Medebach. Paulina aus Medebach ist schwer krank. Sie braucht 24 Stunden Pflege. Aber es gibt zu wenig Pflegekräfte. Wir haben berichtet. Das ist passiert:

Die Geschichte der kleinen Paulina Klotz hat viele Menschen berührt. Am 11. November berichtete unsere Zeitung über das elfjährige, schwerstkranke Mädchen aus Medebach. Paulina hat einen Gendefekt. Trisomie 18 oder auch „Edwards Syndrom“. Herzfehler. Gehirn nicht richtig ausgebildet. Anfällige Atemwege. Die Schaltung vom Kopf zu den Organen ist gestört. Das Mädchen aus Medebach im Hochsauerlandkreis braucht 24 Stunden intensiv medizinische Betreuung rund um die Uhr. Doch der Personalmangel im Pflegebereich spitzt sich zu. Seit Wochen suchen der spezielle Kinderpflegedienst und die Eltern von Paulina Verstärkung. Anfangs sah es so aus, als würden sich nach der Berichterstattung weitere helfende Hände finden; doch die Situation bleibt weiter angespannt.

Paulina Klotz - hier mit ihrer Mutter Sonja (rechts) und Wichtelteam-Mitarbeiterin Marion Bangert - braucht eine 24-Stunden-Betreuung. Das Pflegeteam, das das 11-jährige Mädchen betreut, und die Eltern der Kleinen suchen händeringend weitere Mitarbeiter/innen.
Paulina Klotz - hier mit ihrer Mutter Sonja (rechts) und Wichtelteam-Mitarbeiterin Marion Bangert - braucht eine 24-Stunden-Betreuung. Das Pflegeteam, das das 11-jährige Mädchen betreut, und die Eltern der Kleinen suchen händeringend weitere Mitarbeiter/innen. © WP | Thomas Winterberg

„Nach dem Bericht in der WP war auch das Fernsehen bei uns. Insgesamt hatten sich schließlich vier Personen gemeldet, die helfen wollten. Aber drei fielen von vornherein durch das Raster, weil sie keine abgeschlossene Ausbildung in der Pflege hatten“, sagt Paulinas Mutter Sonja Klotz. Damit bleibt noch eine Person, die im Juni mit einer 60-Prozent-Stelle einsteigen möchte. Außerdem hat der mittlere Sohn der Familie Klotz einen Schulkollegen, dessen Mutter ab Februar vier Dienste im Monat übernehmen möchte. „Das hilft uns und dafür sind wir sehr dankbar. Im Gegenzug möchten oder haben aber andere Pflegekräfte ihre Stunden reduziert, eine ist erkrankt, so dass die Situation jetzt nicht viel besser ist als vorher.“

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Angst vor Verantwortung oder Corona als Grund?

Nach wie vor scheuen offenbar potenzielle Pflegekräfte die Verantwortung im Umgang mit einem schwerstkranken Kind. „Manchmal denke ich, wir sollten einen Tag der offenen Tür machen, um zu zeigen, wie der Tagesablauf wirklich ist. Viele können sich offenbar nicht vorstellen, wie viel der Umgang mit Paulina einem persönlich geben kann. In der Verantwortung stehen letztendlich immer wir als Eltern und durch meine Tätigkeit im Homeoffice bin ich eigentlich auch immer erreichbar, wenn wirklich mal was sein sollte. Ihren letzten Epilepsie-Anfall hatte Paulina vor vier oder fünf Jahren. Vielleicht hindert momentan auch Corona die Menschen daran, sich den Ablauf hier bei uns einfach mal anzuschauen“, mutmaßt Sonja Klotz. Ein anderer Grund für die relativ überschaubare Resonanz: „Vielleicht denken auch viele: Mensch, da haben sich bestimmt so viele gemeldet, da muss ich nicht auch noch anrufen.“ Falsch gedacht.

Bericht hat sehr viele Menschen berührt

Das Schicksal der Kleinen und ihrer Familie hat viele Menschen nicht einfach kalt gelassen. „Wir haben viele Anrufe und Mails bekommen. Manche haben uns Mut gemacht und andere wollten uns Geld spenden. Aber das würde uns ja nicht weiterhelfen. Es fehlt an Menschen. Ich hatte neulich eine Knie-OP und musste hoch und heilig versprechen, mich zu Hause zu schonen. Auf dem Rückweg vom Krankenhaus nach Medebach kam der Anruf, dass die Pflegekraft für den Spätdienst erkrankt war. Da mussten wir wieder ganz schnell umdisponieren.“

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Die Pflege von Paulina verteilt sich momentan auf zehn Köpfe. Das klingt im ersten Moment viel, aber darunter ist lediglich eine Vollzeitkraft. Und da die Kleine sieben Tage und Nächte intensiv-medizinisch betreut und versorgt werden muss, ist die Personaldecke unterm Strich doch sehr dünn. „Selbst eine Vollzeitstelle wäre möglich, aber auch jedes andere Teilzeit-Modell ist denkbar.

Die Kollegen und Kolleginnen geben sich zwar von Schicht zu Schicht die Klinke in die Hand, trotzdem arbeiten sie gemeinsam, tauschen sich über WhattsApp-Gruppen aus und es gibt ja auch jeweils die Übergabe.

Kontakt zur Familie

Wer sich vorstellen kann, Paulina, ihrer Familie und dem Pflegedienst Wichtelteam zu helfen und eine entsprechende Qualifikation mitbringt, der kann sich bei der Familie Klotz melden. Kontaktmöglichkeiten: 02982 930362 oder 0176 83225002 oder sonjapad@web.de.

In Medebach ist die Pflege durch einen räumlichen Anbau für Paulina nahezu optimal gelöst. Die Pflegenden empfinden sich nicht als Eindringlinge im Haus der Familie und haben einen eigenen Bereich.

Beim ersten Besuch unserer Zeitung bei Paulina hat Pflegekraft Marion Bangert sehr schön auf den Punkt gebracht, warum sie ihre Arbeit mit dem Mädchen so mag: „Ich habe eine Bezugsperson und ich kann mich voll auf das Pflegerische und auf die menschliche Zuwendung konzentrieren. Ich lerne viel dazu, sehe Physiotherapeuten und Ergotherapeuten bei der Arbeit zu, tausche mich in der Schule zum Beispiel mit anderen Pflegenden aus. Jemand, der seinen Beruf aus Berufung macht, der kann das hier noch ausleben.“