Ennepetal. . Weil Glocken und Glockenstuhl der Johanneskirche marode sind, will die Ev. Kirchengemeinde Voerde ein neues Geläut einbauen lassen.

Die vier Glocken im Turm der Evangelischen Johanneskirche in Voerde können einem mächtig etwas auf die Ohren geben. Am Jahreswechsel zum Beispiel übertönt das Geläut sogar den Lärm der Knaller und Böller. 30 Minuten dauert es, bei manchen Voerdern löst das im jungen neuen Jahr erhabene Gefühle aus. Als Pfarrer Armin Kunze von diesem jährlichen Ereignis erzählt, kann er seine Freude darüber nicht ganz verbergen. Doch das Geläut, das vor fast 100 Jahren, genau am 13. Juli 1919 feierlich eingeweiht wurde, macht der Kirchengemeinde Sorgen. Es ist sanierungsbedürftig.

Der Glockenstuhl sei an einigen Stellen schon gerissen und repariert worden, berichtet Armin Kunze. Doch stehe die Frage im Raum, wie lange dieses Provisorium noch halte und funktioniere. Die Glocken und der Glockenstuhl sind nämlich aus Eisenhartguss, der damals in schwerer Zeit nach dem Ersten Weltkrieg billiger war als Bronze. Pfarrer Kunze und das Presbyterium wissen – darauf hingewiesen von Glockensachverständigen –, dass die Glocken an vielen Stellen ausgeschlagen sind. Reißen sie? Das sei eine Frage der Zeit. Der eiserne Glockenstuhl muss an der Johanneskirche etwa zwei Tonnen tragen. „Er hat den Nachteil, dass durch das Hin- und Herschwingen der Glocken beim Läuten Kräfte entstehen, die in das Mauerwerk übertragen werden“, sagt Kunze. Risse könnten auftreten, die die Stabilität des gesamten Kirchturms gefährden. Ein hölzerner Glockenturm dagegen absorbiere die Schwingungen.

Pfarrer Armin Kunze.
Pfarrer Armin Kunze. © Hans-Jochem Schulte

Das war ein großes Thema im Presbyterium, und es beschloss, das Geläut und den Glockenstuhl zu sanieren. „Ziel ist es nun, das Geläut der Johanneskirche in Voerde zukunftssicher zu machen und dafür zu sorgen, dass auch noch die Generationen nach uns am Glockengeläut ihre Freude haben werden“, schrieb Pfarrer Kunze in der Herbstausgabe des Gemeindebriefes „Lebenszeichen“. In den Weihnachtsgottesdiensten fanden die Besucher auf den Plätzen eine Ansichtskarte, auf der die Johanneskirche und eine der Glocken auf Fotos zu sehen waren. Darunter war zu lesen. „Süßer die Glocken nie klingen...“ Auf der Rückseite bat die Kirchengemeinde die Besucher um Unterstützung. Die ganze Aktion für die Zukunft wird ungefähr 120.000 Euro kosten. „Da ist alles drin. Ein neuer Glockenstuhl, vier neue Glocken aus Bronze, Herstellung und Montagearbeiten. Auf eine Verzierung der Glocken durch Künstler verzichten wir. Das würde die Kosten in die Höhe treiben“, so Kunze. Normalerweise seien die Glocken auch nicht aus der Nähe zu sehen.

Einbau in ein bis eineinhalb Jahren

„Die Finanzierung steht: Es gibt Zuschüsse zum Beispiel vom Kirchenkreis, wir nehmen Geld aus der Baurücklage und wir bitten auch um Spenden“, zählt der Pfarrer auf. Die Spendenaktion laufe. Voraussichtlich in ein bis eineinhalb Jahren wird das neue Geläut eingebaut. Bis dahin können die alten Glocken noch weiterläuten.

Die Evangelische Johanneskirche in Voerde, von Südosten aus gesehen.
Die Evangelische Johanneskirche in Voerde, von Südosten aus gesehen. © Armin Kunze

Schon vor vielen Jahren habe sich der Presbyter und Heimatforscher Hermann Hirschberg für neue Glocken ausgesprochen, weiß Pfarrer Kunze. Im Jahre 1986 veröffentlichte Hirschberg als Weihnachtsgabe der Evangelischen Kirchengemeinde die Schrift „Glocken mit heiligem Klang…“ mit dem Untertitel „Von den Glocken der Gotteshäuser der Evangelischen Kirchengemeinde Voerde“. Er blickte darin tief in die Geschichte, schrieb von einem eigenen Gotteshaus schon um 1225 in Voerde. Die um 1300 erbaute, 1547 erweiterte und 1780 niedergelegte gotische Kirche „Johannes der Täufer“ habe ein Geläut aus drei Bronzeglocken gehabt. 1791 habe damals der berühmte Glockengießer Christian Voigt in Isselburg drei Bronzeglocken für die heutige Barockkirche gegossen. „Während des ersten Weltkrieges, am 16. Oktober 1917, wurden diese drei Glocken aus dem Kirchturm geholt und für Rüstungszwecke eingeschmolzen“, schrieb Hirschberg, der 84-jährig im Jahre 2014 starb.

Der Chef der Glockengießer-Werkstatt Rincker aus Hessen weilte schon in Voerde und stieg mit Pfarrer Kunze in den Glockenturm, ebenso Vertreter des Denkmalschutzes. Sollten die jetzigen Glocken abgebaut werden, dann finden sie aller Voraussicht nach eine neue Heimat im Industriemuseum. Wenn die neuen Glocken erklingen, werden sie wieder mit dem Klang der Glocken der katholischen Kirche St. Johann Baptist an der Milsper Straße harmonieren.