schicksalsschläge hinter sich haben. „Mit der Zeit lernt man aber, damit umzugehen. Der Austausch mit anderen Menschen ist wichtig.“ Dennoch war es nicht immer einfach, denn auch persönlich musste Marga Thonemann-Dusend viel einstecken.

Die Kopfausmessung des fünfjährigen Mädchens, das unter Trisomie 21 leidet.
Die Kopfausmessung des fünfjährigen Mädchens, das unter Trisomie 21 leidet. © WP | Sophie Beckmann

Neben ihrer Mama, die nach zehn Jahren den Kampf gegen den Krebs verlor, starben auch ihr erster Ehemann sowie ihr Sohn. Einschneidende Erlebnisse, die sie sehr getroffen haben. Dennoch: Ihren Mut und ihre Kraft hat sie nie verloren, immer weiter gekämpft und weiter gemacht. Und das hat sich ausgezahlt. Ihre Kundinnen kommen oftmals mit kleinen Präsenten vorbei, schicken Dankeskarten. „Darüber freue ich mich natürlich riesig.“ Erst vor einem Tag hat eine Kundin eine Schachtel Pralinen mitgebracht. Die junge Frau kommt schon viele Jahre zu Thonemann-Dusend, sie leidet unter Alopecia totalis, das bedeutet, dass ihr gar keine Haare mehr wachsen. Seit geraumer Zeit fertigt die Schwelmerin für die junge Frau die ganz individuelle Perücken an. Und das ist viel Arbeit.

Vorne iim Bild: Mischhaar (Kunst- und Echthaar). Daneben und dahinter ist Echthaar zu sehen.
Vorne iim Bild: Mischhaar (Kunst- und Echthaar). Daneben und dahinter ist Echthaar zu sehen. © WP | Sophie Beckmann

Denn neben Kopfausmessungen, der Einschneidung sowie der genauen Anpassung der Maße müssen auch die Farben genau angepasst werden. Zudem spielt natürlich der Haarschnitt eine Rolle und die Wahl des Haares, das in der Perücke verarbeitet wird, muss zunächst ausgewählt werden. Es gibt mehr als 1000 verschiedene Varianten, erzählt die Friseurmeisterin. Von vorkonfektionierten Perücken bis hin zur ganz individuellen sei da so gut wie alles möglich. Doch es ist ein Aufwand, den die 64-Jährige mit Leidenschaft und Herz betreibt. „Ich liebe meine Arbeit einfach“, sagt sie. Die Menschen glücklich zu machen, das ist etwas, woraus sie neue Kraft schöpft. So erinnert sie sich an ein kleines Mädchen, gerade mal fünf Jahre alt war es. Die Kleine hat Trisomie 21, hatte keine Haare auf dem Kopf. „Ihre Mama erzählte, dass sie überall rumgelaufen wären und keiner eine Perücke für das kleine Mädchen anfertigen wollte.“ Also machte die 64-Jährige es sich zur Aufgabe, der Fünfjährigen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Aufgrund der Krankheit hielt das Kind nicht still, um die Perücke genau einzuschneiden und anzupassen, erinnert sie sich.

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Doch die Schwelmerin überlegte sich Alternativen, schaffte es Letztenendes eine maßangefertigte und passende Perücke anzufertigen. „Beide waren so glücklich, das war echt toll.“ Dennoch gebe es auch die Schattenseiten, weiß die Friseurmeisterin. Ein Paar, so erzählt sie, kam zu ihr, die Frau war sehr krank. „Dem Mann war der Preis egal, Hauptsache er konnte seiner Frau noch mal etwas Gutes tun.“ Nach einiger Zeit kam der Mann erneut zum Geschäft, hatte die Perücke dabei und fragte, ob diese vielleicht noch gebraucht wird, da er sie nicht mehr benötige. Seine Frau hat es nicht geschafft. Auch diese Momente erlebt Marga Thonemann-Dusend häufig. Doch sie versucht oftmals mit den Menschen zu sprechen, ihnen Energie und Mut zu geben. „Ich habe auch eine Coaching-Ausbildung gemacht. Oft werde ich gefragt, woher ich überhaupt meine eigene Kraft nehme“, sagt sie und lacht.

Marga Thonemann-Dusend aus Schwelm betreibt Perückensysteme Thonemann seit 22 Jahren.
Marga Thonemann-Dusend aus Schwelm betreibt Perückensysteme Thonemann seit 22 Jahren. © WP | Sophie Beckmann

Vor allem ihr zweiter Ehemann, mit dem sie auch in Schwelm lebt, bestärkt sie tagtäglich, unterstützt sie, wo er nur kann. Beide sind ein eingespieltes Team, erzählt sie und grinst. „Er ist ein guter Zuhörer. Und in der Kirche beziehungsweise im Glauben, da finde ich auch Kraft.“ Selbst mit 64 Jahren denkt die Friseurmeisterin noch nicht ans Aufhören. Zwar sei sie ein wenig kürzer getreten, möchte das Leben mehr genießen und Zeit mit ihrem Partner verbringen, etwas erleben. Doch für ihre Kundinnen und auch für Menschen, die Fragen haben, ist sie immer zu Stelle. „Viele meiner Kundinnen sagen, sie schließen quasi eine Friseur-Ehe“, sagt sie und lacht. Denn eine Perücke muss nicht nur alle ein bis eineinhalb Jahre ausgetauscht werden, sie muss auch regelmäßig (alle sechs bis acht Wochen) vor Ort vom Profi gepflegt werden.

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Es gibt zahlreiche verschiedene Varianten der Perücken. Vom Kunsthaar über Mischhaar (Kunst- und Echthaar) bis hin zu komplettem Echthaar. Echthaar ist preislich gesehen teurer als Kunsthaar. Es komme immer darauf an, woher das Haar stamme. So ist europäisches Echthaar am kostspieligsten, erklärt Marga Thonemann-Dusend. Teils kosten Modelle bis zu 8000 Euro. Die Kunden der 64-Jährigen, die unter Haarverlust leiden, kommen meist mit Rezept. So übernimmt die Krankenkasse einen Anteil des Preises, jedoch nicht alles. Auch der Anteil, den die Kasse in Anspruch nimmt, variiere, berichtet die Schwelmerin. Darüber berät sie aber auch gerne in einem Gespräch. Wichtig: Ein Termin ist ausschließlich nach Absprache möglich. Telefonnummer: Festnetz: +49 (0)2336 807 8167 ; Mobil: +49 (0)172 2834578; Fax: +49 (0)2336 807 8223; E-Mail: marga.thonemann@t-online.de; Website: perückensysteme-thonemann.de