Gevelsberg. In Gevelsberg findet ein verkaufsoffener Sonntag mit einem Martinsmarkt statt. Jetzt schießt der Kinderschutzbund scharf gegen die Pläne.
Groß ist die Freude beim Stadtmarketingverein Pro City Gevelsberg und seinen Partnern, in Gevelsberg am 7. November einen verkaufsoffenen Sonntag mit Martinsmarkt veranstalten zu können. Vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Corona-Infektionszahlen ist die Ankündigung aber nicht auf Gegenliebe in der Stadt gestoßen. Der Kinderschutzbund Gevelsberg kritisiert die Pläne scharf und fürchtet vor allem Risiken für die Kinder.
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„Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man sich freuen: ,Wie schön! Endlich wird mal etwas Schönes für die Kinder getan, die am meisten unter den Einschränkungen während der Pandemie zu leiden hatten!’“, schreibt Kinderschutzbund-Mitglied Mariette Kersting-Amling im Namen des Vereins an die Redaktion. „Wäre da nicht die Realität! Realität ist leider, dass wir weit davon entfernt sind, in einen Normalmodus zu kommen.“
Verweis auf Corona-Zahlen
Sie verweist auf die steigenden Corona-Fallzahlen. „Bei Kindern und Jugendlichen liegen die Infektionszahlen mehr als doppelt so hoch“, erklärt Kersting-Amling. „Virologen, Ärzte und auch das Gesundheitsministerium raten zu Vorsicht und zur Vermeidung nicht notwendiger Kontakte.“
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In dieser Situation lade Pro City Gevelsberg zu einer Großveranstaltung in die Innenstadt Gevelsbergs ein. Wesentliche Schwerpunkte des Programms richteten sich an Kinder. Vor allem an die jüngsten und am wenigsten geschützten Menschen, von denen nur wenige geimpft seien und für die, sofern sie unter fünf Jahre seien, noch nicht einmal ein Impfstoff zur Verfügung stehe.
Als Beispiele aus dem Programm nennt sie das Figurentheater, eine Schminkaktion, Stockbrotbacken und vor allem den großen Laternenumzug mit Sankt Martin auf seinem Pferd. Dieser werde musikalisch von einer Kapelle und den singenden Eltern und Kindern begleitet.
Zweifel an Hygiene-Konzept
„Natürlich lassen es die Corona-Regeln zu, dass ein solcher Markt an einem verkaufsoffenen Sonntag veranstaltet wird“, fährt Mariette Kersting-Amling vom Gevelsberger Kinderschutzbund fort. Der Veranstalter weise auch auf ein 3G-Konzept hin, dessen Einhaltung stichprobenartig kontrolliert werden soll.
„Diese Kontrolle erscheint aber kaum realisierbar und wenig effizient“, kritisiert sie. „Gibt es eine Einlasskontrolle? Wird etwa die Innenstadt für Menschen ,ohne G’ gesperrt? Ist ein Laternenumzug bei 1,5 Metern Mindestabstand durchführbar? Wie führt man eine Schminkaktion für Kinder unter Einhaltung der Maskenpflicht durch?“
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Möglicherweise sei die Veranstaltung mit all ihren Problemfeldern und möglichen Folgen nicht intensiv genug reflektiert und geplant worden. „Hätte nicht ein verkaufsoffener Sonntag gereicht?“, fragt Kersting-Amling. „Eine Tatsache steht aber fest: Hier steht nicht das Wohl der Kinder im Vordergrund. Als Lobby für Kinder meldet der Kinderschutzbund hier größte Bedenken an.“
Pro City zeigt Verständnis
Andreas Niehues, Vorsitzender von Pro City Gevelsberg, zeigt Verständnis für die Kritik. „Solche Leute, die Kritik äußern haben natürlich recht“, sagt er. „Wir stecken hier aber nicht in einer Schwarz-Weiß-, sondern in einer Grauzone.“
Pro City könne dem Einzelhandel nach fast zwei Jahren Pandemie und Lockdowns nicht sagen, dass der Verein weiterhin nichts veranstalte, wenn bundesweit auch anderswo Veranstaltungen stattfinden würden. Und das auf Basis rechtlicher Verordnungen. So verwies Pro City erst am Donnerstagmorgen auf die neue Verordnung des Landes NRW.
Demnach gelte die Maskenpflicht im Freien beim Martinsmarkt nicht mehr. Die 3G-Pflicht bestehe weiterhin und werde stichprobenartig kontrolliert. In den Geschäften müssten wie gewohnt Masken getragen werden – ebenso, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden könne.
„Die Gesellschaft ist im Vergleich zu vorher nun weitestgehend geimpft“, sagt Niehues. „Die Frage ist ja auch, was ich mit den Kindern mache. Bin ich zum Beispiel beim Sport in einer Turnhalle oder mache ich etwas draußen?“
Signal an den Einzelhandel
Für Andreas Niehues ist der Martinsmarkt kein Superspreader-Event. Und vom Begriff Großveranstaltung möchte er sich deutlich distanzieren. „Wir veranstalten hier einen verkaufsoffenen Sonntag mit Rahmenprogramm“, sagt er. „Ich nehme die Meinung des Kinderschutzbundes sehr ernst, sie hat eine Relevanz. Aber die andere Seite des Einzelhandels eben auch.“
Pro City habe den verkaufsoffenen Sonntag zum Erlebnishandel vor Wochen aus Vorsicht noch abgesagt. „Irgendwann mal ist es aber an der Zeit, den Hebel wieder in die andere Richtung, in Richtung Einzelhandel umzulegen“, macht Andreas Niehues deutlich. Und was den Martinsmarkt angeht: Da entscheide jeder selbst, ob er komme.