Ennepetal. Besondere Dokumente Ennepetaler Zeitgeschichte zeigte der heimische Filmemacher Horst Groth erstmals öffentlich. Das Publikum war begeistert.

Obwohl der Film „Glocken für die Ewigkeit“ schon im April dieses Jahres beim Bundesfestival der nichtkommerziellen Filmemacher in Castrop-Rauxel die Bronzemedaille errang, konnte der heimische Filmemacher Horst Groth erst jetzt zur Premierenvorstellung laden – und weit mehr als 50 Interessierte kamen dazu in die Johanneskirche in Voerde.

Ein Drehbuch für den Abend gab es nicht, doch passte es zum Film: Das Geläut der Abendglocke der Johanneskirche setzte ein. Wie vor Jahrzehnten bei einem Kinobesuch, so gab es auch einen „Vorfilm”, der ebenfalls Premiere hatte. Horst Groth hatte die Geschichte der ehemaligen Voerder Traditionsgaststätte „Zur Bummel” dokumentiert. Für beide Filme gab es ehrlichen und langen Beifall.

Jahrhundertereignis mit der Kamera begleitet

Viele Menschen erinnern sich noch an den 5. Oktober 2020. Die vier neuen Bronzeglocken wurden per Kran von der Lindenstraße in den Turm der Johanneskirche gehievt. Horst Groth war mit der Kamera dabei, hielt wohltuend unaufgeregt und dennoch mit einem großen Spannungsbogen das Voerder Jahrhundertereignis in bewegten Bildern fest, obwohl seine Arbeit alles andere als leicht war.

Ein Standbild aus dem Film „Glocken für die Ewigkeit“. Am 5. Oktober 2020 kam das neue Geläut für die Johanneskirche in Voerde an.
Ein Standbild aus dem Film „Glocken für die Ewigkeit“. Am 5. Oktober 2020 kam das neue Geläut für die Johanneskirche in Voerde an. © WP Ennepetal | Horst Groth

Alles begann für den Filmer im Jahre 2018, als er in dieser Zeitung las, dass die Evangelische Kirchengemeinde Voerde zu Spenden aufrief für neue Glocken der Johanneskirche. „Ich hatte kaum den Artikel gelesen, da stand für mich fest: Das musst du filmen. Ich rief sofort Pfarrer Kunze an, und der stimmte zu!“ Es dauerte nicht lange, da stiegen Pfarrer und Filmemacher hoch in den Turm, denn auch die alten Hartgussglocken mussten noch einmal vor die Kamera, bevor sie in den Ruhestand gingen. Da Filmer auch gute Töne benötigen, fragte Groth: „Können die Glocken auch mal läuten?“ „Ja“, so Armin Kunze und bat per Handy den Küster Gerrit Gries, das Geläut anzustellen. So läuteten in Voerde vormittags ganz unplanmäßig die Glocken. „Oben im Turm war es ganz schön laut, aber die Töne waren im Kasten“, freut sich Horst Groth noch heute.

Ein Erlebnis für den Filmemacher war auch der Guss der neuen Bronzeglocken in der Glockengießerei Rincker im hessischen Sinn. Groth wollte, so sein Drehbuch, einen Glockengießer filmen, der sich bei der Arbeit wie in Schillers „Glocke“ beschrieben, den Schweiß von der Stirn wischt. „Ich habe vor dem feierlichen Moment viele Gießer gefragt, aber keiner wollte vor die Kamera. Schließlich fand ich doch noch einen“, so Groth. Im Film ist es eine wunderbare Szene.

Nächstes Werk bald zu sehen

Dokumentarfilmer Horst Groth wird schon bald wieder ein neues Werk präsentieren: 125 Jahre Heilenbecke Talsperre ist sein Thema. Ende Oktober wird die Premiere sein.

Bedingt durch die Pandemie sind die Arbeiten für seinen Film über die Stadt- und Feuerwehrkapelle, die vor 100 Jahren gegründet wurde, noch nicht abgeschlossen. „Es fehlen mir einfach schöne Bilder vom Orchester in Aktion“, sagt Groth.

„Bronze“ beim Bundesfestival: als ich im Internet die Nachricht sah, habe ich vor Freude einen kleinen Luftsprung gemacht“, erzählt Groth. 46 Filme aus allen Teilen der Republik wurden beurteilt. Zuvor schon hatte „Glocken für die Ewigkeit“ auf Landesebene den 2. Platz belegt. 36 Filme aus NRW waren dabei von der Jury bewertet worden.

Mit dem fünfminütigen Streifen „Die Bummel“ hat der Filmemacher ein Stück Voerder Geschichte festgehalten. Auch an diesem Film ist diese Zeitung nicht ganz unbeteiligt. Als am 26. September 2020 der Artikel über den Abriss der Traditionsgaststätte erschien, machte Horst Groth sich sofort auf den Weg in die Bergstraße. Dort war der Bagger schon bei der Arbeit. Groth lernte vor Ort Gerd Lange kennen, der ihm viel über die „Bummel“ erzählte. Die Dinge nahmen ihren Lauf.

Aus dem Film über die „Bummel“: Das Wirteehepaar Ingold (links) und Hartmut Kranz.
Aus dem Film über die „Bummel“: Das Wirteehepaar Ingold (links) und Hartmut Kranz. © WP | Horst Groth

In dem Film gibt Karl-Heinz Giesick einen Einblick in die lange Geschichte des Hauses. „Hier am alten Handelsweg gab es einst Wasser für die Pferde und Bier für die Fuhrleute.“ Auch Ingold Kranz (jetzt Schneider), die bis zum Tode ihres Mannes die Gaststätte führte, wurde von Horst Groth interviewt, ebenso der Ehrenvorsitzende des Voerder Schützenvereins, Friedrich-Wilhelm Thun, denn im Saal der „Bummel“ hatten die Voerder Schützen lange Zeit ihre Schießanlage. Brigitte Pattberg präsentiert im Film ein altes Nachweisheft über die Zimmer-Säuberung. Ein Bild vom Neugründer des Heimatvereins Voerde, Gerd Himmen, fehlte nicht. Friedel Himmen plauderte vor der Kamera von ihrem Mann, vom ersten Grünkohlessen in der Bummel, aus dem sich der Voerder Heimatabend entwickelte.

Die frühere Wirtin der „Bummel“, Ingold Schneider (früher Kranz, vorne), bei der Filmvorführung in der Johanneskirche.
Die frühere Wirtin der „Bummel“, Ingold Schneider (früher Kranz, vorne), bei der Filmvorführung in der Johanneskirche. © WP | Hans-Jochem Schulte

Nach der Filmpremiere gab es aus dem Publikum heraus noch Beiträge zur „Bummel“. In der Gaststätte wurde auch gekegelt, Konfirmation und Kommunion gefeiert und mache spätere Ehe hatte dort ihren Anfang, denn man traf sich in der „Bummel“. Gastwirtin i. R. Ingold Schneider erzählte: „Spät in der Nacht, die Hochzeitsfeier war beendet, schellte es bei uns. Das Hochzeitspaar bat, bei uns im Hotel übernachten zu können. Bei ihnen zu Hause war es nicht möglich, da die Hochzeiter kein Bett hatten. Man hatte es, wohl nach altem Brauch, in den Vorgarten gestellt.“ Mit seinem kurzen Film „Die Bummel“ traf Horst Groth die Voerder Seele. Es gab viel Beifall.