Ennepetal. Viele Schaulustige verfolgten, wie die vier neuen Glocken in den Turm der Johanneskirche im Ennepetaler Stadtteil Voerde gehievt wurden.

Als Glockengießer Udo Gravermann von der traditionsreichen Glockengießerei Rincker den Segenstext für die neue, 1,1 Tonne schwere Bronzeglocke gesprochen hatte, schlug er einen Ton an und auf ging es per Kran in den Glockenturm der Voerder Johanneskirche. Die vielen Zuschauer applaudierten, unter ihnen auch Bürgermeisterin Imke Heymann und Superintendent Andreas Schulte. Für die Evangelische Kirchengemeinde Voerde und weit darüber hinaus war es ein Jahrhundertereignis, denn Bronzeglocken sollen nach Expertenmeinung 600 Jahre und länger ihren Dienst versehen können.

Viele Schaulustige verfolgen die Aktion von der Lindenstraße aus. Glockengießer Udo Gravermann ist am Boden aktiv.
Viele Schaulustige verfolgen die Aktion von der Lindenstraße aus. Glockengießer Udo Gravermann ist am Boden aktiv. © WP | Hans-Jochem Schulte

Es war 9 Uhr, die Lindenstraße sollte schon seit einer Stunde abgesperrt sein, aber der Verkehr floss. Pfarrer Armin Kunze telefonierte mit der Stadtverwaltung. Um 9.25 Uhr war die Lindenstraße dann gesperrt. Der mit den vier Glocken beladene Lkw des Transportunternehmens „Zufall“ aus dem Lahn-Dill-Kreis stand da schon lange auf der Lindenstraße vor dem Hause Wilkes gegenüber der Johanneskirche. Die Bürgersteige und die Treppe zum Kirchplatz waren voller Menschen, als der Lkw schließlich langsam zurücksetzte und der Fahrer die hintere große Tür öffnete.

Presbyter Karl-Otto Vohmann-Dannert sah als erster die im Lkw verstauten Glocken und sagte froh: „Ich habe gezählt. Es sind vier. Es ist ja alles richtig!“ Später unterschrieb Pfarrer Kunze sichtlich gut gelaunt den vom Fahrer gereichten Lieferschein. Auch bei einem Jahrhundertereignis sind Formalitäten zu erledigen, allerdings vor vielen Menschen.

Läuten im November – Einweihungsfest erst 2021

Wenn alles laut Plan funktioniert und die Arbeiten im Glockenturm im kommenden November abgeschlossen sind, dann werden die neuen Glocken der Johanneskirche zum dann darauf folgenden Sonntagsgottesdienst läuten.

Eigentlich sollte gestern zur Ankunft der neuen Glocken in Voerde ein Einweihungsfest gefeiert werden. Wegen der Corona-Pandemie findet es aber erst im kommenden Jahr statt, wahrscheinlich im Sommer oder im Herbst, sagte Pfarrer Armin Kunze.

Als die vier Bronzeglocken aufgereiht und glänzend in der Sonne an der Lindenstraße standen, gab es zunächst einen Fototermin. Bürgermeisterin Imke Heymann, Pfarrer Armin Kunze und Mitglieder des Presbyteriums ließen sich gemeinsam ablichten – mit den Glocken. Dann hatten Jungen und Mädchen aus dem Evangelischen Kindergarten „Sterntaler“ das Privileg, die Glocken aus nächster Nähe betrachten zu können. Ja, die Kinder berührten sie und manche streichelten regelrecht das mit biblischen Aussagen verzierte Geläut. Viele Kameras klickten, auch als wenig später die erwachsenen Zuschauer es den Kindern nachmachten.

Glockenbauer spricht Segenstext

Als die Bronzeglocken schließlich von allen Seiten fotografiert und gefilmt waren und sie nach den vom Glockenbauer gesprochenen Segenstexten einzeln per Kran nach oben schwebten und die seit Wochen leere Glockenstube füllten, erklangen vom Kirchplatz Trompeten- und Posaunenklänge. Burkhard Frauenstein, Behrend Santjer und Matthias Wutzke bliesen zum Ereignis „Lobet den Herrn“ und „Nun danket alle Gott“. Bevor gegen Mittag der Regen einsetzte, waren die Glocken geschützt in der Johanneskirche. 600 Jahre und noch länger sollen sie dort sein und zum Gottesdienst rufen und auch zur Freude der Menschen erklingen – mitten im dörflichen Voerde.

Weil die alten Harteisenglocken marode waren, musste die Gemeinde die neuen Klangkörper gießen lassen. Die alten Harteisenglocken läuteten seit 1919 in Voerde. Die vorherigen Glocken aus dem Jahre 1791 wurden 1917 im Ersten Weltkrieg eingeschmolzen – zu Kriegszwecken.

Hoch über Voerde schweben eine der vier Glocken ihrem Ziel im Glockenturm der Johanneskirche entgegen.
Hoch über Voerde schweben eine der vier Glocken ihrem Ziel im Glockenturm der Johanneskirche entgegen. © WP | Roman Kruzycki

Alle vier Glocken haben eine Inschrift, die große Glocke auch eine Darstellung dazu: Ein Bild Johannes des Täufers, geschaffen von der Künstlerin Rosemarie Vollmer. Die Inschrift lautet: „Du bist mein Gott, meine Zeit steht in deinen Händen“. Auf der zweiten Glocke steht: „Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne“. „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes, und die Feste verkündigt seiner Hände Werk“. So lautet der Psalm auf der dritten Glocke. Auf Glocke vier heißt es: „Ich rufe mit meiner Stimme zum Herrn, so erhört er mich von seinem heiligen Berge“.